Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps
Vom Netzwerk:
versteh das doch. Es ist der dritte Wettbewerb und diesmal muss ich es schaffen. Großmutter und ich haben uns das so gewünscht.«
    Henk schweigt. Er starrt auf die goldene Harfe des Engels. Sein Gesicht wirkt grimmig.
    Lara wartet mit klopfendem Herzen.
    Ob er versteht, wie wichtig es für sie ist?
    Und wenn er es nicht versteht?
    Lara wendet sich ab und zupft weiter Unkraut, das nach dem letzten Regen wie wild gewachsen ist. »Keine Sorge, Gromi! Egal, was er sagt. Ich habe es versprochen«, flüstert sie ganz leise.
    »Zwei Wochen. Also gut …« Henks Worte kommen so wütend aus seinem Mund, dass Lara im ersten Moment die gute Botschaft gar nicht begreift. »Wir machen einen Deal: Du kannst üben, so viel wie du willst. Zwei Wochen lang! Mach deinen Wettbewerb. Und danach wirst du die Harfe in die Ecke stellen und nie wieder anrühren. Nie wieder, hörst du!«
    Lara schaut an ihm vorbei auf den Engel mit der großen Harfe.
    »Die Harfe oder ich. Für beide ist in deinem Leben kein Platz. … Also, was ist?« Henk zieht sie hoch. »Sieh mich an, wenn ich mit dir rede!« Er drückt ihren Arm so fest, dass ihr die Tränen in die Augen schießen. »Hast du mich verstan-den?«
    Sie nickt.
    Er schüttelt sie. »Ein bisschen mehr Begeisterung könntest du schon zeigen. Los, wie sagt man?«
    »Danke, Henk«, sagt Lara leise.
    »Lauter! Ich kann dich nicht hören!«
    »Danke, Henk!« Laras Stimme schallt über den Friedhof. Wieder schauen die Leute zu ihnen herüber. »Wenn du willst, kannst du zuhören kommen. Der Wettbewerb ist in der Stadthalle.«
    »Mal sehen, ob ich Zeit habe. Ich muss für ein paar Tage weg. Nach Amsterdam, du weißt schon. Aber du wirst mich ja nicht vermissen, du musst ja üben.«
    Er dreht sich um und geht.
    »Henk!« Lara läuft ihm hinterher, umarmt ihn von hinten und drückt sich ganz fest an ihn. »Sei nicht böse! Ich liebe dich doch! Aber ich habe es ihr versprochen.«
    Er nimmt sie in den Arm und streichelt ihr über das Haar. »Versprechen muss man halten. Das verstehe ich doch. Erst der Wettbewerb, aber dann ist Schluss mit dem Harfenspiel. Zwei Versprechen, die du halten musst. Wir haben einen Deal, Prinzessin!«
    Er macht sich los und schlendert davon. Lara schaut ihm nach und geht dann langsam zum Grab zurück. Sie reinigt wie jede Woche den Engel vom Taubendreck, schrubbt und schrubbt, bis sie sich im weißen Marmor spiegeln kann.
    Lara hasst alles, was schmutzig ist.
    Dann kehrt sie nach Hause zurück.
    Es fällt ihr heute schwer, sich auf das Harfenspiel zu konzentrieren. Wann wird sie ihn wiedersehen?
    In den nächsten zwei Wochen erhält Lara täglich mindestens eine SMS, in der Henk ihr mitteilt, wie sehr er sie vermisst und wie sehr er das Ende der zwei Wochen herbeisehnt.
    Ihr Leben spielt sich zwischen Schule und Harfenspiel ab. Die ganze Familie wird vom Wettbewerbsfieber angesteckt.
    »Wenn Großmutter das noch erleben könnte!«, sagt die Mutter. »Wie stolz wäre sie auf dich. Wie gerne wäre sie dabei gewesen.«
    Lara hofft, dass Henk kommen wird. Die Endausscheidung ist eine öffentliche Veranstaltung in der Stadthalle. Sie hat es ihm gesagt. Er muss nur im Internet nachsehen.
    Während sie hinter der Bühne auf ihren Auftritt wartet, suchen ihre Augen immer wieder den dunklen Zuschauerraum ab. Reihe für Reihe. Er ist nicht da.
    Mit Tränen der Enttäuschung in den Augen geht sie auf die Bühne, setzt sich an ihre Harfe.
    Er ist nicht gekommen!
    Die Noten auf dem Blatt vor ihr verschwimmen.
    Zum Glück kann sie die Stücke inzwischen auswendig.
    Und dann fängt sie an zu spielen, sie spielt mit der ganzen angesammelten Sehnsucht nach ihm, schickt die himmlischen Töne zum Himmel hinauf in der Hoffnung, dass er sie hören wird.
    Das Publikum lauscht wie verzaubert. Noch Sekunden nachdem sie geendet hat, sitzen sie da und halten den Atem an. Dann schwappt der Applaus in einer großen Welle über sie. Sie steht auf und verbeugt sich.
    Da auf einmal sieht sie ihn.
    Er steht mitten in der klatschenden Menge, seine Hände hängen bewegungslos an ihm herunter. Er starrt sie an, als würde er sie zum ersten Mal sehen.
    Sie winkt ihm zu.
    Sein Gesicht bleibt starr.
    Sie verbeugt sich ein weiteres Mal.
    Als sie wieder zu Henk sieht, ist er verschwunden.
    Spurlos.
    Die himmlischen Töne haben ihn vertrieben.
    »Und der Sieger ist: Lara Lauder, die mit ihrer Harfe das Publikum und die Jury verzaubert hat.«
    Alle gratulieren ihr. Die Eltern nehmen sie stolz in den Arm.
    Lara hat

Weitere Kostenlose Bücher