Weinstrassenmarathon
flüssigen Schätze aufbewahrte und ihn sonst nur für die Lagerung seiner Barrique-Weine verwendete. Weine der normalen Qualitäten produzierte und lagerte er in der modernen Halle an der Ostseite des alten Gutshofes.
»Du bist dir sicher, dass die Tür nicht schon gestern aufgebrochen war?«
»Ganz sicher. Ich habe heute Mittag noch mal nachgeschaut, ob der Chef wieder da ist, wegen dem Weinfest und so, und da war alles in Ordnung.« Mariusz führte Röder zu der eichenen Tür, die mit einem altmodischen Kastenschloss gesichert war. Der schmiedeeiserne Bügel war offensichtlich mit einem Stück Baustahl, das auf der ersten Kellerstufe lag, aus der Füllung gerissen worden. »Wir müssen die Polizei rufen«, fügte Mariusz hinzu.
»Mach mal bitte langsam. Achim, dein Chef, steckt möglicherweise in Schwierigkeiten. Vielleicht war er hier.«
»Der hat doch einen Schlüssel.«
Sie gingen ratlos zu der Partybankgarnitur zurück, wo Raphael, sein Bruder, Marie-Claire und Anastasia beschäftigt waren.
»Feli, Marie-Claire, ihr müsst nach Hause, es ist schon bald halb zwölf.«
»Och Papa!«, entfuhr es seinen Töchtern gleichzeitig. »Wir können dir doch helfen!«
»Nichts da. Mama macht sich die gröÃten Sorgen. Ich bringe euch heim.«
»Ich kann das machen«, schlug Raphael schnell vor.
»Du?«
»Ja, warum nicht? Du gibst mir die Schlüssel, ich bringe sie heim. Ich habe keinen Tropfen Alkohol getrunken.«
»Ich wusste gar nicht, dass du Auto fährst.«
»Ich habe seit über einem halben Jahr den Führerschein, nur ein eigenes Auto habe ich nicht. Ich bin in der zwölften Klasse«, fügte er fast beleidigt hinzu. »Mein Papa fährt einen Mercedes, einen neuen. Den darf ich auch fahren.«
Röder musste an die elf Einschusslöcher denken, und er war sich darüber im Klaren, dass ein kleiner Lackschaden nicht mehr ins Gewicht fiel, falls der Junge nicht anständig fuhr.
»Oh ja, Papa. Raphael fährt uns heim«, frohlockte Marie-Claire.
»Er muss das Auto wiederbringen«, bestimmte Röder. Marie-Claire zog ein Gesicht, aber wenigstens konnte sie dann noch eine halbe Stunde mit ihrer Flamme allein sein. Fast allein, da war noch Feli.
»Ich bringe noch Diego nach Hause, der muss auch ins Bett.«
Diegos Augen blitzten gefährlich. Aber er blieb still, er freute sich wahrscheinlich darauf, noch ein paar Minuten mit seiner neuen Trainingspartnerin zusammen sein zu können. Jedenfalls waren mit dieser Lösung alle Beteiligten zufrieden. Selbst Röder war froh, sich nicht die ganze Autofahrt das Gezicke seiner Töchter anhören zu müssen. Mariusz war im Weinkeller verschwunden, um zu prüfen, ob etwas fehlte.
»Nette Kinder hast du«, begann Anastasia das Gespräch.
»Schon, aber sie sind manchmal auch stressig.«
»Ich war ein Einzelkind, ich hätte mich über Geschwister gefreut. So war es bei uns immer ruhig, zu ruhig, und ich war zu behütet.« Sie schwiegen beide.
»Aber ich will dir nicht meine Lebensgeschichte erzählen«, fuhr sie nach einer Weile Sternegucken fort. »Raphael hat den Trojaner platziert. Er sagt, es wird klappen.«
Genau in diesem Augenblick rappelte das Handy, das der junge Computerspezialist hatte liegen lassen. Anastasia und Röder wussten zunächst gar nicht, was sie tun sollten. Röder nahm schlieÃlich das Handy in die Hand, wollte den grünen Knopf drücken. Anastasia konnte es gerade noch verhindern.
»Nicht. Raphael sagte, das Handy würde klingeln, wenn Marias Handy angerufen wird. Dieses Handy hier ist auf Konferenz und automatische Rufannahme geschaltet. Es ist auch auf âºMuteâ¹, also stumm, gestellt. Aber verlassen wir uns lieber nicht drauf«, flüsterte sie.
»Olá?«, meldete sich eine weibliche Stimme, offensichtlich Marias. Der andere Gesprächspartner war ein Mann, der schnell irgendetwas auf Portugiesisch sprach. Wenigstens nahmen Röder und Anastasia das an, denn sie verstanden nur Bahnhof.
Sie hörten Maria etwas Endgültiges sagen, dann war das Gespräch auch schon wieder zu Ende.
»Was war das?«, fragte Röder.
Anastasia zuckte nur mit den Schultern. »Jedenfalls scheint es zu funktionieren.« Sie diskutierten noch eine Weile über das Telefonat, versuchten, einzelne Worte, deren Sinn sie nicht verstanden, zu
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