Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
haben, so gesehen, endlich wieder einmal positive Schlagzeilen. Was Martina freilich hat, ist einen Riesenkater. Sie kann sich erst nach und nach wieder erinnern. Und sie schwört: Nie wieder in ihrem Leben wird sie Schnaps anrühren. Ist ja auch etwas.
Dr. Moser versucht sich allen Ernstes bei Eva darüber zu beschweren, dass Martina seinen Sohn betrunken gemacht habe. Wenn er den Keller nicht mehr wolle, werde man jemand anderen finden, meint sie.
[ S EPTEMBER ]
Vesna bekommt eine Vorladung vom Magistrat Wien. Sie ist jetzt nur mehr tageweise bei den Bertholds. „Meine Saison fangt auch wieder an“, hat sie Eva gesagt. Ich habe noch immer nichts von der beantragten Arbeitsgenehmigung für Vesna gehört, aber was wichtiger ist: Der Notar hat tatsächlich eine bekommen, Vesna arbeitet nun ganz legal, wenn auch um etwas weniger Geld, als so genannte „Bedienerin“ bei ihm. Dafür ist sie sozialversichert. „Das Wort Bedienerin mag ich nicht“, sagt sie, „ich bin keine Dienerin, ich putze ihren Dreck weg. Ist Serviceunternehmen, wie das heute überall heißt. Lieber ich wäre selbstständig. Putzunternehmerin.“
Oskar hat sich die letzten Tage im Büro vergraben, heute soll er für das Wochenende nach Treberndorf kommen. Meine Wohnung ist weiter unbewohnbar, es wird immer klarer, dass die Eigentümer kein besonderes Interesse daran haben, sie rasch zu sanieren. Ich habe einen recht günstigen Mietvertrag, wenn sie mich aus dem Haus bekommen, könnten sie meine Wohnung mit einer der beiden Dachwohnungen verbinden und teuer anbieten. So leicht werde ich es ihnen nicht machen. Aber ich habe nicht gerade viel Zeit, mich darum zu kümmern. Das „Magazin“ will für sein Geld auch entsprechende Reportagen sehen, dazu kommt, dass Eva Berthold noch immer viel zu wenig Leute im Weinbaubetrieb hat. Also helfe ich – gegen freie Kost und Logis – eben mit, soweit es meine Zeit zulässt.
Die Sonne strahlt vom Himmel, als müsste sie wieder gutmachen, dass sie sich bis August so zurückgehalten hat. Die Nächte sind kühl, wenn die Sonne aufgeht, glitzern auf den Weinblättern tausende Tautropfen. Aber auch das kann mich nicht auf Dauer zur Frühaufsteherin machen. Martina gibt sich noch ruppiger und robuster als vor ihrem Zusammenprall mit Simon, ich habe erreicht, dass sie einen Teil ihres Praktikums vorziehen und im September und Oktober am elterlichen Hof absolvieren kann. Sie ist von früh bis spät unterwegs, Partys sind kein Thema mehr, selbst von den Festen der Umgebung kommt sie regelmäßig vor Mitternacht zurück. Nur ab und zu habe ich den Eindruck, dass sie trotz allem Simon etwas nachtrauert.
Ich decke meinen Klapptisch im Hausweingarten, will Oskar einige Stunden nur für mich haben. Speck und Schinken und selbst gemachten Liptauer, eine Flasche vom ganz selten gewordenen Riesling. Man sieht die Rückseite der Häuserzeile und viel, viel Himmel. Hamster sausen herum, der Herbst macht sie hektisch, man muss Vorräte anlegen, um den Winter zu überstehen. Eva klagt über die vielen Löcher in den Rebzeilen. Als Kinder hätten sie für jeden Hamsterschwanz zwei Schillinge bekommen, erzählt sie. Ich könnte mir nie vorstellen, eines dieser putzigen Pelztiere umzubringen. Aber ich bin eben nicht damit aufgewachsen. Und ich gebe zu, es ist mir ziemlich egal, wenn sie fünfzig oder achtzig Kilo Getreide in ihrem Bau horten.
Die Getreidefelder sind, deutlich später als sonst, abgeerntet. Die meisten Sonnenblumen stehen noch ausgedörrt da, der gelbe Kukuruz ebenso, und die Rübenernte, die Rübenkampagne heißt, wie ich gelernt habe, findet ohnehin erst im Oktober und November statt.
Ich sehe Oskar den Weingarten heraufkommen, mit langsamen, regelmäßigen Schritten. Er ist kein Sportler, aber er ist ausdauernd. Ich sehe ihn lächeln. „Großvater Berthold hat mir gesagt, dass ich dich hier finde. Was für eine Idylle!“
Ich stehe auf, wir küssen uns lange und ausgiebig, zwischendurch blinzle ich, spähe herum, ob irgendwer in der Nähe ist, der unsere innige Umarmung beobachten könnte. Aber wir sind alleine.
Erst als wir die Flasche Riesling fast leer getrunken haben, kommt Oskar mit seinem Vorschlag. Er räuspert sich, sieht lange in der Gegend herum, ich werde nervös.
„Mit deiner Wohnung gibt es Probleme. Und wer weiß, ob sie je wieder so wird, wie du sie gemocht hast. Ich habe mich erkundigt. Ich könnte meine Dachbodenwohnung immer noch kaufen und eine kleine dazu, man könnte die Wand
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