Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
durchbrechen, das gäbe ein Extraarbeitszimmer für dich. Und wenn die Wohnung mir gehört, ist auch Gismo kein Problem mehr.“
Ich höre einfach zu, versuche, nicht zu viel zu denken, konzentriere mich auf den Rebstock vor uns: sattgrüne Weinblätter, die Trauben noch nicht reif, aber schon groß und viel versprechend.
„Oder … Nachdem es dir ja am Land so gut gefällt und Gismo sich auch schon ans Leben in der Natur gewöhnt hat … Ein Mandant von mir will dringend sein Haus verkaufen, eine Scheidungssache. Es ist ein schönes Haus, südlich von Wien.“
Ich sage immer noch nichts. Spätsommer, Sonne, Wein. Wenn man die zarteren Weinblätter kurz blanchiert, müsste man sie, genau so wie die griechischen, als Hülle für Füllungen verwenden können.
Oskar greift nach meiner Hand. „Wir müssen ja nicht heiraten, ich meine nur … ich würde eben gerne mit dir leben, solange du mich willst.“
Es ist ein sehr schöner Antrag. Ich will ihn nicht kränken, schon gar nicht verlieren. Ich hätte ihn schon einmal beinahe verloren, als ich ihn alleine nach Frankfurt gehen ließ. Ich mag den Süden von Wien nicht, alles zugebaut, Wiener, die so tun, als würden sie am Land leben. Haus an Haus, kaum Luftraum über dem Garten, zu wenig Platz, um frei zu atmen. Ich streichle seine Hand.
„Das Haus ist geräumig, es steht allein am Rand einer Siedlung, überdachter Swimmingpool, zweitausend Quadratmeter Grund.“
Es klingt, als wäre er Immobilienmakler. Wenn der Grund so groß ist: Wer kümmert sich darum? Mira, sei ehrlich: Du willst nicht. Du willst zurück in deine Wohnung. Und wenn es nicht geht? Wenn das monatelange Streitereien mit der Hausverwaltung bedeutet?
Da gefiele es mir hier im Weinviertel schon besser, Wien ist so nah, dass man es sehen kann – zumindest bei halbwegs gutem Wetter. Doch eigentlich bin ich ein Stadtmensch. Für immer … ich weiß nicht, zumindest das Leben auf einem Weinbauernhof ist auf Dauer nichts für mich. Man muss seine Faulheit ständig tarnen.
„Du brauchst dich nicht sofort zu entscheiden“, sagt Oskar nach einer langen Pause.
Ich lächle ihn an. „Das klingt alles … wunderbar.“
„Ist es aber nicht für dich, oder?“
„Du bist wunderbar.“ Ich küsse ihn und meine es ernst.
Es ist mir gelungen, das Thema zu wechseln. Ich erzähle ihm genauer als am Telefon, was sich in den letzten Tagen abgespielt hat und was wir über Kaiser erfahren haben.
„Eva Berthold wird sicher auch das eine oder andere an der Steuer vorbei verkaufen“, meint Oskar, „das ist ganz normal.“
„Bei ihren Schulden zahlt sie sowieso keine Steuern, sagt sie. Und es ist nicht normal, Wein falsch zu deklarieren. Und ihn mit Chips aufzubessern, statt die teuren Barriquefässer zu zahlen. Es ist unfair den anderen gegenüber.“
Oskar lacht etwas amüsiert. „So ist das Geschäftsleben.“
„Gut fürs Image wäre es jedenfalls nicht, wenn es herauskommt. Stimmt es, dass der Betrieb auch finanziell schlecht da steht, dann wackelt dort einiges mehr als bei Eva. Ihr Sekt ist nicht mehr schick, die Massenweine produzieren andere noch billiger, ins Qualitätssegment hat man es nie ganz geschafft.“
„Jetzt offenbar doch, zumindest in Deutschland. Übrigens: Hast du nicht gesagt, dass es auch um einen Vertrag mit der Kauf-Gruppe geht? Ich treffe Generaldirektor van der Fluh übermorgen wegen einer Immobiliensache.“
Ich kenne den Generaldirektor, vor einigen Jahren sind wir uns über den Weg gelaufen, aber er erinnert sich sicher nicht gerne an mich. Es ging um Fleischmanipulation in einigen Mega-Kauf-Filialen. Besser, ich lasse keine Grüße ausrichten. Aber: „Horch ihn aus, was den Abnahmevertrag angeht, du bist ein Fan der Berthold-Weine, das kannst du ja ruhig zugeben. Und Eva hat dich – informell – in einigen Angelegenheiten um Rat gefragt, erzähle ihm irgend so etwas. Eva hat seit Monaten nichts mehr von dem Kooperationsvertrag gehört, ich glaube, in der momentanen Situation traut sie sich auch gar nicht nachzufragen.“
„Ich kann dir nichts versprechen, aber ich werde es versuchen.“
Guter, lieber Oskar. Vielleicht sollte man hier in der Gegend einen Keller pachten?
Am Montagmorgen steht Simon in der Tür.
„Martina ist nicht da“, sage ich etwas unwirsch. „Sie ist seit Stunden unterwegs. Lass sie in Ruhe.“
„Seit Stunden? Und ich dachte … Ich bin extra früh aufgestanden, um sie zu treffen.“
„Haben dir die Fotos noch nicht
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