Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
Vom Netzwerk:
Leute sind alle bereits identifiziert.«
    Ich schluckte. »Wie viele …?«
    »Insgesamt? Acht Tote, leider. Es hatte noch
schlimmer kommen können. Viel schlimmer.« Er stand auf und drückte mir flüchtig
die Hand. »Es gibt vielleicht politische Nachwirkungen. Ich kann nicht absehen,
ob wir noch weitere Auskünfte von Ihnen benötigen. Ich werde meinen Bericht
einreichen. Guten Tag, Mr. Beach.«
    Er ging auf seine langsame, gebeugte Art hinaus,
gefolgt von dem Konstabler, und ich schritt hinter ihnen her in den Garten.
    Es wurde dunkel, hier und da gingen bereits Lichter
an.
    Die Stellwände waren entfernt worden, und zwei Krankenwagen
waren dabei, durch die Lücke zu setzen, die der Pferdetransporter in die Hecke
gerissen hatte. Eine Reihe von sieben vollständig verhüllten Bahren stand
düster auf dem entsetzlich blutbefleckten Mattenbelag, etwas abseits davon die
achte. Auf ihr mußte der Scheich liegen, denn zwei überlebende Araber standen
dort, einer am Kopf, einer am Fuß, noch immer treue Bewacher ihres Prinzen.
    In der Dämmerung beobachtete die kleine verstörte
Menschengruppe, darunter auch Flora, schweigend und jetzt ohne Hoffnung, wie
Sanitäter die sieben stummen Lasten der Reihe nach aufhoben, um sie
davonzutragen. Ich ging langsam zu meinem Lieferwagen und setzte mich hinein,
bis sie fertig waren. Nur der Scheich blieb zurück, abgesondert im Tod wie im
Leben, und harrte eines edleren Leichenwagens.
    Ich schaltete Licht und Motor ein und folgte den
beiden Ambulanzen über den Hügel, und bedrückt fuhr ich ins Tal hinab zu meinem
Haus.
    Dunkles Haus, leeres Haus. Ich betrat es und ging
nach oben, weil ich mich umziehen wollte. Als ich aber zum Schlafzimmer kam,
legte ich mich einfach aufs Bett, ohne das Licht anzuknipsen; und vor
Erschöpfung, vor Erschütterung, vor Mitleid, vor Einsamkeit und Trauer …
weinte ich.

4
     
    Den Montagmorgen
verbrachte ich im Laden immer damit, die Regale nach den Wochenendverkäufen
aufzufüllen und Listen für den Ersatz zu erstellen. Montagnachmittags fuhr ich
mit dem Lieferwagen zum Großhändler, um Spirituosen und alkoholfreie Getränke,
Zigaretten, Süßigkeiten und Gebäck zu besorgen, wovon ich einiges bei meiner
Rückkehr gleich in den Laden stellte und die Reserven in den Lagerraum.
    Montags machte ich auch Bestandsaufnahme von den
Weinkisten, die bis in Schulterhöhe im Lagerraum gestapelt waren, und bestellte
telefonisch bei den Importeuren nach. Montags bis fünf wurde das Lager
aufgeräumt, durchgesehen und für die kommende Woche vorbereitet. Montags war
immer Schwerarbeit.
    An diesem speziellen Montagmorgen, überschattet vom
dumpfen Gefühl des Danach, ging ich müde daran, Gordon’s Gin in
säuberlichen grünen Reihen anzuordnen und Liebfrauenmilch in ihr Gestell
zu legen; ich wischte den Teacher’s ab, zählte den Bell’s, stellte
fest, daß wir keinen Moulin à Vent mehr hatten. All das automatisch, im
Geist noch immer bei den Hawthorns. Wie ging es Jack, wie Jimmy, und wann
konnte ich anrufen, um es zu erfahren?
    Als ich seinerzeit mit dem Geschäft anfing, hatte
ich Emma gerade kennengelernt, und wir hatten es gemeinsam mit einer Unternehmungslust
geführt, die uns nie ganz verlorenging. Jetzt hatte ich prosaischere Hilfe in
Gestalt einer Mrs. Palissey und auch ihres Neffen Brian, der über durchaus
willige Muskelkraft verfügte, aber nicht lesen konnte.
    Mrs. Palissey, deren Herz für alle schlug,
über die sie tratschte, traf pünktlich um halb zehn ein und erzählte mir mit
weit aufgerissenen Augen, sie habe in den Fernseh-Frühnachrichten von dem
Scheich gehört, der bei der Party umkam.
    »Da waren Sie doch auch, Mr. Beach, nicht
wahr?« Sie war erpicht auf blutige Einzelheiten und wartete gespannt. Mit einem
stillen Seufzer befriedigte ich ihre Neugier wenigstens teilweise. Brian, der
sie mit seinen einsachtzig weit überragte, lauschte aufmerksam mit offenem
Mund. Brian tat fast alles mit offenem Mund, ein äußeres Anzeichen innerer
Zurückgebliebenheit. Brian arbeitete für mich, weil seine Tante mich
flehentlich darum gebeten hatte. »Es raubt meiner Schwester den letzten Nerv,
wenn er jeden Tag von früh bis spät im Haus herumgeistert. Hier könnte er
Sachen für mich schleppen, wenn Sie unterwegs sind, und daß er nichts anstellt,
dafür sorge ich schon.«
    Anfangs hatte ich befürchtet, ich hätte die Gefahr
eines Nervenzusammenbruchs lediglich von Mrs. Palisseys Schwester auf mich
übertragen, aber wenn man sich an

Weitere Kostenlose Bücher