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Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps
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Pfirsichduschgel drauf.
    Danach setzt sie sich an ihre Harfe.
    Sie spielt nie besser als in diesen Momenten, wenn sie die himmlischen Töne gegen ihre Verzweiflung antreten lässt.
    Sie fliegt mit ihnen durch das weit geöffnete Fenster hinaus in den sternenklaren Himmel, dorthin, wo die Töne zu Hause sind.
    Das Brummen ihres Handys erreicht sie nicht, ebenso wenig das Klingeln der Hausglocke. Sie ahnt nichts von dem dunklen Schatten, der vor dem Haus steht und zu ihrem Fenster hinaufsieht, der sich die Ohren zuhält und dann in seinen Wagen steigt und mit laut aufheulendem Motor davonbraust.
    Am nächsten Morgen findet Lara die gefürchtete Nachricht von ihm. Die Worte sagen nichts von seiner Wut, aber sie spürt sie hinter jedem Buchstaben.
    »Um 7.30 Uhr vor der Schule! Sei pünktlich!« Noch nie hat er sie vor dem Unterricht sehen wollen. Er muss sehr wütend sein.
    Sie wird zu spät kommen, zumindest die Mathestunde versäumen und neue Probleme bekommen.
    Sie sollte nicht hingehen.
    Wer weiß, was er mit ihr macht.
    Sie hat Angst.
    Aber sie geht trotzdem.
    Sie kann nicht anders.
    Sobald sie in seinem Auto sitzt, braust Henk los. Er schweigt die ganze Fahrt über. Sie fahren aus der Stadt hinaus, über die Autobahn in die nächste große Stadt. Dort hält er vor einem Tattoostudio.
    »Aussteigen!«, sagt Henk.
    »Was machen wir hier?«
    »Wir machen dir hier ein Tattoo!«, sagt Henk mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldet.
    »Ein Tattoo? Aber da müssen doch die Eltern einverstanden sein.«
    »Es gibt Ausnahmen«, sagt Henk und schubst sie durch die Eingangstür.
    Der Inhaber begrüßt Henk wie einen alten Bekannten.
    »Das Übliche?«, fragt er.
    Henk nickt.
    Ein Tattoo, keine Schläge. Lara ist froh, wenn auch die Angst bleibt. Sie versteht nicht, warum Henk nicht wütender ist.
    Während der Mann alles vorbereitet, sagt Henk: »Gestern Abend, das war Sandras Schuld. Es ist nicht das erste Mal, dass sie aufmuckt. Halt dich in Zukunft fern von ihr. Sprich nicht mit ihr, sonst passiert dir das Gleiche oder noch Schlimmeres. Hast du verstanden?«
    »Du … du bist mir nicht böse?«
    »Du wirst es wiedergutmachen müssen, indem du dich ab jetzt besonders anstrengst.«
    Lara nickt dankbar. Er wird sie nicht bestrafen, er wird sich keine andere suchen. Und natürlich wird sie nie wieder mit Sandra reden. Am liebsten wäre sie Henk um den Hals gefallen.
    Sie wird alles tun, damit er sie weiter liebt.
    Denn was ist sie schon ohne ihn?
    Sie muss sich auf den Sessel setzen und T-Shirt und BH ausziehen.
    »Auf die Brust?« Lara hält ihre Hände schützend davor.
    »Hast du die Kleine nicht aufgeklärt?«, fragt der Mann und lacht.
    Henk wirft Lara einen warnenden Blick zu. »Du bekommst ein H auf die linke Brust tätowiert. H wie Henk. Damit du für alle Zeiten weißt, dass du mir gehörst.«
    »Das machen sie alle so!«, erklärt der Mann. »Besitzverhältnisse müssen nun mal geklärt sein. Bei den Bauern werden ja auch die Rinder mit einem Brandmal gekennzeichnet. Damit niemand sie klauen kann.« Er lacht und schiebt Laras Hände weg. Er legt zwei Finger auf Laras Brust und beginnt.
    Lara verzieht das Gesicht vor Angst.
    »Keine Sorge, es tut nicht weh. Und es geht auch schnell. Ist ja nur ein H«, sagt der Mann. »Manchmal muss ich das ganze Gesicht auf die Brust tätowieren.«
    »Du tust es für mich!«, sagt Henk.
    Lara schluckt die aufsteigenden Tränen hinunter.
    Sie tut es für ihn, auch wenn es schmerzhaft ist.
    In einer Viertelstunde ist es vorbei.
    »Na, wie gefällt es dir?«
    Lara betrachtet das H oberhalb der Brustwarze im Spiegel. Es sieht aus wie eine große schwarze Spinne. Lara hasst Spinnen und sie hasst das große schwarze H auf ihrer Brust.
    »Wie gefällt es dir? Los, sag schon!« In Henks Stimme schleicht sich ein leiser böser Unterton.
    »Gut. Es ist sehr … schön geworden …«
    »Nun gehörst du mir! Für immer! Und nur mir!«, sagt Henk mit so großer Zufriedenheit in der Stimme, dass Lara den Hass auf die Spinne vergisst und sich an ihn schmiegt. Sie gehört ihm. Um das zu wissen, braucht sie kein Tattoo.
    Henk schreibt Lara eine Entschuldigung für die ersten vier Stunden.
    Zum Glück kennen die Lehrer die Unterschrift des Vaters nicht, weil sonst immer die Mutter unterschreibt.
    Als er sie an der Schule absetzt, sagt er ganz nebenbei zum Abschied: »Du verschwendest zu viel Zeit mit deiner Harfe. Du solltest mal überlegen, wie lange du das noch weitermachen willst. Wenn schon

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