Weinstrassenmarathon
der Nähe knatterte das charakteristische Geräusch eines Hubschraubers, und kurz darauf liefen die schwarz uniformierten Männer des Sondereinsatzkommandos über den Platz und sammelten sich an dem kleinen Mannschaftsbus der Bereitschaftspolizei. Sie beratschlagten sich mit dem Hauptkommissar, der bis zu diesem Zeitpunkt die Leitung hatte. Zwei der Männer aus dem Hubschrauber trugen längliche Koffer und verschwanden, begleitet von einigen Streifenbeamten, zuerst.
Röder hatte das Schauspiel fasziniert beobachtet, als ein Polizist erschien, ihn zum Mannschaftsbus bat. Röder berichtete noch mal von den Vorgängen und der Situation im Museum. Seit dem Schuss auf die Vitrine waren etwa eineinhalb Stunden vergangen.
»Okay, ziehen Sie die Beamten und Fahrzeuge zurück. Nur der Bus bleibt als Kommandozentrale in Sichtweite«, ordnete der neue Einsatzleiter an. »Lassen Sie kurz darauf das Fluchtfahrzeug vorfahren.«
Die Polizisten zogen sich zurück. Einzig der Mannschaftsbus und Röders alter Mercedes, der vorn einen Platten hatte, verblieben auf dem Platz. Die schwarzen Männer versteckten sich aufgeteilt in drei Gruppen an strategisch günstigen Stellen. Der Einsatzleiter, der Polizeihauptkommissar, Steiner und Röder befanden sich in der improvisierten Einsatzzentrale und beobachteten die Szene. Ansonsten war der Platz wie leer gefegt. Das Fluchtfahrzeug, ein schwarzer BMW , kam herangefahren.
Die groÃe Glastür öffnete sich, und Anastasia wurde herausgeschoben. Der Anführer kam hinterher, die Waffe auf die junge Frau gerichtet, die Sporttasche auf den Rücken geschnallt. Er blickte sich nach rechts und links um und ging dann langsam die Stufen hinunter. Der zweite Mann kam zum Vorschein, und genau in diesem Moment krachte ein Schuss, der in der Türscheibe ein milchiges Spinnennetz hinterlieÃ, nur wenige Zentimeter von dem Gangster entfernt. Der zweite Mann verlor die Nerven und drückte den Abzug seiner Maschinenpistole voll durch. Die meisten der Kugeln stanzten noch mehr Löcher in Röders Auto, das jetzt, auÃer den Rostbeulen, einige unverwechselbare Merkmale mehr hatte.
»Finaler Rettungsschuss, ich wiederhole: Freigabe für finalen Rettungsschuss.« Es war der Einsatzleiter gewesen, der diese Worte erstaunlich ruhig in sein Funkgerät sprach, und er hatte den Satz noch nicht fertig gesprochen, als die Schüsse krachten.
Der erste Schuss traf den Kopf des Anführers. Anastasia schrie, und das Maschinenpistolenfeuer des zweiten Mannes verstummte abrupt.
Stille senkte sich über den Domplatz. Die gespenstische Szene hielt noch einen Augenblick an, bis von allen Seiten Polizisten und Fahrzeuge herbeiströmten. Anastasia schrie noch immer. Röder war als Erster bei ihr und versuchte, sie in den Arm zu nehmen. Ihr Gesicht und ihr Oberkörper waren voller Blut.
An diesem Karfreitag kam Röder spät nach Hause. Er hatte Manu schon am Telefon über die Geschehnisse informiert, und sie lag nun weinend in seinem Arm.
»Ich mache das nicht mehr mit. Am Sonntag warst du in eine SchieÃerei verwickelt und heute schon wieder. Warum begibst du dich ständig in Gefahr? WeiÃt du, wie viel Angst wir um dich ausstehen müssen?«
Röder schwieg und spürte das Herzklopfen seiner Frau.
Seine Töchter bestaunten derweilen die Einschüsse im Familienauto. Die älteren lieÃen von ihren üblichen Bemerkungen ab, die zu ihrem unterschiedlichen Charakter passten: »Das war ganz klar eine Neunmillimeter.« â »Oh Gott, wenn Papa dringesessen hätte, dann müsste ich für meine Kosmetik arbeiten gehen.« Laura, die Jüngste, steckte ihren Finger in eines der Löcher und schnitt sich prompt am scharfen Grat an der Austrittsseite. Sie fing an zu weinen und blutete schauerlich.
Die Osterfeiertage waren gelaufen. Am Karsamstag kam Sybille vorbei, um Röders Aussage zu Protokoll zu nehmen. Steiner lieà sich nicht blicken, und Lobeck war wahrscheinlich nicht einsatzfähig, also musste das Küken im Team ran. Röders Mutter hatte von alldem nichts mitbekommen, denn sie saà apathisch in ihrem Fernsehsessel, und sie hatten Mühe, sie zum Essen und zum Schlafengehen zu bewegen. Am Sonntag schmiss Röder den Grill an, das Grillgut hatte er am Samstag bei der Metzgerei Tempel am Römerplatz gekauft, nachdem er sich zuerst noch einen Kasten Bier geleistet hatte. Die beiden
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