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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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witzigen Rotschopf und ging auf Zehenspitzen hinaus.
    Gegen Abend gab es Kuchen und Kaffee, und so wenig feierlich es war, ich freute mich auf abends zehn Uhr, da durfte ich mein Kind sehen und füttern.
    Auch hier, wie in allen Heimen, gab es Vorschriften. Nur zu den Stillzeiten bekamen wir die Kinder in einem gesonderten Raum. Gewindelt wurden sie von den Schwestern. Das Kinderzimmer durfte aus hygienischen Gründen von uns nicht betreten werden. Als ob wir weniger sauber als die Schwestern wären. Ich glaube, damit demonstrierten sie uns unsere Unfähigkeit als minderjährige Mütter.
    Wenn ich das Bedürfnis hatte, mit meinem Kind zu schmusen, ging das nur mit Blickkontakt durch die Glasscheibe in der Tür oder zur Stillzeit. So verbrachte ich die Zeit ungeduldig, bis die drei Stunden zwischen den Mahlzeiten vergangen waren. Die Sehnsucht nach meinem Kind hielt konstant an. Wie freute ich mich jedesmal, wenn es dann bei mir war.
    Gegen fünf Uhr nachmittags sagte eine andere Schwester, daß Besuch für mich da sei. Aufgeregt lief ich nach unten in das Besucherzimmer. Peter stand mit einem Netz Apfelsinen auf der Treppe. Wie komisch, ausgerechnet Heiligabend brachte er mir seltene Früchte als Geschenk. Ich mußte lachen und begrüßte ihn freundlicher, als ich wollte. Plötzlich hatte ich gute Laune und freute mich wirklich. Gerade von ihm hätte ich es am wenigsten erwartet, daß er Weihnachten an mich dachte und die lange Reise auf sich nahm. Meine Fröhlichkeit machte er mit einem Satz zunichte:
    »Bitte, zeig mir den Kleinen, ich muß nach Hause fahren, meine Mutter wartet schon.« Und er fügte stolz hinzu: »Hier, sieh mal«, dabei hob er das Netz hoch, »hab' ich durch Beziehungen erstanden, meine Mutter wird sich freuen.«
    Ich nickte. »Tja, sicher freut sie sich.«
    Bei der Schwester brachte er ein Kompliment hervor, woraufhin sie schnell seinen Sohn holte und ihn mir in den Arm legte. Als er ihn auf den Arm nehmen wollte, zischte ich ihn an:
    »Wehe, es ist mein Kind.«
    »Aber auch meins, dagegen kannst du nichts machen.«
    Ich machte auf dem Absatz kehrt und brachte den Kleinen zur Schwester zurück.
    Er stand an der Tür. Von weitem rief ich ihm zu:
    »Schöne Weihnachten!«
    »Dir auch«, antwortete er und: »Ich komm' wieder.«
    Ein Tag verging wie der andere. Füttern, pumpen und Sitzbäder. Dann kam der Tag, an dem ich mein Kind im Wagen spazierenfahren durfte. Nun zog ich ihm die selbstgehäkelten Sachen an. Sein blasses Gesichtchen hob sich von den leuchtenden Farben stark ab. Ich fand ihn niedlich, und stolz schob ich den häßlichen alten Kinderwagen vor mir her.
    Von nun an ging ich bei schönem Wetter jede freie Minute mit meinem Baby spazieren. Bald hatte er eine schöne gesunde Gesichtsfarbe, und die Schwestern bewunderten ihn. Bei einem meiner Spaziergänge sprach mich eine Frau an. Sie zog einen alten Leiterwagen hinter sich her, in dem ein Baby schlief.
    »Entschuldigen Sie bitte, wissen Sie, wo hier die Kirche oder das Pfarrhaus ist?« Dabei zeigte sie auf das schlafende Kind. »Ich muß es stillen, und hier draußen geht es nicht.«
    Hilflos zuckte ich die Schultern. »Ich weiß es nicht, aber hier ist ein Müttererholungsheim, vielleicht versuchen Sie es einmal dort.«
    »Da komme ich gerade her. Meine Tochter ist dort, sie hat auch entbunden und will mich nicht mehr sehen.«
    Dabei liefen ihr dicke Tränen über die Wangen, und plötzlich erkannte ich in ihr Giselas Mutter wieder.
    Gisela hatte während meiner langen Zeit im Krankenhaus ohne Komplikationen ein gesundes Kind geboren. Jetzt hatten Mutter und Tochter zur gleichen Zeit ein Kind - von demselben Mann.
    Mir fielen keine bedauernden Worte zu ihrem Trost ein, dennoch erregte ihr Äußeres wieder mein Mitleid. Aber ich wollte es nicht länger ertragen und sagte kurz angebunden:
    »Fragen Sie doch bitte den nächsten.«
    Damit ließ ich sie einfach stehen. Mühsam schob ich den Kinderwagen durch den Schneematsch davon. So schnell es ging, wollte ich der Reichweite dieser Frau entkommen. Von Gisela hatte ich erfahren, wie alles mit ihrem Stiefvater anfing, und wußte also, daß ihre Mutter nicht ganz unschuldig daran war.
    Wenn Gisela früh aufstand, um zur Schule zu gehen und sich in der Küche Stullen zurechtmachte, setzte sie sich dabei auf ein altes Sofa, das schon seit Jahren in diesem Raum stand. Eines Morgens lag dort ihr Stiefvater, von dem sie glaubte, daß er schlief. Um keinen Krach zu machen, versuchte sie, im

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