Weinstrassenmarathon
kann a nichtern passiere. Mir henn frieher a immer ebbes uff de Kerb gedrungke«, milderte ihr Mann ab.
Röder musste an seine ersten Erfahrungen mit Alkohol denken. Nein, ein Waisenknabe war er auch nicht gewesen, auch weil er schon immer einen Winzer zum Freund hatte. Wo steckte Hellinger nur? Die beiden Alten waren sympathisch, echte Vorderpfälzer Originale. Röder prostete ihnen zu, aber er hatte keinen Nerv, mit den beiden zu plaudern. Auf einem Pfälzer Weinfest unterhielt man sich sonst immer mit irgendwelchen Zufallsbekanntschaften.
Marie-Claire und Raphael tauchten wenig später auf. Sie staunten nicht schlecht, als sie Röder in Begleitung einer so jungen Frau sahen. Marie-Claire war offensichtlich schockiert. Sie brauchte eine Weile, um zu verstehen, dass hier nicht ihre neue Stiefmutter saÃ. Raphael hingegen war reichlich angetan von Anastasia.
»Woher kenne ich Sie nur?«, fragte er mehr als einmal.
Röder zeigte ihm die Telefonnummer, die er von Hellingers Handy hatte.
»Das ist eine brasilianische Nummer. Das ist die Vorwahl von einem groÃen Mobilfunkanbieter in meiner Heimat. Kein Wunder, dass ich diese Nummer im Internet nicht gefunden habe. Wir haben nur die deutschen Datenbanken durchsucht.« Er zog ein modernes Handy aus der Tasche und fing an zu tippen.
»Was machst du da?«, fragte Röder.
»Habe ich dir doch gesagt. Ich schicke Maria einen Trojaner. Vielleicht kriegen wir Hinweise auf den dritten Mann. Das wollten wir doch, oder?«
Anastasia schaltete sich ein. »Moment mal, was wollen Sie tun?«
Raphael erklärte es ihr, sie schüttelte den Kopf. »Es wäre doch einfacher, sie anzurufen und sie um Mithilfe zu bitten.«
»Sie ist doch verschwunden.«
»Wir hatten doch die ganze Zeit die Nummer nicht. Vielleicht meldet sie sich.«
Raphael schaute ratlos in die Runde. »Schade, ich hätte das gerne mal für eine ernste Sache ausprobiert.«
Röder mischte sich ein. »So wie ich dich verstanden habe, bemerkt sie den Trojaner gar nicht.«
»Nicht, wenn sie nicht gerade auf ihr Handy guckt. Ich schicke ein Datenpaket, das einen System-Update vorgaukelt, das geht im Verborgenen.«
»Ich finde, wir sollten es riskieren, wenn ihr Handy überhaupt reagiert. Wir wissen nicht, was mit ihr ist. Vielleicht ist sie von dem dritten Mann gekidnappt worden. Wenn er das Telefonat bemerkt, dann kommt sie vielleicht in Schwierigkeiten.«
Niemand nickte, aber alle konnten Röders Bedenken nachvollziehen. Auch Erna hatte mitgehört, ihr Mann putzte gerade sein Hörgerät. Er war grantig, dass er so wenig verstand.
»Der junge Monn weeà bestimmt, was er macht. Gebbe Sie der Juchend a emol e Schongs.«
Röder stand auf, verabschiedete sich und winkte den Alten zu. »Wir müssen irgendwohin, wo wir ungestört sind«, sagte er und schob sie alle auf die StraÃe.
Sein Handy klingelte, Manu war dran. Felicitas war noch nicht aufgetaucht und seit einer Dreiviertelstunde überfällig. Sie meldete sich auch auf ihrem Handy nicht. Röder beruhigte Manu, teilte ihr mit, dass Marie-Claire und Raphael bei ihm seien und sie zusammen Felicitas suchen würden.
»Wir gehen zu Achim, schlagen dort unser Lager auf. Da haben wir unsere Ruhe und bekommen mit, wenn Hellinger auftaucht.«
Alle vier waren einverstanden und marschierten los. Nach wenigen Minuten erreichten sie das Weingut und gingen um das Haus herum. An der Rückseite stiegen sie die steinerne Treppe in die Weinberge hoch. Da das Gartentor verschlossen war, balancierten sie auf der fünf Meter hohen Mauer entlang, bis sie an die Hauswand kamen und an den alten Steinen, die aus der Wand herausragten, Halt fanden und den hohen schmiedeeisernen Zaun übersteigen konnten. Hier waren Röder und Hellinger schon als kleine Buben eingestiegen, wenn es gute Gründe gab, das Kommen und Gehen zu verschleiern. Sie gingen über die Terrasse in den Hof, der dank des fleiÃigen Polen für das Weinfest vorbereitet war.
»Ihr beide bleibt hier«, Röder zeigte auf das Paar, »und richtet den Trojaner ein. Anastasia hilft mir, Feli zu finden.«
»Ich weià doch gar nicht, wie deine Tochter aussieht.«
»Da ist was dran. Marie, du musst mit. Anastasia bleibt bei Raphael.«
Diesmal nahmen sie nicht den Weg über die Weinberge. Von innen lieà sich das Hoftor leicht öffnen, wenn man den altmodischen
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