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Weinland & Stahl

Weinland & Stahl

Titel: Weinland & Stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bad Blood 01 - Das Blut der Nacht
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auch hinter diesen dunklen Mauern Bretter lagen, die die Welt bedeuteten.
    An diesem Spätvormittag jedoch, der ebenso gut ein früher Abend hätte sein können, denn die dunklen Wolken über New York hatten sich noch zum Bleiben entschieden, ging niemand an dem kleinen Theater vorbei, ohne nicht mindestens einen neugierigen Blick hinzuwerfen.
    Wenn man überhaupt daran vorbeikam. Denn Einsatzwagen der Polizei, Rettungsfahrzeuge und schätzungsweise die Hälfte der in New York tätigen Cops riegelten den Broadway hier ab. Das daraus resultierende Verkehrschaos musste sich zwischenzeitlich wie die Wellen eines ins Wasser geworfenen Steines über ganz Manhattan ausgebreitet haben.
    Reuven Lamarr folgte Heaven mit dem staunenden Gesicht eines kleinen Jungen, der unversehens im Hauptquartier des Weihnachtsmannes gelandet war. Ohne dass sie auch nur ein einziges Wort verlieren musste, konnten sie Ring um Ring des Polizeiaufgebotes passieren. Die Cops, die ihnen entgegentraten, um sie aufzuhalten, verstummten, noch bevor sie ihre barschen Anordnungen ganz ausgesprochen hatten. Und wenn ein entfernt stehender Kollege fragte, was das denn bitteschön solle, wurde ihm unmissverständlich klargemacht, dass alles seine Ordnung habe und die Lady und der Gentleman berechtigten Zugang zum Tatort hätten.
    »Wie machst du das?«, fragte Reuven grinsend. Irgendwo, ganz tief unten in seinem Bewusstsein, spürte er noch immer etwas Dunkles; etwas, das seit heute Morgen in ihm war. Aber allein Heavens Gegenwart schien dafür zu sorgen, dass es sich nicht wieder befreien konnte von dem, womit sie es selbst zugedeckt hatte.
    »Ich lasse meinen Charme spielen«, zwinkerte sie ihm über die Schulter zu. Und nicht weil es nötig war, sondern nur um ihn noch ein kleines bisschen tiefer in harmlose Verwirrung zu stürzen, nahm sie Reuven die Erinnerung an seine Frage.
    »Was?«, stutzte er, weil er nicht verstand, was sie meinte.
    »Schon gut«, erwiderte sie lächelnd und stieg die Stufen der Freitreppe zum Eingang des Theaters hinauf. Den nächsten Cop brachte sie dazu, ihr grüßend zuzunicken, und Reuven folgte ihr und konnte nur wieder den Kopf schütteln.
    »Bist du eine Hexe oder sowas?«, fragte er, während sie ungehindert durch das von Menschen wimmelnde Foyer marschierten.
    »Oder sowas«, sagte Heaven. »Das ist cool, hm?«
    »Ja, verdammt cool«, knirschte Reuven, aber es klang ein kleines bisschen mehr verunsichert denn wirklich überzeugt.
    Zwei Türen wiesen in den kleinen Zuschauerraum; die sich anschließenden Gänge führten links und rechts parallel an den Sitzreihen entlang bis zur Bühne. Mit den Toten, die der Fernsehreporter erwähnt hatte, mochte das Theater etwa zu einem Drittel besetzt gewesen sein. Inzwischen hatte man mit dem Abtransport der Leichen begonnen.
    Heaven trat zwischen zwei Uniformierte, die gerade eine weitere Tote gepackt hatten, um sie in eine offene Zinkwanne zu hieven. Die Halbvampirin berührte die Männer an den Schultern und sah jedem einmal kurz ins Gesicht, woraufhin die beiden sie einen genaueren Blick auf die Leiche werfen ließen.
    Heaven drückte den nur noch von Haut und kraftlosen Muskeln gehaltenen Kopf der Toten zur Seite und sah in den Falten des Halses die beiden blutumkrusteten Löcher. Mit einem Nicken bedeutete sie den Männern, in ihrer Arbeit fortzufahren.
    »Ich hab's«, meldete sich Reuven Lamarr wieder zu Wort. »Du gehörst selbst zu diesem Verein. Du bist 'ne Undercover-Agentin oder so.«
    »Mit einem streng geheimen Spezialauftrag«, bestätigte Heaven, und sie fand, dass diese Lüge gar nicht einmal so furchtbar groß war.
    Suchend sah sie über die noch immer zahlreich anwesenden Vertreter von Polizei, Rettungsdienst und Medien hinweg, bis sie fündig wurde.
    »Komm mit«, sagte sie zu Reuven und ging dann zielstrebig auf einen nahezu ebenso großen wie breiten Mann in einem feuchten Trenchcoat zu, der in ständig wechselnde Richtungen unterschiedlichste Anweisungen bellte.
    »Sir?«, sprach sie ihn von hinten an.
    Wie von der Tarantel gestochen fuhr der andere herum und stierte sie aus blutunterlaufenen, aber müden Augen an.
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«, schrie er in exakt dem gleichen Tonfall, in dem er seinen Leuten zugebrüllt hatte, was sie zu tun hatten.
    »Sie werden mir ein paar Fragen beantworten«, verlangte Heaven ungerührt.
    Der fast haarlose Kopf des Einsatzleiters verwandelte sich in etwas, das frappierend an eine sonnenreife Tomate mit Augen

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