Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
Vom Netzwerk:
irgendwo bei
einem Streit als Schlichter aufzutreten …«
    Jo fuhr wieder dazwischen: »… und ist in den Funken gefallen. Na
prächtig, bärig geradezu! Habt ihr überhaupt mal über den Fundort nachgedacht?
Das ist doch kein Zufall, wer bitte verstaut eine Leiche in einem Funken?« Ihr
kriminalistischer Spürsinn war angestachelt.
    »Jo, wir langweiligen Gesetzeshüter mögen ja nicht so ein studiertes
Köpfchen haben wie du, aber wir sind auch nicht blöd. Der Funken wird von der
Dorfjugend aufgeschichtet. Eine Leiche kommt beim Aufschichten mit rein, oder
jemand stopft sie später in den Haufen. Beim Aufschichten waren am Samstag rund
fünfzehn Leute dabei. Dann war die Funkenwache präsent, und am Sonntag waren ab
zehn Uhr vormittags ständig Leute da. Die Dorfjugend hat die Bar aufgebaut,
jemand hat den Klowagen gebracht. Es müsste schon ein ungeheures Komplott sein,
wenn diese Leute den Mord an Adi geplant hätten.«
    »Unwahrscheinlich, oder?« Jo klang enttäuscht.
    »Sehr unwahrscheinlich, auch wenn man nichts ausschließen darf. Noch
unwahrscheinlicher, weil das Zeitraster nicht stimmt.« Das kam nun eher
zögerlich.
    »Wie? Zeitraster?«
    »Nun, mir liegt der Bericht aus der Pathologie vor.« Gerhard klang
immer noch sehr unsicher.
    »Jetzt drucks nicht so herum. Natürlich liegt dir ein Bericht vor.
Was ist mit der Zeit, Todeszeit nehme ich an? In allen Zeitungen ist das wilde
Spekulieren darüber ausgebrochen, wie der Mann drei oder vier Stunden vor dem
Anzünden in den Funken kam.«
    »In der Zeitung, Jo, eben!« Gerhards Satz blieb in der Luft hängen,
schwebte über den dampfenden Kässpatzn.
    »Das heißt, ihr habt gelogen?«
    Gerhard lächelte sibyllinisch. »Nun, nicht richtig gelogen. Wir
haben die Geschichte etwas geklittert. Hier und da etwas verschwiegen, etwas
verbogen, ums Eck gedacht und geredet, wie man es von uns Trotteln erwartet
hat. Das ist nur gerecht. Journalisten benutzen Sprache auch als Waffe.«
    »Jetzt rede endlich Klartext!«, forderte Jo.
    »Nun, es ist ein winziges Detail, das das Ganze noch unerfreulicher
macht. Wir haben das bei der Pressekonferenz verschwiegen und werden das auch
auf alle Fälle weiterhin tun. Ich warne dich, wenn ein Wort durchsickert …«
    »Gerhard, weißt du, was ich für ein Theater mit den Medien am Hals
habe? Ich bin verschwiegen wie ein Funkengrab!«, rief Jo.
    »Sehr makaber, Lady.« Gerhard sah missbilligend in sein Weißbier und
fuhr fort: »Als jemand Adi im Funken verstaut hat, wie du das so lapidar
formuliert hast, war er noch nicht tot!«
    »Wie bitte, er lebte noch? Man wollte ihn bei lebendigem Leib
verbrennen?« Jos Stimme war plötzlich sehr leise.
    »Nun, die Sache ist ziemlich perfide«, murmelte Gerhard und gab den
Bericht aus der »Patho« wieder.
    »Gerhard, das ist ja grauenhaft, welches kranke Gehirn denkt sich so
was aus?«
    »Tja, das ist eine gute Frage! Und noch besser ist die Frage, ob
jemand wusste, dass er diese Cho-lin-es-ter-ase-hemmer«, Gerhard verhedderte
sich an dem Begriff, »eingenommen hat.«
    Jo starrte Gerhard an. »Aber das ist ja Wahnsinn. Entweder jemand
wusste von seiner Muskelkrankheit und wollte ihn töten, oder aber jemand wusste
es nicht und hat dieses russische Roulette mit ihm gespielt. Wobei ich an die
zweite Variante gar nicht denken will!«
    Gerhard nickte düster. »Ja, es gibt natürlich auch noch Variante
drei. Jemand kannte sich mit der Wirkung von Rohypnol nicht so gut aus und
dachte, es ist so was wie Zyankali, das sicher tötet. Von all meinen Hypothesen
aber tendiere ich leider momentan eher zu zwei. Drei ist möglich, aber wer mit
Rohypnol rumexperimentiert, weiß eigentlich, wie es wirkt. Und dann sind wir
wieder bei zwei. Der Hausarzt sagte nämlich, dass Adi diese Krankheit
weitgehend verschwiegen hat, selbst seine Frau wusste nichts davon. Der Mörder
ist also von einem gesunden Menschen ausgegangen, und der wäre aufgewacht.«
    »Und wenn es doch jemand war, der Adi sehr gut kannte? Eine Geliebte
vielleicht? Vielleicht hat die von der Krankheit gewusst. Geliebte wissen ja immer
mehr als die Ehefrauen«, gab Jo zu bedenken.
    »Eine Geliebte ist nicht in Sicht. Dazu kommt, dass Adi Feneberg ja
so ein begeisterter Sportler war und ehrgeizig dazu. Der Hausarzt meint, das
sollte wohl auf keinen Fall rauskommen.«
    Jo überlegte. »Ja, aber dann wisst ihr doch, wann er in den Funken
gelegt wurde.«
    »Eben nicht genau! Das Rohypnol wirkt je nach Dosierung bis zu
vierundzwanzig Stunden,

Weitere Kostenlose Bücher