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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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liebten Adi, ja? Hast du die Todesanzeigen gesehen in der Allgäuer
Zeitung? Eine ganze Seite: Die Eishockeyabteilung ist untröstlich, seine Frau
mit Schwester ist sowieso mehr als untröstlich. Der Mann ist eine Art Vater
Theresus, ein Heiliger der Jugendarbeit. So gut kann ein Mensch doch nicht
sein. Kanntest du den eigentlich, deine Eltern wohnen schließlich in Eckarts?«
    »Ja, vom Sehen, das war so ein zäher, sportlicher Typ. Hat immer
sehr nett gegrüßt. Du müsstest seine Frau kennen. Die hat mal in Immenstadt in
der Buchhandlung gearbeitet, unweit von deinem Büro«, sagte Gerhard.
    »Ach, die nette Frau mit dem Schweizer Akzent?«
    »Ja, sie ist gebürtige Schweizerin, kommt, glaub ich, aus einem
rhätischsprachigen Tal in Graubünden.«
    »Mensch, die Arme.«
    »Ja, und sie ist definitiv unverdächtig.«
    »Aber so einen perfekten Mann kann es nicht geben«, überlegte Jo
erneut. »Sogar sein Arbeitgeber ist so was von untröstlich, steht in der AZ . Was hat er denn gemacht bei Hündle
Bräu?«
    »Er war Braumeister, Mensch, du weinseliges Geschöpf! Der Schöpfer
eines edlen Gerstensaftes, einfach überirdischen Weißbiers, perlend, prickelnd,
herb und doch so süß wie der Kuss einer schönen Frau.« Gerhard machte eine
pathetische Bewegung, passend zu seinen exaltierten Sätzen. So sprach er
normalerweise nicht.
    »Du klingst wie eine Werbebroschüre, woher so viel Poesie?« Jo
verdrehte die Augen.
    »Das war auch aus der Werbebroschüre der Brauerei gefolgt vom
Slogan: Hündle Bräu, bierig, bergig, bärig!«
    »Echt bärig! Zu Hilfe, was für ein Schmarrn! Und hat dieser bärige
Mensch, denn auch am Arbeitsplatz keinerlei Probleme gehabt?«, fragte Jo.
    »Markus und Evi haben die gesamte Belegschaft befragt …«
    Jo unterbrach ihn.
    »Die armen Angestellten! Sind sie heuer schon zu Hause?«, lästerte
sie, denn Markus Holzapfel war nicht gerade für seine Vitesse und seinen Esprit
bekannt.
    Als Jo letztes Jahr die Leiche des Bauunternehmers Rümmele im Gunzesrieder
Tal entdeckt hatte, war es Markus gelungen, mit seiner Befragungstechnik das
halbe Tal in die Vorhölle des Wahnsinns zu treiben. Markus musste sich im Team
immer mit »Ösi-Power« verulken lassen.
    Gerhard grinste.
    »Ja, der gute Markus. Evi hat halt die doppelte Anzahl Leute
befragt. Markus weniger, die aber akkurat. Nö, aber um auf das Ergebnis
zurückzukommen: Alle waren nur voll des Lobes, und, wie du sagst, untröstlich.
Er sei ein wahnsinnig netter Kollege gewesen: witzig, immer gut aufgelegt, habe
auch mal Hand in anderen Abteilungen angelegt, sogar Bierkisten hochgehievt,
weil einer der Fahrer wohl Probleme mit der Hüfte hatte, aber die Frührente
irgendwie nicht durchkriegte. Und auch die Chef-Sekretärin und eine Aushilfe im
Büro haben ihn gemocht. Er sei immer mal vorbeigekommen, sei umgänglich
gewesen. Er habe der Aushilfs-Buchhalterin, die als allein erziehende Mutter
und wegen eines säumigen Alimente-Zahlers wohl wenig Kohle hatte, Ski für ihre
kleine Tochter gebracht. Er habe der Chef-Sekretärin immer dieses rote
Bitterino-Gesöff aus Italien mitgebracht, weil er ein Bergfreund gewesen und
oft mit seinen Kumpanen in Südtirol rumgekraxelt sei. Alles in allem eben das,
was man einen Pfundskerl nennt. Und immer wurde er zitiert. ›Für alles gibt es eine
Lösung, jeder kann sein Leben im Griff haben, wenn er sich nur anstrengt.‹ Er
habe immer so viel Bodenhaftung ausgestrahlt.«
    Jo sah ihn zweifelnd an. »Na ja, irgendwas hatte er nicht so recht
im Griff, sonst wäre er jetzt nicht tot.«
    Gerhard runzelte die Stirn. »Wie es scheint, war er jedenfalls ein
durch und durch integrer Mensch.«
    »Und wenn sie nicht gestorben sind! Das ist Grimm und Andersen
zusammen. Er muss einfach irgendeine Leiche im Keller haben. Und wenn es eine
sehr alte ist. Eine, die schon die Würmer gefressen haben oder von mir aus eine
Mumie!« Auch wenn sie das nicht zugab, aber irgendwie war sie wütend auf diesen
Adi, der ihr Leben so durcheinander gebracht hatte. »Der kann einfach nicht nur
Mahatma Feneberg sein!« Jo redete sich in Rage.
    »Dass du seit dem letzten Jahr immer noch so scharf auf Leichen
bist!«, hielt Gerhard dagegen.
    »Komm, das ist jetzt nicht witzig! Aber für jeden Mord gibt es ein
Motiv, oder?«
    »Schlaumeierin, natürlich, aber es gibt tausend andere Varianten. Er
hat etwas beobachtet und musste dran glauben. Er hat keine Mumien im Keller,
aber andere haben die, und er hat das gewusst. Er hat versucht,

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