Weinstrassenmarathon
die ganze Vorgeschichte, danach werde ich sehen, ob es eine Vergnügungsreise war oder nicht.«
Röder hatte keine Wahl und war irgendwie erleichtert, dass er die Geschichte und seine Sicht der Dinge jemandem mitteilen konnte. Er lieà nichts aus, schilderte den Marathon, den Grund für die Reise nach München, die Besuche bei Demlmaier und die Playmate-Vorstellung. Keller stellte noch einige Fragen, machte sich Notizen. Dann fragte er: »Sie haben sich also nach der Party von Ihrem Freund Hellinger getrennt?« Röder bestätigte das. Keller nickte. »Wir überprüfen gerade sein Alibi. Die Stewardess ist heute nach Warschau geflogen, aber sie müsste dort bald zu erreichen sein.«
»Alibi, warum braucht Achim ein Alibi?«
Keller ging auf die Frage nicht ein. »Wo waren Sie zwischen ein und ein Uhr dreiÃig heute Morgen?«
»Wozu brauche ich denn jetzt ein Alibi?«
»Beantworten Sie nur meine Frage.«
»Ich war im Hotel, ich habe geschlafen.«
»Kann das jemand bezeugen? Vielleicht eine andere Flugbegleiterin?«
»Nein, ich war alleine«, antwortete Röder wütend. »Was soll der Quatsch?«
Keller sah ihn eindringlich an. Nach einer Pause sagte er: »Demlmaier ist zwischen ein Uhr dreiÃig und ein Uhr erschossen worden.«
Röder blieb die Luft weg. »Erschossen?«
»Sagte ich doch. Und Sie haben kein Alibi.«
»Ich brauche kein Alibi«, krächzte Röder.
»Doch, brauchen Sie.«
»Der Taxifahrer, der Portier.«
»Wenn wir den Taxifahrer finden, dann kann er wohl nur bestätigen, dass er Sie ins Hotel gefahren hat.«
»Die Codekarte für das Zimmer. Sie steckte innen, im Hauptschalter. Das sehen die an der Rezeption doch, ob einer im Zimmer ist.«
»Sie könnten die Karte stecken lassen und dann den Raum verlassen.«
»Ich warâs nicht!«
Keller sagte nichts dazu.
»Wie ist Demlmaier erschossen worden?«
»Mit einer Schrotflinte.«
»Herr Keller, das liegt doch auf der Hand, dass das dieselben Täter wie bei uns im Hotel waren.«
Keller brummte zustimmend. »Ja, die Spurensicherung hat Teile der Munition gefunden, die den Schluss zulassen, dass es die gleichen Patronen waren. Haben Sie eine Ahnung, warum die Ihren Freund, den Winzer, kaltmachen wollten?«
Röder zuckte mit den Schultern. Darauf wusste er keine schlüssige Antwort. »Vielleicht kamen wir zu einem ungünstigen Zeitpunkt, und sie vermuteten in uns Komplizen von Demlmaier. Eine Spur führt ja in die Pfalz, zu dem Juwelier in Grünstadt. Wurde eigentlich etwas gestohlen?«
»Das können wir nicht mit Bestimmtheit sagen. Durchwühlt war nichts, aber wir wissen von einem Insider, dass Demlmaier seine wertvollsten Stücke im Tresor hatte. Wir suchen noch den Schlüssel dazu. Demlmaier wurde jedenfalls in seinem Büro erschossen, in dem sich auch der Tresor befindet.«
»Was geschieht jetzt?«
»Sie unterschreiben ein Protokoll und verschwinden von hier. Wir melden uns, wenn wir Sie brauchen.«
Im Gang traf Röder auf seinen Freund.
»Lass uns heimfahren. Gib mir die Schlüssel. Ich fahre.« Hellinger nickte. Die Rückfahrt war nicht so unbeschwert wie die Hinfahrt. Es herrschte Schweigen, keine alten Geschichten, keine Achtziger-Jahre-Musik. Hellinger saà versunken auf dem Beifahrersitz. Er stierte geradeaus, und ab und zu zuckte er. Gelegentlich versuchte Röder seinen Freund aufzumuntern. »Hey, jetzt bin ich ja voll um deine Portion WeiÃwürste gekommen. WeiÃt du was? Ich lade dich nächste Woche dazu ein. Was meinst du?« Hellinger sagte nichts, nicht einmal »Igittigitt«. Aber er lächelte schon wieder ein bisschen. Nach einer ereignislosen Fahrt durch den ruhigen Sonntagsverkehr kamen sie gegen zweiundzwanzig Uhr in Bad Dürkheim an. Röder wollte seinen Freund an diesem Abend nicht allein lassen, und er lud ihn ein, zu bleiben.
Manu wunderte sich, dass ihr Mann früher zurückkam als erwartet. Als sie die blassen, betretenen Gesichter der beiden sah, wandelte sich ihre Freude in Sorge. Nachdem Röder die Erlebnisse des Vormittags erzählt hatte, stand das blanke Entsetzen in ihren Augen.
SECHS
Am Montagmorgen ging Röder nicht zur Arbeit. Er meldete sich krank und blieb im Bett. Hellinger hatte sich früh verabschiedet, er wollte irgendetwas in den Weinbergen machen. Röder wusste, dass
Weitere Kostenlose Bücher