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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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rutschte weg, kam wieder hoch, und so
wie er ging, hatte er eindeutig Probleme mit seiner Hüfte. Scheiß Wetter, wenn
man Rheuma oder so was hat, dachte Jo. Die Plane des Lkw flatterte: Hündle
Bräu, bärig – der Rest der Schrift war unlesbar im Faltengeflatter.
    Plötzlich war Jo hellwach. Hündle Bräu! Wie war das gewesen mit Adi
und dem Bierwagenfahrer mit Hüftproblemen? Sie riss die Haustür auf.
    »Die sind im Skiurlaub«, schrie sie gegen den Sturm an.
    »Was isch?« kam es zurück.
    »Die Gschwendtners sind nicht da!«
    »It do?«
    »Ja genau! Warten Sie, ich hab ‘nen Schlüssel. Da können Sie die
Kästen zumindest reinstellen.«
    »Des wär komod!«, rief er, und Jo warf einen Anorak über, schlüpfte
in ihre Kamik Kanadaboots und rannte durch den Sturm.
    Der Mann hielt rechts zwei Kästen Bier und links einen Kasten
Wasser. Das Gesicht war verzerrt.
    »Mensch, Sie sollten vielleicht nicht alles auf einmal tragen. Sie
haben doch Schmerzen, oder?« Jo nahm ihm das Wasser ab.
    »Ja mei, Freilein. Heit zdag hot ma kuin Beifahrer mehr. Do ladet ma
sell, do fahrt ma allui, do schleift ma alls allui. Ra-ti-o-na-li-sierung! Und
nochhert pressierts halt allat.«
    »Haben Sie keinen Sackkarren oder so was?«, wollte Jo wissen.
    »Hon i scho, aber luagets sell. Im Tiefschnee hilft der ratzibutz
gar nix und meischtens bäppet die Heiser bled am Hang und dann hend dia Leit au
no steile Kellertreppa.«
    Ja, wie bei den Gschwendtners. Jo sah den Fahrer genauer an. Er
grinste, und jetzt fiel Jo auf, dass er einen kleinen Ohrring trug. Kess für
einen Mann um die sechzig!
    »Das ist aber auch ein Scheiß Wetter, wenn man Bier ausfahren muss!«
    »Mei des huret scho arg. Zerscht wars so bachele warm und jetzt des.
Des haut doch jedn um. I hon zwei kinschtliche Hüftglenker, des isch bei so am
Wettrumschwung a Hurascheißdreck. Mei, Entschuldigung …«
    Jo lachte. »Passt schon so. Aber sagen Sie, können Sie denn nicht in
Frührente gehen?
    »Mei, des wenn so uifach wär, Freilein …?«
    »Johanna, Johanna Kennerknecht«, ergänzte Jo.
    »Ah, dir sind dia Föhl, dia wo allat Leicha findet, odr? D Frau
Gschwendtner hot mir des vom Rümmele verzehlet.«
    Jo schluckte. »Na ja, nun. Ich such mir das nicht so aus mit den
Leichen. Aber wollen Sie vielleicht einen Kaffee?«
    Er schaute etwas sparsam, schien verunsichert. Jo versuchte es
erneut. »Meget dir an Kaffee?«
    Und plötzlich strahlte er. »Dir kennet ja schwätza wie mir. I bi dr
Guggemoos Sepp.«
    »I bi d’Johanna oder Jo, und wia gsagt: Wie isch es mit em Kaffee?«
    »Sauguat, bei deam Wettr komm i mit em Lkw eh it auf Stoffels nauf.«
    Sie gingen zu Jos Haus hinüber. In der Küche beäugte Sepp
interessiert Jos Espresso Maschine.
    »Espresso oder Cappuccino?«, fragte Jo.
    »An Exschpresso mag i, do wirr i wach. I hon scho um sechse in dr
Fria agfanga. Bei dem Schnee verhocksch ja wia nix. Alls dauret längr, aber andrerseits
musch aufpassa wie a Häftlämachr, dass dr nix eigfriert. S Spezi oder s Wasser.
I hon scho Käschta ins Fihrerhaus nei gstellt. Und was muinscht: Dia junga
Kollega, dia sind it so zimperlich. Dia bringet s gfrorene Spezi zruck, und des
verkauft ma nochhert wiedr.«
    »Naja, das scheint überall so zu sein, dass die Arbeitsmoral
nachlässt.« Jo zuckte mit den Schultern.
    »Ja, und bei is isches halt dr Junior. Beim Senior hätts des it
geah. Beim Senior, wenn do amol in am Kaschta Bier a Fläscha bloß halbvoll gwea
isch, nochhert hot er d Leit glei zwei nuie Fläscha bringa long. Dr Junior,
deam isch des wurscht. Dbei sott der aufpassa: In deane Getränkemärkt isch alls
billiger, wer will denn heit no an Heimservice?«
    »Na ja, alte Leute, Leute ohne Auto?« Jo sah ihn fragend an.
    »Ja und fir dia bin i a Art Seeladoktar. Aber des isch em Junior
wurscht. Aber wellawäg, i duas gern und i blib, solang i ka. Do kasch bei de
Leit neiluaga, in dene ihra Heiser. Do kiagscht viel mit. Grad in dr letschta
Zit. I weis it, dia Welt isch doch komplett hindrfir.«
    »Hindrfir« ein einziges prägnantes Wort, für das man in der
Hochsprache viele Umschreibungen suchen musste: »Aus den Fugen« »Verkehrt«
»Umgedreht«. Wo die Hochsprache in Umschreibungen und Nebensätzen um Bedeutung
ringt, ist der Dialekt weit überlegen, dachte Jo.
    »Die Welt ist krank, da hast du schon Recht.« Jo überlegte.
    Sepp war jetzt in Fahrt. »Do bauet junge Leit in Seifa mitta nei ins
Überschwemmungsgebiet. Friner hot a Bau austrickna miassa übern

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