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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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dem Weg dahin neue Perspektiven. Und das ist
allemal besser, als mit gesenktem Kopf die Unebenheiten des Bodens zu
betrachten. Das wäre auch für deine Ermittlungen besser. Am Boden liegt die
Lösung nicht.«
    »Aber im Feuer? Okay, ich assoziiere im Höhenflug. Was willst du
hören? Feuerland, Feuerteufel, jemanden feuern? Oder auch Island, die Insel aus
Feuer und Eis. Ja, genau: fire and ice, war das nicht mal ‘ne Kollektion von
Bogner?«, fragte Gerhard.
    »Scheiß auf Bogner! Jetzt bleib doch mal ernst, Gerhard. Stell dir
vor, der Mörder hat uns ein Rätsel aufgegeben: Sterben im Feuer als Kontrast
zum Eis. Sterben im Feuer, Leben im Eis. Wer lebt im Eis?«
    »Ach komm, Jo, das wird jetzt aber wirklich abstrus.«
    Jo gab nicht auf. »Wer lebt im Eis?«
    Gerhard seufzte. »Na gut, auch wenn es ein Schmarrn ist! Also wer
lebt im Eis? Ich sage es dir: die Eskimos und die Pinguine.« Gerhard sah selbst
aus wie ein watschelnder Pinguin, so wie er mit seinen weiten Jackenärmeln
zuckte.
    »Ach, nun komm, du Erzdepp!«, begehrte Jo auf.
    »Wieso? Ich assoziiere auch nur. Höhenflüge, meine Liebe! Pinguine
leben doch im Eis. Oder Eisbären. Oder der Ötzi, na ja, der lebte ja eigentlich
nicht im Eis …«
    »… sondern ist dort gestorben. Der Mann aus dem Eis. So rum
funktioniert es, Gerhard. Dem Tod im Feuer steht ein Tod im Eis gegenüber.« Jo
fuchtelte mit den Armen, fegte die Mützen und Handschuhe vom Tisch. »Das ist
es! Tod im Eis! Wieso stirbst du im Eis?«
    »Ich habe nicht vor, im Eis zu sterben. Jo, was soll das Ganze?«
    »Ein Tod im Eis. Wie kann so was passieren?« Jo war einfach zu
begeistert von ihrer Idee, als dass sie Gerhard in Ruhe gelassen hätte.
    »Okay, damit die liebe Seele Ruhe hat: Manche sind unachtsam. Die stürzen
beim Eisklettern ab oder fallen in Gletscherspalten. Jetzt schau nicht so
angewidert, oder fällt dir was Besseres ein?« Gerhard schien noch nicht sehr
überzeugt zu sein.
    Jo blickte in die Berge. Links vom Gipfellift war ein kurzer
Tiefschneehang. Eine Almhütte duckte sich im Schnee, einige krumme Bäumchen
krallten sich trotzig fest. Im Hang waren drei Tourengeher beim Aufstieg. Alles
wirkte so symmetrisch, als wäre es eine Gemäldekomposition.
    »Gerhard!« Jo schrie auf einmal so laut auf, dass an den umliegenden
Tischen die Skifahrer herumfuhren. Gerhard sah sie strafend an, und Jo
flüsterte auf einmal, als sie zum Gipfelhang deutete. »Tourengeher,
Schneebretter! Das ist es. Vor unserer Nase. Es geht um Lawinen. Es geht um das
kalte Grab. Ein Lawinentod ist ein grausamer Tod im Eis. Und den stellst du dem
Feuertod gegenüber!«
    Gerhard zuckte zusammen. Die Angst vor Lawinen begleitete ihn als
Tourengeher, seitdem er mit vierzehn Jahren mit diesem Sport begonnen hatte. Er
war jahrelang bei der Bergwacht tätig gewesen, und er hatte mehr als ein
Lawinenopfer bergen müssen. Verschüttete überlebten zu neunzig Prozent nur die
ersten fünfzehn Minuten im weißen Grab! Und bei zehn Prozent waren neunzig
Minuten das Maximum. Die Restlichen überlebten durch ein Wunder. Aber war da
vor einigen Jahren nicht so ein Wunder geschehen? 1999?
    »Gerhard?«
    »1999 gab es eine Lawine im Walsertal«, sagte Gerhard.
    Jo dachte an ihr Gespräch mit Hermine Cavegn. Was hatte sie gesagt?
Galtür sei das Bauernopfer und Adi Feneberg bei der Bergrettung gewesen.
    »Gerhard! Adi Feneberg war bei der Lawine bei der Bergrettung!«
    Gerhard starrte sie an. »Woher willst du das wissen?«
    »Äh, jemand hat es mir erzählt. Am Sonntag in Berlin.«
    »Jo, du willst doch nicht sagen, dass du bei Frau Feneberg warst?«
    »Nicht direkt. Eigentlich war ich bei der Schwester.« Und langsam
begann Jo zu erzählen.
    Gerhard schüttelte heftig den Kopf. »Das war das letzte Mal, dass
ich dir etwas von den laufenden Ermittlungen erzählt habe. Ich fasse es nicht!
So was kannst du doch nicht bringen! Einfach dahin zu gehen.« Gerhard sah sie
bitterböse an und war auf einmal ziemlich einsilbig.
    »Ich weiß selbst, dass es blöd war, aber es hat doch niemandem
geschadet. Jetzt erzähl lieber von der Lawine, bei der Adi dabei war. Das ist doch
kein Zufall! Was ist damals genau passiert? War da nicht auch ein Bergführer
dabei?«
    Es bedurfte noch einiger Schlucke Weißbier, bis Gerhard seine Wut
hinuntergespült hatte.
    »Der Bergführer damals war Heini Pfefferle, ein Bekannter von mir.
Er und eine Frau, die direkt neben ihm gestanden hat, sind gar nicht zu Schaden
gekommen. Ein junger Mann ist

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