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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Leute herausgreifen?«
    »Ja«, sagte ich entschieden. »Sofern ich ihn
innerhalb eines Jahres wiedersähe. Ob danach … weiß ich nicht. Vielleicht.«
    »Und auf einem Foto?«
    »Hm … es käme darauf an.«
    Er nickte unverbindlich und rückte auf seinem
Stuhl.
    »Ich habe Sergeant Ridgers Berichte gelesen. Sie
waren von Anfang an sehr hilfsbereit, Mr. Beach.«
    »Sergeant Ridger hat mir auch erzählt«, sagte ich
freundlich, »wer Sie sind. Ich fragte ihn, ob er Sie kennt, deshalb
erzählte er es. Und wissen Sie, da überrascht es mich, daß Sie beide Male
selbst hergekommen sind.«
    Er lächelte geduldig. »Hin und wieder,
Mr. Beach, mische ich gern noch mal mit. Wenn ich sozusagen wegen einer
Flasche Wein unterwegs bin.«
    Er stand gemächlich auf, schickte sich an zu gehen,
und ich fragte ihn nach dem, was mir seit Dienstag auf der Seele lag.
    »War Zarac … der Weinkellner … schon tot …?«
    Ich brach mitten im Satz ab, und er führte ihn für
mich zu Ende. »Schon tot, bevor der Gips angelegt wurde? Da Sie mich fragen,
Mr. Beach – nein, war er nicht. Zarac ist erstickt.«
    »Ach«, sagte ich dumpf.
    »Es kann sein«, sagte Wilson nüchtern, »daß er
vorher bewußtlos geschlagen wurde. Vielleicht finden Sie diese Vorstellung
erträglicher.«
    »Trifft sie zu?«
    »Das kann ich nicht beantworten, ehe der Pathologe
gesprochen hat.«
    Eine gewisse Kälte, sah ich, lag hinter dem
anspruchslosen Gesicht. Er war lange Zeit da draußen im Unterholz gewesen, und
es fiel ihm leicht, allerhand Greuel für möglich zu halten.
    »Ich glaube nicht«, sagte ich, »daß Ihr Beruf mir
gefallen würde.«
    »Ihrer dagegen, Mr. Beach«, wieder wanderte
sein Blick über die Flaschen hin, »Ihrer würde mir sehr gut gefallen.«
    Er gab mir das leise Lächeln und den beiläufigen
Händedruck und ging seines Weges; und ich dachte an Leute, die rundum den Kopf
eines lebenden Menschen verbanden und anschließend den Verband mit Wasser
durchtränkten, damit er zu Stein wurde.

8
     
    Flora schickte Gerard McGregor bei mir vorbei;
jedenfalls sagte er das am Freitag abend, als er in den Laden kam.
    Er sah genauso aus wie am Sonntag bei dem Tunnelschlagen,
als er Klapptische unter der Zeltbahn durchgezerrt hatte, um Schutzdächer zu
errichten. Groß, in den Fünfzigern, langsam grau werdend. Äußerst kultiviert,
mit erfahrenen Augen. Gerard mit einem weichen »J«.
    Wieder gaben wir uns lächelnd die Hand.
    »Meine Frau und ich haben Flora gestern abend zum
Dinner mit nach Hause genommen«, sagte er. »Wir bestanden darauf. Sie meinte,
es sei hauptsächlich Ihnen zu verdanken, daß sie sich schon besser fühlt.«
    »Ach was«, sagte ich.
    »Sie sprach stundenlang von Ihnen.«
    »Grenzenlos langweilig. Das geht doch gar nicht.«
    »Sie wissen ja, wie Flora redet.« Seine Stimme war
herzlich.
    »Wir haben alles über Sie und über Larry Trent und
die Vorgänge im Silver Moondance zu hören bekommen.«
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Aber wieso denn? Faszinierende Geschichten.«
    Nicht für Zarac, dachte ich.
    Gerard McGregor schaute sich interessiert um.
    »Wir leben gar nicht so weit von Flora«, sagte er.
»Fünf Meilen ungefähr, aber wir kaufen in der entgegengesetzten Richtung ein,
nicht hier in der Stadt. Ich war noch nie hier.« Er ging an den Weinregalen
entlang und betrachtete die Etiketten.
    »Nach dem, was Flora über Ihre Umsätze gesagt hat,
habe ich mir Ihren Laden irgendwie größer vorgestellt.« Seine entfernt schottische
Stimme war ohne Kränkung, lediglich interessiert.
    »Größer braucht er nicht zu sein«, erklärte ich.
»Weite, helle Räumlichkeiten schrecken die echten Weinliebhaber sogar eher noch
ab. Für meine Begriffe ist das hier gerade richtig. Es ist Platz genug, um
Proben von allem zu zeigen, was ich normalerweise verkaufe. Von vielem habe ich
höchstens ein Dutzend hier draußen. Der Rest ist im Lager. Und alles wandert
ziemlich schnell rein und raus.«
    Der Laden selbst maß etwa 25 mal 13 Fuß, oder 8 mal
4, wenn man in Metern rechnete. Eine ganze Längsseite wurde ausgefüllt von
Weingestellen, in senkrechten Kolonnen, wobei jedes Gestell zwölf Flaschen
(eine Kiste) aufnehmen konnte und die oberste Flasche zur Ansicht jeweils
schräg lag. Gegenüber den Weingestellen befand sich die Theke und hinter ihr
das Regal für Schnäpse und Liköre.
    Weitere Weingestelle nahmen die hintere Wand ein,
bis auf den Durchgang zum Büro und zum Lagerraum, und vor jedem anderen
Zentimeter Wand

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