Weinstrassenmarathon
an. Ich fühle mich zu müde.«
»Er meinte, du sollst es heute noch tun.«
Manu schüttelte diskret den Kopf, Marie-Claire verstand. Gemeinsam bugsierten sie Röder ins Bett, was kein leichtes Unterfangen war.
Röder schnarchte schon vor sich hin, als Manu ihn noch mal weckte und ihm den Telefonhörer hinstreckte. »Achim will dich dringend sprechen.«
»Achim, bischd duâs?«, lallte Röder. Vom anderen Ende der Leitung kam nur ein Schnaufen. »Saach doch was.«
»Ben, Ben, horsch emol.« Hellinger lallte genauso wie Röder und ebenso auf Pfälzisch. »Isch hab XY geguckt, do hawen se vun Speyer berischded.«
»Isch weeÃ. Un weider?« Am anderen Ende war es wieder still.
»Isch habâs hald geguckt.«
»Unn desdeweâe rufschd du misch o?«
»Ach, vergess es. Geht derâs gut?«
»A jo, âs geht mer gut.«
»Dann is jo gut. Schloof gut.« Hellinger legte scheppernd auf.
»Was warân des jetztert?«, fragte Röder halb sich selbst, halb Manu, die immer noch neben ihm stand.
»Du solltest deinen Rausch ausschlafen«, meinte sie.
»Is jo gut!«, sagte er und rollte sich in seine Bettdecke.
*Â *Â *
Der nächste Morgen war furchtbar. Röder meinte, mit seinem Kopf die ganze Duschkabine auszufüllen, und brachte mit der langen Besetzung der Dusche den ganzen kosmetischen Morgenprozess seiner Mädchen durcheinander. Nach der zweiten Tasse Kaffee gab er dem massiven Drängen seiner ältesten Tochter nach und rief Raphael auf seinem Handy an. Die Wirkung der Handvoll Aspirin setzte glücklicherweise ein.
Röder konnte sich noch nicht einmal melden, als Raphael loslegte: »Herr Röder, sind Sieâs?« Röder bestätigte mit einem Grunzen, und Raphael fuhr aufgeregt fort: »Können Sie frei und ungestört sprechen?«
»Nun sagen Sie schon, was los ist.«
»Es geht um eine gemeinsame Bekannte.«
Röder atmete auf. Raphael wollte ihm also nicht mitteilen, dass er Opa werden würde. Diese Nachricht hätte seine Kopfschmerzen sicherlich wieder verstärkt.
»Was kann ich für sie tun?«
»Maria stammt aus Montenegro.«
»Schön für Maria.«
»Sie wissen nicht, von wem ich spreche?«
»Sollte ich?«
»Ich spreche von Maria Vargas beziehungsweise Maria Hoffmann.«
»Ich dachte, Maria Hoffmann stammt aus Brasilien?«
»Tut sie auch. Ich meine Montenegro in Brasilien. Das ist eine Stadt im Süden, im Bundesstaat Rio Grande do Sul.«
»Woher kennen Sie Maria Hoffmann?«
»Meine Eltern leiten den hiesigen brasilianischen Heimatverein. Da kommt sie gelegentlich vorbei.«
»Okay, und was ist mit ihr?«
»Ich weià nicht, ob es wichtig ist, aber es geht um ihren Bruder, der in Speyer erschossen wurde. Im Verein gibt es zurzeit nur ein Thema.«
»SchieÃen Sie los.«
»Also, es ist so. José ist nur ein Halbruder von ihr. Sie hatten denselben Vater. José ist ein paar Jahre älter als sie und wurde nach dem Tod seiner Mutter, der ersten Frau von Marias Vater, heftig aus der Bahn geschmissen. Das heiÃt, er war schon immer das schwarze Schaf in der Familie. Sein Vater hat ihn aus dem Haus geschmissen, als er siebzehn war, weil er Maria genötigt hatte.«
»Wie meinen sie das, genötigt?«
»Sexuell genötigt, vergewaltigt, mit zwölf!«
Röder pfiff durch die Zähne. Und den Typ wollte Maria vor sich selbst schützen? Ihn vor einer groÃen Dummheit bewahren? Röder konnte es nicht glauben, aber vielleicht war Maria ihm hörig gewesen. Oder hatte sie ihn absichtlich ans Messer geliefert?
»Das ist interessant. Gibtâs sonst noch was?«
»Nein, das warâs. Ich dachte nur, ich muss ihnen das mitteilen.«
»Das haben Sie gut gemacht. Warum haben Sie das Marie-Claire nicht gesagt?«
»Ich will nicht, dass sie schlecht über meine Landsleute denkt.«
»Ach was, reden Sie mit ihr. Brasilien ist groÃ. Für Ihre Landsleute können Sie doch nichts.«
Raphael war erleichtert. »Wenn Sie meinen, dann werde ich das tun.«
»Raphael?«
»Ja, Herr Röder?«
»Du kannst mich Ben nennen.«
Trotz dicker Birne fing der Tag für Röder gut an. Er hatte den ersten ernsthaften Anwärter auf den Posten seines Schwiegersohns an diesem Morgen fröhlich gemacht.
Den ganzen Tag über
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