Weinstrassenmarathon
sei.
Am Donnerstagmorgen verabschiedete er sich wortkarg von Manu. Er fuhr nicht direkt zur Arbeit nach Frankenthal, sondern machte einen Abstecher über Kallstadt. Auf Hellingers Anwesen hatte sich nichts geändert. Das Tor stand offen, der japanische Geländewagen war nicht auf dem Hof. Das Haus schien unbelebt, genauso wie am Vorabend. Röder wollte gerade gehen, als ein alter Audi 100 mit polnischem Kennzeichen neben ihm hielt. Mariusz Serwicki stieg aus. Röder kannte ihn schon eine Weile. Er war etwa im gleichen Alter wie Röder und arbeitete seit Ende letzten Jahres für Hellinger. Sein Fleià und seine unglaublichen handwerklichen Fähigkeiten hatten ihn unverzichtbar gemacht, und er befand sich seit ein paar Wochen in einer Dauerstellung auf dem Gutshof. Mariusz wusste auch nicht, wo sein Chef abgeblieben sein könnte. Er sei hier, um das Weinfest vorzubereiten, aber er habe nicht alle Schlüssel. Den Schlüssel zu den Weinlagern besitze nur der Chef, und wie, bitte schön, solle man ein Weinfest ohne Wein vorbereiten? Mariusz war sich aber sicher, dass Hellinger bald auftauchen würde. Er versprach, sich zu melden, wenn er etwas von Hellinger erfahren sollte.
Schweren Herzens fuhr Röder zur Arbeit und schob wie schon in den vergangenen Wochen lustlos Akten von einer auf die andere Seite seines Schreibtisches. Er überlegte lange, ob er die Nummer wählen sollte. SchlieÃlich fasste er sich ein Herz und rief sie an. Sie nahm ab, und er hörte nur ein apathisches: »Ja?«
»Anastasia? Bist duâs?« Röder ging automatisch zum Du über, nach allem, was sie gemeinsam durchgemacht hatten. »Hier ist Ben.«
»Ja, was gibtâs?«
»Wie gehtâs dir?«
»Schlecht, total beschissen. Ich bin krankgeschrieben und habe mich die ganze Woche nicht vor die Tür getraut. Ich fange grundlos an zu weinen, ohne dass ich mich kontrollieren kann. Manchmal überkommt mich kalter SchweiÃ, und ich zittere.« Sie sprach langsam, als ob sie unter Beruhigungsmitteln stünde.
»Kann ich was für dich tun?«
»Danke, aber ich glaube, nicht.« Sie machte eine Pause. »Mir hätte es genauso gehen können wie Udo.«
»Udo?«
»Ja, Udo. Ich dachte, du rufst mich deswegen an. Udo hat auch gegen die Raubgräber ermittelt, und jetzt ist er tot.«
»Davon weià ich nichts.«
»Kollegen haben mich vorhin angerufen und es mir mitgeteilt.« Ihre Stimme versagte fast.
»Was ist passiert?«
»Udo hat einen Undercover-Kauf eingefädelt und ist dabei erschossen worden.«
»In München?«
»Quatsch, hier, in Ludwigshafen!«
Es fuhr Röder durch Mark und Bein. »Erzähl mir, was genau vorgefallen ist.«
»Ich weià nicht viel. Aber man hat ihn heute Morgen erschossen in einer Wohnung in Ludwigshafen aufgefunden.«
»Gibt es Zeugen?«
»Nein, der Wohnblock hat nicht den besten Ruf. Die wundern sich nicht über seltsame Geräusche in der Nacht. Eine Nachbarin hat die Polizei gerufen, weil ihr Balkon voll mit ekligen Spinnen war, die offensichtlich aus der Nachbarwohnung krochen. Sie hat die Polizei gerufen, die schlieÃlich die Tür aufbrechen lieÃ, weil keiner antwortete. Die Beamten haben schnell wieder zugemacht, denn in der Bude wimmelte es nur so von den Spinnentieren. Einer der Beamten wurde sogar so gebissen, dass seine Hand dermaÃen anschwoll, dass er behandelt werden musste. Später ist dann irgendein ABC -Trupp von der Feuerwehr mit Schutzanzügen rein, und die haben Udo gefunden, mit einem Loch im Kopf und von krabbelnden Spinnen übersät.«
Röder überkam eine Gänsehaut. »Weià man schon was über die Hintergründe?«
»Das ist alles, die Spurensicherung ist noch zugange, weil zuerst der Kammerjäger ranmusste.«
»Wie kam Udo in die Wohnung? Wohnt da jemand, der in Verbindung mit den Raubgräbern steht?«
»Keine Ahnung. Die Kollegen tappen völlig im Dunkeln.«
»Kann das was mit unserem Fall zu tun haben?«
»Was für einem Fall?«
»Die brasilianische Bande, die das Museum in Speyer ausrauben wollte.«
»Ben, der Fall ist gelöst, den Flüchtigen werden wir schon noch finden.« Ihr ging das Du ebenfalls leicht über die Lippen.
»Hellinger ist verschwunden«, wechselte er das Thema.
»Der wird irgendwo rumhuren und sich besaufen«, gab sie grob
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