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Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps
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aus dem Nebenraum, wo das kalte Büfett aufgebaut ist. Eine kostbare halbe Stunde haben sie für sich alleine.
    Sandra hat ihren Pieter kennengelernt, als sie zwölf war. Pieter hat sie vor der Schule angesprochen, sie hat sich geschmeichelt gefühlt. Er hat ihr CDs geschenkt, ist mit ihr essen gegangen, hat Konzertkarten organisiert, sie mit Geschenken und Aufmerksamkeiten überschüttet.
    Sandra schenkte ihm dafür ihre Liebe.
    »Ich bin seine Prinzessin!«, sagt sie und lächelt dabei.
    Lara aber schaut auf ihr Handgelenk, um das sich ein dicker Bluterguss wie ein Armband schließt.
    Mit einer schnellen Handbewegung zieht Sandra den langen Ärmel ihres weißen Shirts darüber.
    »Ich habe mir den Arm an einer Tür eingeklemmt!«, sagt sie verlegen. »Das passiert mir immer. Ich bin ein richtiger Schussel!«
    Ihr Lachen klingt ein wenig schrill in Laras Ohren.
    Sie stehen schweigend nebeneinander. Aus dem Wohnzimmer ertönt lautes Lachen. Stühle werden geschoben, die Stimmen kommen näher.
    Die halbe Stunde Pause neigt sich dem Ende zu.
    Da zieht Lara schnell ihr T-Shirt hoch und zeigt Sandra die blauen Flecke an ihren Rippen. »Ich bin auch ein Schussel!«, sagt sie leise.
    Sandras Augen füllen sich mit Tränen. Sie streichelt mit ihrem Finger ganz zart über die Blutergüsse.
    »Liebst du ihn?«, fragt sie.
    Lara nickt.
    Da legt Sandra den Arm um sie. Eng umschlungen, mit geschlossenen Augen stehen sie da, genießen die wissende Wärme der anderen, als eine Männerstimme dazwischenfährt: »Na, ihr scheint es nötig zu haben. Kaum lässt man euch alleine, da fallt ihr übereinander her.«
    Er lacht laut über seinen Witz. »Na, wer möchte denn als Erste?«
    Lara spürt, wie durch ihren und Sandras Körper das gleiche angstvolle Zittern geht.
    »Ich! Ich gehe mit!«, sagt Lara. Sie lässt Sandra los, nur ihre Hand behält sie ganz fest in der ihren.
    »Nein, ich!«, sagt Sandra und drückt Laras Finger.
    Hand in Hand stehen sie da und sehen dem Mann in die Augen.
    Da fällt ihm das Lachen aus dem Gesicht. Er dreht sich um und geht zurück zu den anderen.
    Kurze Zeit später erscheint Pieter. Sein Gesicht ist rot angelaufen vor unterdrückter Wut. Er zerrt Sandra die Treppe hoch in eines der Zimmer.
    Lara folgt ihnen. Sie hat Angst um ihre neue Freundin.
    Pieter zwingt Sandra, sich auszuziehen. Sie muss sich unter die Dusche stellen. Sie schreit leise auf, als das eiskalte Wasser über ihren Körper läuft.
    Eine halbe Stunde lang muss sie dort stehen.
    Pieter betrachtet sie regungslos, eine Zigarette zwischen den Lippen.
    Lara hat Angst. Wird er das Gleiche mit ihr machen?
    Sandras Lippen sind längst blau angelaufen, sie zittert vor Kälte. Ihre Augen schauen Lara flehend an.
    Lara nimmt ihren ganzen Mut zusammen, macht einen Schritt nach vorne.
    Als sie zum Wasserhahn greift, schnellt Pieter vor und drückt ihr seine brennende Zigarette auf den Handrücken.
    Lara schreit auf und zieht die Hand zurück. Sie beißt die Zähne zusammen. Die Wunde brennt, aber sie wird nicht weinen. Da hat sie Schlimmeres aushalten müssen.
    »Jetzt kannst du abdrehen!«, sagt Pieter nach weiteren endlosen Minuten zu Lara. »In zehn Minuten fahren wir. Du kannst froh sein, dass Henk heute nicht dabei ist. Aber keine Sorge, der erfährt die Geschichte noch heute Abend von mir.«
    Halb ohnmächtig fällt Sandra Lara in die Arme.
    Sie rubbelt sie mit dem Handtuch, so fest sie kann.
    Alles an Sandra zittert. »Gggut, dddass Sssommer iiist. Iiich mmmusste ssschon mmmal mmmit nnnassen Kkklamotten dddraußen ssstehen. Aaalles iiist aaan mmmir fffestgefroren.«
    Lara rubbelt und rubbelt. Sie rubbelt gegen die Kälte, die Wut und vor allem gegen die Angst.
    Sandra schiebt sie weg. »Pieter wartet nicht gerne!«
    In Windeseile zieht sie sich an und Hand in Hand rennen sie die Treppen hinunter auf die Straße, wo Pieter schon ungeduldig auf und ab geht.
    Schweigen herrscht im Wagen. Wieder kriecht die Angst in Lara hoch, verteilt sich in ihrem Körper, nimmt von jedem noch so kleinen Teil Besitz, bis Lara nur noch aus Angst besteht.
    Was wird Henk sagen?
    Was tun?
    Den schlimmsten Gedanken mag sie gar nicht zu Ende denken. Wird er sie jetzt gegen eine andere austauschen?
    Pieter setzt Lara zuerst zu Hause ab. Er sagt kein Wort zum Abschied, auch Sandra schweigt, aber sie drückt ein letztes Mal Laras Hand.
    Zu Hause geht Lara wie immer an solchen Tagen unter die Dusche. Ein großer Teil ihres Taschengeldes geht inzwischen für

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