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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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aufschloss. Die Haustür besaß einen Briefschlitz, und auf dem Flur häufte sich die Post. Norma sammelte die Briefe, Werbesendungen und vier Ausgaben des ›Wiesbadener Kuriers‹ von Samstag, Montag, Dienstag und Mittwoch auf und packte den Stapel auf die Kommode neben der Schlafzimmertür. Lutz wandte sich nach rechts in die Küche, um die Lebensmittel im Gefrierschrank zu verstauen.
    Norma kam ihm nach. »Warte, ich helfe dir!«
    Der Gefrierschrank war zum Bersten gefüllt, als überfordere die Zahl der Bestellungen Arthurs Appetit. Norma ruckelte an den Körben, in denen sich die Schachteln verkeilten. »Hier oben passt nichts mehr rein. Nur in der unteren Schublade ist Platz! Was haben wir denn hier?«
    Mit spitzen Fingern hob sie ein längliches Päckchen heraus und legte es auf den Küchentisch. In seinen Umrissen erinnerte es an ein Stofftier, das in eine Plastiktüte eingeschlagen war. Die Folie wurde von einer Schnur zusammengehalten.
    Norma lächelte irritiert. »Versteckt Arthur im Eisgrab seinen Schmuseteddy?«
    Lutz stupste mit den Fingerspitzen gegen den gefrorenen Fund. »Was machst du?«
    Norma hielt eine Schere in der Hand und kappte die Schnur. Knisternd öffnete sich die Folie unter ihren Händen.
     

11
    Donnerstag, der 24. August
     
    Am Morgen darauf bemühte sie sich, die Spuren einer schlaflosen Nacht aus dem Gesicht zu waschen, und ging ins Wohnzimmer hinüber. Entschlossen rückte sie den Couchtisch beiseite und breitete die Yogamatte auf dem Teppich aus. Die erste Übung hatte sie vorab im Bett ausprobiert und versuchte sie nun aufs Neue: die Totenposition, in der man sich flach auf dem Rücken legte und zunächst nichts weiter zu tun hatte als zu atmen. Klang einfach und entwickelte sich auch jetzt angenehm, doch kurz darauf schlichen sich erste Zweifel ein. Atmete sie überhaupt richtig? Musste die Luft mehr in den Bauch fließen? Oder stärker in die Brust? Die Frage machte sie kribbelig, und dabei erhoffte sie sich eigentlich Entspannung. Sie rollte herum, um im Buch nachzuschlagen, als das Telefon sie in die Küche befahl. Ilka Schuhmann, die Freundin einer früheren Kollegin, die Norma von Kino- und Theaterbesuchen flüchtig kannte, suchte eine Hilfe für Recherchen im Internet. Sie wollte ihren Versandhandel für exklusive Haushaltswaren erweitern und brauchte Informationen über die Angebote der Konkurrenz und einiges mehr. Ob Norma jemanden wisse, der diesen Auftrag übernehmen könne? Oder wolle sie unter Umständen sogar selbst …?
    »Wie lange wird das dauern?«, erkundigte sich Norma.
    Eine Woche Schreibtischarbeit, schätzte Ilka Schuhmann. Es sei ihr sehr recht, wenn Norma sich persönlich darum kümmern würde. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass einer Privatdetektivin eine Schreibtischfahndung nicht zu anspruchslos erscheine, fügte sie vorsichtig hinzu. Und außerdem würde es ein wenig eilen. Die junge Frau, die diese Aufgabe erledigen sollte, habe von einem Tag auf den anderen gekündigt.
    Norma ließ fünf Sekunden verstreichen, als müsste sie abwägen, ob der straffe Terminkalender diesen Einsatz zuließe. »Bis wann brauchst du die Ergebnisse?«
    Zum Ende der kommenden Woche sei ausreichend, versicherte Ilka Schuhmann. Norma zierte sich ein wenig, bis Ilka Schuhmann die Bezahlung um 10 Prozent aufstockte, und sagte zu, den Auftrag bis zum Mittag schriftlich zu bestätigen. Ilka wollte die nötigen Unterlagen umgehend per E-Mail zuschicken. Zufrieden beendete Norma das Gespräch. Damit waren wenigstens die finanziellen Sorgen gedämpft. Mit dem Honorar plus der Summe, die sie bei Bruno verdient hatte, ließen sich die ausstehenden Rechnungen bezahlen und dazu eine Monatsmiete im Voraus. Norma musste nicht auf Lutz’ wiederholtes Angebot eingehen und sich die Suche nach Arthur bezahlen lassen. Arthurs Untertauchen war eine Angelegenheit, die in erster Linie sie selbst betraf. Ein Auftrag in eigener Sache sozusagen. Seit gestern Nachmittag mehr denn je. Der Besuch in Arthurs Wohnung hatte ihr einiges zum Nachdenken beschert. Und die schlaflose Nacht dazu.
    So gab ihr der Fund im Gefrierfach Rätsel auf. Was hatte Arthur mit Dianes wuselndem Anhängsel zu schaffen? Mal angenommen, es war ihm versehentlich unter die Räder gekommen, und er hatte es, von Diane unbemerkt, im Eisfach verschwinden lassen. Böse Menschen könnten eine solche Gelegenheit dazu nutzen, der Besitzerin eine Entführung vorzugaukeln und Geld für die Herausgabe des Lieblings zu

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