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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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stoi!«
    Wie auf Kommando sprangen nun die Soldaten hoch und riefen auf russisch etwas durch die Luke nach unten. Der Fahrer hielt, er wußte wohl nicht was los war. Diesen Moment nutzte ich und sprang von dem kochendheißen Panzer. Carlotta folgte mir. Als ich mich umdrehte, sah ich, wie die Russen Monika festhielten und dabei »dawei« (schnell) riefen. Wir kamen Monika zu Hilfe und zogen von unten an ihren Füßen. Endlich hatten wir sie frei. Da hielten die anderen zwei Panzer, überall gingen die Luken hoch, und Soldaten krochen heraus. Jetzt rannten wir, so schnell wir konnten, durch den Wald. Erschöpft ließen wir uns auf dem Waldweg nach Boeck fallen. Wir überlegten gerade, was wir nun machen sollten. Da traten plötzlich die khakifarbenen Russen hinter den Bäumen hervor, schnappten sich Monika und wollten sie von uns wegziehen. Mit aller Kraft hielten wir sie fest, und Carlotta schlug dabei mit ihrem Holzschuh auf einen Russen ein. Ich hatte Angst und schrie auf russisch:
    »Schweinehunde!« Aber das machte sie nur noch wütender. Wir schlugen und schrien wie um unser Leben, als eine donnernde Stimme in Russisch zu hören war. Sofort ließen sie uns los, ein Offizier war unsere Rettung. In Reih und Glied marschierten sie brav davon.
    Uns war die Flucht vergangen. Wir hockten im staubigen Sand und beschlossen, zum Acker zurückzugehen. Der Weg durch den Wald machte uns angst.
    Bei unserem Anblick leuchtete »Affes« Rache richtig aus seinen Augen. Er schien nur darauf gewartet zu haben, uns zu bestrafen.
    Die anderen durften mit der Arbeit aufhören, von uns verlangte er in lautem Ton:
    »Jeder zieht eine Reihe Unkraut, aber allein.« Die Mittagshitze machte uns fertig, nirgendwo der geringste Schatten und nichts zu trinken. Ich überlegte, wie wir die Solidaritätsstrafe schneller hinter uns bringen könnten, und kam wieder auf einen rettenden Einfall.
    »Wenn wir weit genug im Feld sind, überspringen wir die Furchen und laufen durch die schon gezogenen Reihen«, flüsterte ich den beiden zu.
    Ich drehte mich nach unserem Aufseher um - ein günstiger Augenblick. Er trank genüßlich aus einer Flasche und hielt die Augen geschlossen. Wir übersprangen die Reihen, gerade noch rechtzeitig, bevor er die Flasche absetzte. Lachend warfen wir das schon vorher gezogene Unkraut in die Luft. Er traute seinen Augen nicht, mit welcher Schnelligkeit wir das Unkraut zogen und am Ende der Reihen anlangten.
    »Donnerwetter, warum nicht gleich so!« meckerte er, als wir fertig waren.
    In unserem Zelt schlief ein älteres Mädchen, das schon lange nicht mehr im Heim war. Sie machte in ihrem Urlaub Ferienhelferin bei den Kleinen.
    Carlotta und Monika schliefen mit ihr in einer Reihe. Monika erzählte uns, die Helferin habe sie in der Nacht an die Brust gefaßt.
    »So eine Sau«, sagte sie, »die ist eine Lesbe.« Aber wir sollten unseren Mund halten, sie habe versprochen, es nicht mehr zu tun. Monika wurde wirklich in Ruhe gelassen.
    Eines Tages bekam ich plötzlich starke Schmerzen in der linken Schulter. Schon als kleines Mädchen hatte ich dieselben Schmerzen im Knie gehabt. Was es war, wußte ich nicht. Ich mußte aber eine Zeitlang zur Kurzwelle.
    Die Schmerzen wurden unerträglich, leise jammerte ich vor mich hin, schließlich hielt ich es nicht mehr aus und weinte in meine Decke hinein. Plötzlich fühlte ich am Fußende eine Berührung, es war das Mädchen. Vor Schreck vergaß ich das Weinen.
    »Was ist mit dir, weshalb weinst du?« fragte sie.
    Meine Angst vor ihr verflog, und die Schmerzen bohrten weiter in meinem Kugelgelenk.
    »Mir tut der Arm so weh«, klagte ich.
    Sie verlangte mein Handtuch und rannte damit durch das Zeltlager zur Gulaschkanone. Dort war die einzige Möglichkeit, warmes Wasser zu bekommen. Die ganze Nacht machte sie mir warme Umschläge, bis ich einschlief. Am Morgen wachte ich schmerzfrei auf. Es war mir egal geworden, daß sie Mädchen lieber mochte als Jungen, ich fand sie nett. Ich lernte dadurch, nichts auf das Gerede anderer zu geben, sondern die Menschen danach zu beurteilen, wie sie sich mir gegenüber verhielten.
Einsamkeit
    Nach den Ferien rückte der Tag meines Auszuges aus dem Heim immer näher. Ich lenkte mich mit Arbeit ab, indem ich bei den Kleinen im Vorschulhaus bei der Betreuung half. Dafür wurden wir bezahlt.
    Die Kinder hingen wie Kletten an mir. Eifersüchtig schubsten sie sich gegenseitig beiseite. Jedes beanspruchte meine Aufmerksamkeit ganz für sich alleine. Sie

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