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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Telefonnummer erzählen sollen, aber
ich tat es nicht. Dabei fand ich es schon seltsam, daß ich eher zu Gerard hielt
als zur Polizei. Offenbar hatte er mich ziemlich angesteckt mit seiner
Auffassung, daß die Interessen der zahlenden Kundschaft an erster Stelle kämen
und das öffentliche Recht erst an zweiter.
    Halb im Scherz fragte ich Ridger jedoch, an wen ich
mich wenden solle, falls ich auf den verdächtigen Scotch stieß, wenn er nicht
dabei war. Er antwortete ernsthaft, nach reichlicher Überlegung, dann sollte
ich am besten wohl sofort Hauptkommissar Wilson unterrichten. Er selbst müsse
mit einem großen Teil der Bezirkspolizei in den Norden, um zur Abwechslung bei
einer häßlichen Streiksache Hilfe zu leisten, und er wisse nicht, wer ihn in
seiner Abwesenheit vertrete.
    »Wie erreiche ich denn den Hauptkommissar?« fragte
ich.
    Er bat mich, einen Augenblick zu warten, und
meldete sich wieder mit der Durchwahl für die Zarac-Kommission. Tag und Nacht
zu erreichen. Dringlichkeitsstufe.
    »Fallt der Silver-Moondance-Scotch auch
darunter?«
    »Selbstverständlich«, meinte er. »Alles fällt darunter.«
    »Okay, Sergeant. Bis Mittwoch.«
    Er sagte, hoffen wir’s und auf Wiedersehen.
    Erleichtert, daß mir das Trinken erspart blieb,
verkaufte ich eine Menge Wein an eine Flut von Kunden, während
Mrs. Palissey geschäftig strahlte und Brian die Lasten hinaus zu den Autos
trug, und es hatte den Anschein, als würde es mal wieder ein normaler Tag, bis
um elf Tina McGregor anrief.
    »Gerard ist ins Büro gefahren«, sagte sie. »Ich
wünschte, er würde das samstags nicht tun, und besonders jetzt, wo ihm der
letzte Sonntag noch nachhängt, aber es ist, als ob man sich mit einem Bagger
streitet … Jedenfalls bat er mich, Ihnen mitzuteilen, daß die Nummer, die
Sie ihm gestern genannt haben, aufgespürt worden ist und daß sie nicht allzu
vielversprechend aussieht. Es ist die Nummer der Großlieferanten von der
Martineau-Rennbahn. Er sagt, wenn Sie Lust hätten, dahin zu fahren, könnten Sie
mal nachfragen, ob Vernon – ist das richtig? – noch bei ihnen arbeitet. Er
sagt, falls Sie Vernon selbst antreffen, überläßt er es Ihnen, ob Sie ihn
fragen, woher er den Scotch und die Weine hat. Ist das richtig so?«
    »Ja, sehr gut«, sagte ich. »Wie geht’s seiner
Schulter?«
    »Er schweigt sich darüber aus, und er ist unter
Antibiotika.«
    »Sie ist entzündet?« fragte ich bestürzt.
    »Er sagt ja nichts. Ich wünschte, er würde sich
schonen.«
    Sie klang weder besorgt noch ärgerlich, doch Tinas
Empfindungen ließen sich nie an ihrer Stimme ablesen. Ich sagte lahm: »Es tut
mir leid«, und sie erwiderte in demselben ruhigen Ton: »Nicht nötig.« Dann
setzte sie hinzu, ich sollte Gerard später noch zu Hause anrufen, da er
erfahren wollte, wie ich in Martineau Park zurechtgekommen wäre.
    Schon seltsam, sinnierte ich, als ich den Hörer
auflegte, daß ich am Dienstag nachmittag so lange bei den Rennen in Martineau
Park gewesen war, ohne von der Existenz Vernons unter den Gastro-Lieferanten,
die Orkney Swayle so sehr verachtete, auch nur etwas zu ahnen. Das Leben war,
wie Gerard sagte, voller Ironie.
    Mrs. Palissey, die sich auf meine geplante
Abwesenheit mit Ridger eingestellt hatte, nahm meinen ersatzweisen Ausflug nach
Martineau Park auf die leichte Schulter. »Natürlich, Mr. Beach. Gar kein
Problem.«
    Neid und Trotz mochte das vorherrschende
gesellschaftliche Klima sein, doch Mrs. Palissey stand wunderbar darüber.
Mrs. Palissey war eine Wohltäterin, die jeden leben ließ; der Himmel
mochte es ihr lohnen. Ich sagte, ich würde sie später dafür entschädigen, und
sie meinte: »Ja, ja«, als käme es darauf nicht an.
    Ich fuhr nach Martineau Park, ohne zu wissen, ob
überhaupt jemand dort war. Es war kein Renntag. Gedränge gab es bestimmt nicht.
Ich war noch nie an einem rennfreien Tag auf einer Rennbahn gewesen und ahnte
nicht, wieviel Aktivität dort zu erwarten war im Hinblick auf Verwaltungs-,
Wartungs- oder Reinigungspersonal. Die ganze Proviantabteilung war sehr
wahrscheinlich geschlossen. Ich sah kommen, daß ich sofort wieder umkehren
würde. Das Tor zum Mitgliederparkplatz zumindest stand offen, und es war unbewacht.
Ich fuhr durch, über die schlackigen leeren Grasflächen, und stellte den Rover
am Ende einer kurzen Wagenreihe nahe dem Eingang zum Sattelplatz ab. Auch
dieses Tor war offen und unbehütet, während an Renntagen wachsame Funktionäre
die Eintrittskarten der

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