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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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abschätzend.
»Sie sind so jung, Sie könnten echt mein Sohn sein.«
    »So ungefähr.«
    »Und möchten Sie was über diese verflixten Weine
hören oder nicht?«
    »Doch, gern.«
    »Ich hätte das nicht diesem Sergeant von der
Polizei erzählt. Die Genugtuung wollte ich ihm nicht geben. Aufgeblähter
kleiner Spielverderber.«
    Ich sagte unverbindlich: »Mm.«
    »Es stimmt, ich hab’ das Zeug gekauft«, sagte sie.
»Aber ich habe es verdammt schnell zurückgegeben.«
    Ich atmete tief ein, bemühte mich, sie durch nichts
abzulenken.
    »Der Bell’s ging mir aus«, sagte sie. »Also
rief ich in der Kneipe gegenüber an, um mir welchen zu borgen. Da ist nichts
Sonderbares dran, wir helfen uns immer gegenseitig aus. Er bringt mir also eine
ganze ungeöffnete Pappkiste rüber und sagt, die käme von einem neuen
Zulieferer, der guten Rabatt gibt, besonders auf Wein, was eher mein Metier ist
als seins. Er gab mir eine Telefonnummer und meinte, ich sollte Vernon
verlangen.«
    Ich schaute sie an.
    »Hätte ich besser wissen sollen, was?« sagte sie
vergnügt.
    »Hätte mir denken sollen, daß der ganze Plunder
wohl von einem Lastwagen gefallen war.«
    »Aber Sie riefen an?«
    »So ist es. Sehr gute Weine, knapp unter
Normalpreis. Also sagte ich, gut, schiebt mir von jedem eine Kiste rüber, ich
setze sie auf die Weinkarte und sehe mal, ob sie ankommen.«
    »Und sind sie angekommen?«
    »Klar.« Sie gab mir das Haifischlächeln. »Zeigt mal
wieder, wieviel Ahnung einige von diesen sogenannten Kennern wirklich haben.«
    »Und was dann?«
    »Dann saß eines Tages jemand in meiner Bar, der
Krach schlug und behauptete, er hätte den falschen Whisky gekriegt. Ich hatte
ihm den selber aus einer Bell’s -Flasche eingeschenkt, einer, die von
meinem Nachbarn stammte. Ich habe ihn probiert, aber ich mag das Zeug nicht,
kann den einen nicht vom ändern unterscheiden. Jedenfalls gab ich ihm zur
Besänftigung einen Glenlivet gratis, und als er draußen war, rief ich
schleunigst meinen Nachbarn an, aber der meinte, es wäre ganz bestimmt alles in
Ordnung, Vernon würde für eine große Firma arbeiten.«
    »Welche große Firma?«
    »Wie zum Teufel soll ich das wissen? Ich hab’ nicht
danach gefragt. Aber eins sag’ ich Ihnen, ich wollte kein Risiko eingehen, also
hab’ ich den Rest der Kiste Bell’s in den Spülstein gekippt und es als
Lehrgeld abgeschrieben. Verdammt guter Einfall, denn am nächsten Tag schneiten
mir die Leute vom Eichamt ins Haus, um mit ihren kleinen Meßinstrumenten der
dringenden Beschwerde eines Gastes nachzugehen. Dieser Unmensch hat meinen Glenlivet getrunken und mich trotzdem noch angezeigt.«
    »Und wiedergekommen ist er wohl auch nicht«, sagte
ich lächelnd.
    »Den hätte ich erwürgt.«
    »Wäre er es nicht gewesen, dann jemand anders.«
    »Sie mit Ihrer Rechthaberei. Jedenfalls, danach bat
ich einen Mann, den ich kenne – er kauft für eine Weinkommission –, gleich mal
vorbeizukommen und diese Spitzenweine zu probieren. Und als der mir sagte, es
wäre alles eine Sorte, rief ich diesen verdammten Vernon an, er solle abholen,
was noch davon übrig war, und mir das Geld für die ganze Chose zurückzahlen,
sonst gäbe ich seine Telefonnummer der Polizei durch.«
    »Und was geschah?« fragte ich fasziniert.
    »Derselbe Mann, der mich beliefert hatte, kam mit
meinem Geld vorbei und nahm seine Weine mit, soweit sie nicht schon getrunken
waren. Er behauptete, er wär nicht Vernon, bloß ein Bekannter, aber ich wette,
es war Vernon selbst. Er sagte, Vernon hoffe, ich würde zu meinem Wort stehen,
was die Telefonnummer betrifft, denn sonst würde mir etwas ganz Schlimmes
passieren.« Sie grinste ausgesprochen sorglos. »Ich sagte ihm, wenn Vernon sich
an mir vergriffe, würde ich ihn fressen.«
    Ich lachte. »Und damit war’s erledigt?«
    »Schluß, aus, basta. Bis Sie gestern kamen, um
herumzuschnüffeln.«
    »Tja«, sagte ich. »Haben Sie die Telefonnummer
noch?«
    Ihre Glitzeraugen leuchteten gelb. »Die hab’ ich
noch. Wieviel ist sie ihnen wert? Einen Karton Krug? Kiste Pol Roger?
Dom Pérignon? «
    Ich
überlegte. »Kasten Bell’s? « schlug ich vor.
    »Abgemacht.« Sie nahm ohne Umstände ein Stück
Papier aus ihrer Handtasche und gab es mir.
    »Wenn Sie ihn schleppen«, sagte ich.
    Sie blickte auf die Schlinge, die ich noch trug.
»Am Arm verletzt?«
    »Schrotkugeln … An Ihrer Stelle würde ich
niemand sagen, daß Sie bei mir waren. Man hat wegen dieses Weins auf mich
geschossen. Vernon wäre

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