Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
Vom Netzwerk:
richtig, als die Fragesalven losbrachen. Die Donnerstimme des
Staatsanwalts fuhr dazwischen wie beim Jüngsten Gericht.
    »Ich bitte Sie dringend, alle Platz zu nehmen. Bevor hier keine Ruhe
einkehrt, werden wir nicht beginnen.«
    Der Tumult legte sich. Gerhard ließ den Blick – soweit das über das
Kamera-Arsenal hinweg möglich war – schweifen. Viele junge Frauen waren da.
Alle sehr fesch, sehr taff, mit sehr kurzen Röcken, untergewichtig, hochmodisch
und hochaggressiv. Ein Typ Frau, den Gerhard nun gar nicht schätzte. Für seinen
Geschmack hatte eine lieber ein paar Kilo zu viel als zu wenig.
    Der Pressesprecher gab eine kurze Einleitung, kam aber nicht weit,
weil eine dieser Damen, ganz passend in ein militärisch-martialisches
Tarnlook-Kostümchen in Größe XS gewandet, hochschnellte und schrie: »Ersparen Sie uns das Gelaber. Spielen Sie
nicht mit unserer Zeit. Der Mann heißt Adi Feneberg, das haben wir gestern
schon recherchiert.«
    »Und uns allen einen Bärendienst erwiesen!«, donnerte der
Staatsanwalt. »Wir haben Gründe, weswegen wir Namen verschweigen, verschweigen
müssen. Sie erschweren unsere Ermittlungen.«
    »Die Öffentlichkeit hat ein Recht, davon zu erfahren«, blökte ein
anderer weiblicher Hungerhaken mit Augen von so viel Kajal umrandet, dass sie
aussah wie aus der Addams Family.
    Hah! Als ob es euch um die Menschen ginge, dachte Gerhard und atmete
tief durch. Der Staatsanwalt stellte ihn als den ermittelnden Beamten vor.
    »Wie Sie ja bereits dank Ihrer rührigen Kollegen wissen, handelt es
sich bei dem Toten um Adi Feneberg, sechzig Jahre alt, von Beruf Braumeister
bei Hündle Bräu in Knechtenhofen bei Oberstaufen«, sagte er. »Er ist
verheiratet, hat keine Kinder. Über den Tathergang können wir bis dato nichts
sagen. Wir konnten aber bisher keinerlei Anzeichen für irgendwelche
Verwicklungen außerhalb der Normalität feststellen. Keine Vorstrafen, keine
Drogen, keine Beziehungen zu kriminellen Kreisen. Wir –«
    »Keine Mafia, was? Die war doch in Kempten mal sehr aktiv?«, brüllte
jemand.
    Gerhard ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und schaute treuherzig
wie mindestens 1001 Dalmatiner. »Der Obduktionsbericht ist leider wenig
aussagekräftig. Es ist keinerlei Fremdeinwirkung festzustellen.« Er beugte sich
über den Bericht und zitierte: »… sind lediglich minimale Irritationen am
Handgelenk festzustellen.«
    »Es hat ihn also jemand gezerrt?«, kam es von den Hinterbänken.
    »Auch das lässt sich laut der Pathologie nicht mit Sicherheit sagen,
es könnte sich auch um ein sehr straffes Uhrenband gehandelt haben.«
    Der Lärm schwoll wieder an. »Sie verarschen uns doch. Und wo ist die
Uhr?«
    Gerhard zuckte die Achseln.
    »War er denn bereits tot, als er in den Funken verbracht wurde?«,
schrie das Tarnkostümchen. Auf diese Frage hatte Gerhard gewartet und
gleichzeitig inbrünstig gehofft, sie käme nicht. Ein Raunen ging durch die
Menge.
    »Ja, davon ist auszugehen«, sagte Gerhard.
    »Er wurde also sozusagen in einem Funken entsorgt, um ein Verbrechen
zu verbergen?«, fragte jemand.
    »Momentan sieht es so aus«, Gerhard blieb nonchalant.
    »Und der Todeszeitpunkt?«, fragte nun Marcel Maurer.
    »Auch der lässt sich nicht genau bestimmen. Irgendwann Sonntag im
Laufe des Tages.«
    »Und wie ist er da reingekommen? Geflogen? Diffundiert? Da war es
doch hell. Da waren doch Leute unterwegs. Sie wollen uns doch für dumm
verkaufen.« Das Tarnkostümchen hatte wieder das Wort ergriffen.
    Gerhard behielt seinen treudoofen, aber konzentrierten Blick bei.
»Wir würden Ihnen gern mehr sagen, aber mehr haben wir nicht. Und es wird die nächsten
Tage unsere Aufgabe sein, Motive zu finden und den Tathergang zu
rekonstruieren.«
    »Ist Ihnen etwas von Feinden bekannt?«, wollte einer wissen.
    Und das Tarnkostüm schrillte: »Ja genau, das sollten Sie mal
schleunigst herausfinden, oder müssen wieder wir Ihre Arbeit machen?«
    Und ehe Gerhard etwas sagen konnte, erhob sich der Staatsanwalt und
stützte sich zwischen den Mikros auf. »Sie sagen es trefflich, gnädige Frau,
genau das werden wir herausfinden. Wir danken für Ihr Interesse, für weitere
allfällige Fragen wenden Sie sich bitte an unseren Pressesprecher.« Und wie ein
Rammbock dirigierte er die anderen vom Podium durch die Seitentür ins Off.
    Der Staatsanwalt ließ mit einem »Pfft« die Luft ab, wie ein
Luftballon, dessen Knoten aufgegangen war. »Ob die Journalisten Ihnen das
abgenommen haben mit dem

Weitere Kostenlose Bücher