Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
müßtest dich dort schnell mit deinen Zeugnissen bewerben.«
    Befreit von der Angst, in Berlin nichts zu finden, fuhr ich überglücklich ins Heim zurück. Meine Bewerbung wurde angenommen. Freudestrahlend erzählte ich es in der Gruppe:
    »Nach Beendigung der Lehre bin ich dann Gummifacharbeiter.«
    Die Mädchen lachten darüber. Mir war es gleich, ich konnte in Berlin bleiben.
Ferieneinsatz
    Nach dem letzten Schultag fuhren wir zum Zelten nach Boeck an der Müritz. Der Ort, ein kleines, verschlafenes Nest, schien zeitlich stehengeblieben zu sein. Ein Konsum in einem Zimmer des ehemaligen Gasthauses, die Kirche, eine winzige Kneipe und ein paar alte Wohnhäuschen, das war das ganze Dorf.
    Innerhalb von zehn Minuten kannten wir alles. Unser Zeltplatz lag auf einer Wiese, ganz einsam am Waldrand. Wie immer mußten wir in den Ferien einen Einsatz für das Dorf machen. Der lief diesmal unter dem Motto: Solidarität mit dem kämpfenden Volk in Vietnam, gegen den Aggressor Amerika. Als Zehnjährige tanzten wir in bunten Röcken gegen den Aggressor Amerika in Kuba. Der Erlös kam dann auf ein Spendenkonto. Tanzen machte uns Spaß, aber hier mußten wir bei der glühenden Hitze auf dem Kartoffelacker Unkraut ziehen. Carlotta, Monika und ich hatten nach drei Stunden genug von der Solidarität. Wir suchten nach einem Fluchtweg vom Acker, aber leider wurden wir von »Affe«, einem Erzieher der Jungs, streng überwacht. Er selbst zog nicht eine Distel. Ich konnte diesen Typ nicht ausstehen. Er belauerte das ganze Zeltlager.
    Unsere Erzieherin hatte sich bei einer Tramptour mit uns in einen Armeeoffizier verliebt. Das war so gekommen: Wir wollten eine Wanderung um den See machen und verliefen uns dabei. Ein Armeejeep, der uns begegnete, hielt auf unser Winken. Der Offizier erlaubte seinem Fahrer, uns in das Zeltlager zurückzubringen. Von diesem Tag an hielt der Jeep öfter vor unseren Zelten, und unsere Erzieherin fuhr mit oder schickte jemanden von uns mit kleinen Liebesbriefen zu dem Wagen. Wir fanden es lustig und spannend. Einmal kam ich als letztes der Mädchen vom Waschen am See. Von weitem hatte ich den Jeep schon gesehen. Als ich das Zelt betrat, fragte mich unsere Erzieherin: »Kannst du diesen Brief noch zum Auto bringen?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    »Aber paß auf, daß dich keiner sieht!«
    Im Erzieherzelt hatte vor einer halben Stunde eine Aussprache mit der Lagerleiterin stattgefunden. Die Leitung hatte beschlossen, sich über die Vergeudung ihrer Steuergelder für das Benzin der Armee zu beschweren. Sie versuchten herauszufinden, weshalb der Jeep ständig in der Nähe unseres Lagers stand und wer damit privat im Dunkeln wegfuhr. Barfuß rannte ich durch den sumpfigen Wald. Obwohl ich Angst vor Schlangen und Ungeziefer hatte, lief ich wie um mein Leben. Neben mir, auf der Landstraße, hatte »Affe« zum Spurt angesetzt. Ich erreichte als erste das Auto. Glücklicherweise stand der Fahrer rauchend vor der Tür. Leise rief ich ihn und warnte ihn vor dem Beschluß unserer Lagerleitung. Ich gab ihm den Brief. Er lachte nur und sagte:
    »Sollen sie sich doch bei uns beschweren, ich fahre ja unsern höchsten Chef immer zu euch.«
    Wir winkten uns noch einmal verschwörerisch zu, dann gab er Gas, gerade als »Affe« den Jeep fast erreicht hatte.
    Lachend lief ich zurück, schlich mich von hinten in das Zelt und erzählte, was für ein dummes Gesicht »Affe« gemacht hatte, als ihm der Fang durch die Lappen ging. Unsere Erzieherin lachte herzlich mit und war froh, daß mich keiner erwischt hatte.
    Nun standen wir hier zwischen den Furchen, und es schien keinen Ausweg zu geben. Da tuckerte am Horizont ein Panzergeschwader heran. Ich sagte zu den Mädchen:
    »Los jetzt, das ist unsere Chance. >Affe< guckt gerade nicht zu uns.«
    Wir stolperten über das Feld und kletterten auf die Panzer. Dabei wurden wir von »Affe« entdeckt, aber zu spät für ihn. Wir hatten es geschafft. Die Panzer fuhren mit uns auf und davon in den Wald. Als wir uns in Ruhe umsahen, stellten wir zu unserem Erstaunen fest, daß wir auf Russenpanzern saßen. Die Soldaten sprachen kein Wort, sie guckten nur sehr eigenartig ernst. Mir wurde unter ihren Blicken unbehaglich ? ich fragte Carlotta und Monika, wie sie die Blicke deuteten. Sie hatten auch Angst. Dann teilte sich plötzlich der Weg, rechts führte er durch den Wald nach Speck und links nach Boeck. Als der Panzer nach Speck einbog, sprang ich hoch und schrie nach unten:
    »Halt, stop,

Weitere Kostenlose Bücher