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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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hatte.
    Gerards praller Umschlag enthielt einen
erläuternden Brief und etwa fünfzig Bogen Schreibmaschinenpapier. In der Mitte
jedes Bogens befand sich die Kopie einer Seite aus dem Notizbuch, und von jedem
Eintrag in dem Notizbuch führte ein feiner Geradstrich zu einer Erklärung am
Rand.
    Gerards Brief war maschinegeschrieben:
     
    Tony,
die Auskünfte wurden alle telefonisch, nicht persönlich eingeholt. Offene
Antworten erhielten wir von Kenneth Charter selbst, auch von seiner Frau sowie
der Tochter und dem älteren Sohn, obgleich wir bei ihnen – wie bei seinem
Bekanntenkreis und Geschäften – mit den Fragen vorsichtig sein mußten, da
Kenneth Charter uns untersagt hat, Kenneth junior in einem kriminellen Licht
erscheinen zu lassen.
     
    Die Bogen sind in der Reihenfolge numeriert, wie die Seiten
im Notizbuch auftreten. Kenneth Charter datiert die erste Seite auf Anfang
August, da sie Bezug auf Mrs. Charters Geburtstag am 8. August nimmt. Man
dürfte annehmen, daß die Einträge fortlaufend danach geschrieben wurden, aber
sicher ist das nicht, und es gibt, wie Sie sehen werden, keine anderen
konkreten Daten.
    Bitte
notieren Sie sofort alle Gedanken, die Ihnen beim Lesen in den Sinn kommen. Stellen
Sie derartige Gedanken nicht zurück, da sie sich leicht verflüchtigen.
    G
     
    Ich wandte mich der ersten Seite aus dem
Notizbuch zu und stellte fest, daß der allererste Eintrag lautete:
    Karte kaufen für Mums Geburtstag nächste Woche.
    Ein feiner Geradstrich führte zu der Randnotiz: 8.
August.
    Kenneth Juniors Handschrift neigte dazu, im selben
Wort spitzwinklig nach links und rechts auszuschlagen, war sonst aber deutlich
in der Form und leicht zu lesen. Der Kommentator von Deglet hatte sich einer
sauberen, feinen schwarzen Schrift bedient, völlig verschieden, aber ebenso
lesbar. Ich konnte mich kaum beklagen, daß Gerard mir eine technisch schwierige
Aufgabe gestellt hätte.
    Der zweite Eintrag auf der ersten Seite lautete:
    Zu D. N. wegen Ks.
    Die Randnotiz hieß: D.N. gleich David Naylor,
Kenneth Juniors einziger enger Freund. Das Kürzel Ks. dürfte für Kriegsspiele
stehen, da sie David Naylors Hobby sind.
    Auf der ersten Seite stand außerdem:
    Hosen aus der Reinigung
    Dad um Geld bitten
    B. T. sagen, soll sich verpissen.
    Der Strich vom letzten Eintrag führte zu: B. T.
ist wahrscheinlich Betty Townsend, ein Mädchen, mit dem Kenneth junior ging.
Mrs. Charter sagte, sie war nett, aber anhänglich.
    Arme Betty Townsend.
    Ich blätterte auf Seite 2 und fand eine Liste von
Telefonnummern, jede mit einer Identifizierung am Rand und dazugehöriger
Adresse.
    Odeon Lichtspiele (am Ort)
    Diamond Billardclub (am Ort)
    David Naylor (Freund. Erwerbslos)
    Clipjoint (Friseursalon am Ort)
    Lisa Smithson (Gelegenheitsfreundin. Erwerbslos)
    Ronald Haleby (Bekannter. Arbeitet als
Türsteher in Disco am Ort).
    Die meisten folgenden Seiten enthielten
Eintragungen, die nur anhand der Telefonnummern verständlich waren, und
sprachen beredt von einem ziellos dahintreibenden Leben. Kenneth Juniors Listen
waren fast schon ein Tagebuch, da sie Offenbarungen einschlossen wie » Sniffen
mit R. H., Sonntag, Zaster mitnehmen «und » Abtreibungsnummer
besorgen für L. S. « ; zum größten Teil hielten sie sich aber
doch auf dem alltäglichen Niveau von » Mum soll Zahnbürste kaufen « , » Billardmatch
im Diamond «und » Stecker am Stereo reparieren. «
    Eine spätere Seite lautete:
    Haarschnitt
    Halifax-Besuch
    Panzer kaufen für Ks., D.N. anrufen
    Schlüssel von N. T. holen für Duplikate
    Treffen mit R. H. im Diamond
    Abtreibung für L.S. bezahlen.
    Deglets Erläuterungen waren:
    1 Clipjoint sagt, Kenneth junior kam etwa alle zehn Tage
wegen Shampoo und zum Frisieren. Er kaufte teure Waren und gab reichlich
Trinkgeld.
    2 Es ist höchst unwahrscheinlich, daß Kenneth junior in der
Stadt Halifax war. Mit dem Hinweis wird die Halifax Bausparkasse gemeint sein,
wenn auch seine Eltern nicht wissen, ob er dort ein Konto hatte. Kenneth
Charter meint, sein Sohn habe, abgesehen von Arbeitslosenunterstützung, kein
Geld gehabt außer dem, was er ihm selber gab, aber das kann nicht stimmen, da
Charter ihm nicht genügend Zulagen gegeben hat für Kokain und Abtreibungen.
    3 Panzer muß Minipanzer für Kriegsspiele sein.
    4 Nicht ermittelt.
    Ich blickte eine Weile stirnrunzelnd auf die
Buchstaben N.T., wurde aber auch nicht klüger daraus als Deglet. Wofür brauchte
man Schlüssel? Haus, Auto, Koffer, Schrank, Schublade,

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