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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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wie überall!«
    Völlig überraschend für Haggenmüller und auch Evi drehte Gerhard den
»Volume-Regler« massiv auf.
    »Verschwenden Sie jetzt nicht meine Zeit, dann verschwende ich auch
nicht Ihre. Sonst lass ich mir vom Staatsanwalt einen Durchsuchungsbefehl
ausstellen, und dann werden wir schnell wissen, was Sie denn so brauen wollten.
Also, was hat sich da zusammengebraut?«, donnerte er los.
    Haggenmüller zögerte, dann ging er zu seinem Aktenschrank, dessen
Front lautlos aufglitt. Er förderte einen Aktenordner zutage, schlug ihn auf
und hielt ihn Gerhard unter die Nase.
    »Die ganze Aufregung ist ja lächerlich. Ich hatte vor, ein neues
Produkt einzuführen. Das hatte noch nicht ganz die Zustimmung von Herrn
Feneberg gefunden.«
    Gerhard sah auf den Prospekt-Dummy. Eine Longneck-Flasche mit der
Aufschrift »Canna-Bier«. Das Etikett hatte die Form einer stilisierten
Cannabispflanze, die Farben waren wie bei einem Reggae-Konzert-Poster gehalten.
    »Keine Sorge, das ist alles ganz legal. Dieser Brauhanf hat
keinerlei berauschende Wirkung. Hanfblüten werden beim Brauvorgang zugesetzt,
der Geschmack wird leicht modifiziert. Das ist alles. So was gibt’s in der
Schweiz und in Berlin längst!« Er nestelte in einigen Papieren herum. »Hier,
damit jeder Zweifel ausgeräumt ist. Derartiger Hanf ist eine Spezialsorte,
deren Anbau sogar gefördert wird. Und damit Sie es gleich wissen. Ihre Zeit ist
mir natürlich kostbar«, er klang jetzt extrem süßlich und ätzend, »ich besitze ein
Feld und werde die Ernte auf jeden Fall für mein neues Produkt verwenden.«
    Canna-Bier! Gerhard war immer noch etwas neben der Spur. So was
gab’s doch wohl nicht! Er fasste sich.
    »Herr Haggenmüller, wenn ich Sie richtig verstehe, hat das Bier
keine andere Wirkung als jedes Bier. Wieso dann das Ganze?«
    »Himmel, Sie klingen wie dieser Feneberg. Marketing sage ich,
Zeitgeist! Wir brauchen ein neues USP ,
ich will mich moderner positionieren. Aber das hat einem Reaktionär wie
Feneberg nicht gefallen!«
    »Er scheint Sie deswegen massiv angegangen zu haben?«, fragte nun
Evi.
    »Ja, aber deshalb bringe ich ihn nicht um. Es gibt genug
Braumeister, die auf so eine innovative Aufgabe nur gewartet haben. Alte Zöpfe
wie beim Feneberg müssen weg.«
    »Nun ist ja Gott sei Dank der ganze Feneberg weg, Herr Haggenmüller.
Hat er Ihnen nicht auch noch gedroht, Sie würden eine böse Überraschung
erleben? Und es gäbe längst eine Lösung?«, fiel Gerhard wieder ein.
    »Ich bitte Sie. Den Satz mit der Lösung, hab ich dreimal am Tag
gehört. Er war so eine Art wandelndes Kalenderbüchlein. Einen
christlich-moralischen Satz hatte der für jede Lebenslage. Hah! Da hab ich mich
aber gefürchtet!« Er lachte unangenehm. »Sie wollen wissen, was für eine
Überraschung der gemeint hat? Ich weiß es leider auch nicht. Vielleicht die,
die ich mit einem anderen Braumeister erleben würde. Der hat sich doch für
unersetzlich gehalten. Aber der Mann ist wie jeder ersetzbar! Jeder Tag ohne
seinen Anblick mit diesen hängenden Augenlidern und seiner salbungsvollen Art wäre
ein geschenkter Tag gewesen. Hah!«
    Evi schluckte, Gerhard blickte überrascht. Haggenmüller schien seine
Abneigung gegen Adi Feneberg nicht verhehlen zu wollen.
    Haggenmüller erriet ihre Gedanken. »Ja, Sie hören ganz richtig. Ich
mochte ihn nicht. Er war ein guter Brauer und natürlich zuverlässig, geradezu
unnatürlich zuverlässig, aber für mein neues Konzept ein Mühlstein der
Tradition. Ich habe ihn von meinem Vater geerbt. Leider, aber ich habe ihn
nicht umgebracht.«
    Gerhard blickte noch mal auf den Prospekt. »Canna-Bier – for freaks
only!« Zu Hilfe, wenn das die Zukunft des Bieres war! Er konnte Adi Feneberg
nur zu gut verstehen. »Pissbria« – besser konnte man es nicht sagen. Er hob den
Blick und schaute unter besorgten Dackelfalten heraus.
    Haggenmüllers Pausbacken loderten feuerrot. »Hah, und jetzt fragen
Sie mich sicher nach einem Alibi für Samstagnacht? Ja, wo werde ich schon
gewesen sein? Im Bett! Und nein, dafür gibt es keine Zeugen.«
    Gerhards Dackelblick verstärkte sich. »Ähm, eigentlich wollte ich
wissen, wo Sie am Sonntag waren.«
    Haggenmüller schien überrascht, dann rief er fast triumphierend Frau
Endrass herein.
    »Liebe Frau Endrass«, so wie er das sagte, war sie wohl auch eher
eine Altlast aus der Sippe der Mühlsteine. »Wo war ich am Sonntag?«
    Frau Endrass musste nicht überlegen. »Wir, also Sie und ich waren
hier. Wir

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