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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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die Kindesväter und was wir uns wünschten, ob Junge oder Mädchen. Durch die Ernsthaftigkeit unserer Gespräche fühlte ich mich viel wohler unter den neuen Frauen. Eines Nachts weckte mich Petra ziemlich unsanft aus dem Schlaf.
    »Komm mit, Elvira ist verschwunden.«
    So schnell es mein dicker Bauch zuließ, zog ich mich mühsam an und stürzte in das große Zimmer. Mit verschlafenen Gesichtern saßen die werdenden Mütter in ihren weiten Nachthemden auf den Betten und redeten aufgeregt durcheinander. Eine hatte Elvira weinen gehört. Als sie fragte, weshalb sie weinte, antwortete sie sinnloses Zeug und lief aus dem Haus.
    Mit Petra und Vera einigte ich mich, nach Elvira zu suchen. Die Nachtschwester konnte das Haus nicht verlassen, da sich in der unteren Etage die Kleinstkinderstation befand, in der sie noch füttern mußte.
    Wo konnte Elvira sein, und wohin wollte sie, überlegten wir. Vor der Tür schlug uns eisige Kälte entgegen, ich kuschelte mich fest in meinen Mantel. Am liebsten wäre ich zurück ins Haus gegangen, so sehr fror ich. Die Oktobernacht hatte einen sternenklaren Himmel, und der erste Frost war in der Luft zu spüren. Vergeblich suchten wir in der Dunkelheit den Bahnhof und die Umgebung ab.
    »Ob sie in der Bahnhofskneipe ist?« fragte Petra bibbernd.
    »Laß uns nachsehen«, sagte ich.
    Wir betraten den nach Bier stinkenden, verqualmten Raum. Hätten wir es lieber sein lassen, denn die besoffenen Männer grölten bei dem Anblick unserer dicken Bäuche:
    »He, Puppen, noch nicht genug? Wollt wohl noch mal?«
    Angewidert und wie versteinert blieben wir an der Tür stehen und suchten mit Blicken den Raum ab. Aber auch hier war sie nicht. Enttäuscht und frierend machten wir uns auf den Heimweg, da huschte plötzlich, in geduckter Haltung, ein menschliches Wesen durch die Büsche der Parkanlage. Obwohl wir es alle drei gesehen hatten, traute sich keine, hinterherzulaufen. Wir blieben stehen und riefen leise ihren Namen. Außer unseren Stimmen war nichts zu hören. Eine unheimliche Stille lag über diesem Ort, die Bäume warfen im hellen Mondschein dunkle Schatten, die auf uns gespenstisch wirkten. Drei Schwangere im Mondscheinpark, die die vierte suchten - hätten wir nicht solche Angst gehabt, wir hätten gelacht. Plötzlich trat sie, wie eine Fee, langsam zwischen den Bäumen hervor.
    »Elvira«, riefen wir drei gleichzeitig.
    Der Mond leuchtete in ihr blasses Gesicht und ließ es noch weißer erscheinen. In ihrer rechten Hand glänzte im Mondlicht die schneeweiße nackte Brust, die sie aus ihrer Bluse einfach heraushängen ließ. Wie geistesabwesend kam sie näher und starrte uns aus großen, leeren Augen an. Mir wurde unter diesem Blick unheimlich, ich bekam eine unerklärliche Angst vor ihr, fragte sie aber trotzdem:
    »Elvi, was ist mit dir?«
    »Mein Herz«, flüsterte sie, »mein Herz, es tut so weh!«
    Ich legte meinen Arm um sie und sagte:
    »Komm, laß uns nach Hause gehen, du mußt ja total durchgefroren sein!«
    Willig, wie ein kleines Kind, schmiegte sie ihr Gesicht an meine Schulter und ging mit.
    Die Mädchen im Zimmer schliefen wieder. Leise zogen wir ihr die Sachen aus und legten sie ins Bett. Abwechselnd sah in der Nacht eine von uns nach Elvi.
    Am nächsten Tag wurde sie dem Arzt vorgestellt, der nichts an ihrem Herzen feststellen konnte. Ihre Seele war krank und in eine andere Welt gegangen. Sobald sie Sachen anziehen mußte, holte sie wieder ihre Brust heraus und riß sich alle Kleider vom Körper. Sie ließ sich von keinem mehr anfassen, sondern war nur noch still, wenn man sie nackt auf ihr em Bett sitzen ließ. Dann hielt sie ihre Brust und wimmerte leise:
    »Auja, auja, mein Herz.«
    Das zehrte an unseren Nerven, und unsere Geduld mit ihr schwand. Nach zwei Tagen fand man endlich eine andere Unterkunft für sie. Das waren zwei aufregende Tage, da wir ständig in Angst lebten, sie könnte sich etwas antun. Richtig erleichtert über Elvis Weggang waren wir nicht, nur über die Ruhe, die danach folgte. Denn jede hoffte für sie, daß man ihr helfen könnte und sie wieder gesund würde. Von dieser Verwirrung eines vorher völlig gesunden Menschen war ich zutiefst berührt und gleichzeitig schockiert.
    Gerlinde konnte ihren Bauch nicht mehr ertragen. Der Geburtstermin war zehn Tage überschritten, und von ihrem Freund hörte sie auch nichts. Schon lange erzählte sie keine Bumsgeschichten mehr, sondern häkelte und strickte nun wie eine Verrückte Baby sachen. Eines Nachts

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