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Weinzirl 02 - Funkensonntag

Weinzirl 02 - Funkensonntag

Titel: Weinzirl 02 - Funkensonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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für seine Lebensenergie bewunderte. Das Glück flog ihm
scheinbar zu. Doch das war kein Zufall, sondern er bereitete dem Glück einen
Landeplatz, einen Landeplatz aus grenzenlosem Optimismus. Mit solch einem
Menschen an der Seite wäre das Leben ein Schlendern, ein Spaziergang in buntem
Herbstlaub, sonnig, ein Hopserchen dazwischen. Neben Gerhard konnte einem
nichts passieren. Nur eines irritierte: Gerhard war so problemlos.
    Als sie die Haustür aufsperren wollte, war nicht abgeschlossen. Sie
trat ein und fand ihre bewährte Katzensitterin Rosi Gschwendter, die aus dem
Kurzurlaub zurück war, vor dem neuen Kachelofen sitzen. Nachdem Jo einen Winter
angesichts der mangelnden Leistung ihrer Ölheizung nur mit zwei Paar Socken und
Fleece-Pullis überlebt hatte, hatte sie den Ofen einbauen lassen. Mümmel lag
auf Resis Bauch, Moebius zu ihren Füßen, Einstein lang auf dem Küchentisch
hingegossen.
    »Griaß di, i hon denkt, i heiz scho amol bei dir ei. Dia Viecher
hends gern miegele.«
    Jo grinste. Keine Rede davon, dass sie nicht in einem eiskalten Haus
frieren sollte.
    »Heh! Gute Idee, danke.« Jo ließ ihren pinkfarbenen Schalenkoffer
sinken.
    Kopfschüttelnd sah Resi zu. »Mei, wo du Urschel umanand fahrsch. So
und jetzt gang i, i bi bloß a bissle verhocket.«
    Wieder musste Jo grinsen. Sie wusste, dass Resi öfter in ihrer
Abwesenheit geraume Zeit in Jos Küche »verhockte« und es einfach genoss, mal
keine Aufträge ihres Mannes auszuführen und für kurze Zeit weder ans Kochen,
Bügeln, Melken, Heuen, Kreiseln oder Schwadern denken zu müssen.
    »Warte!«, rief Jo und zog ein kleines Döschen raus. Sie brachte Resi
immer aus den Flughafenshops Kosmetika mit. Die versteckte Resi dann, denn ihr
Mann fand: Fir is reicht a Kernseifa und a Nivea.
    »Mei, du sollsch doch it so viel Geld ausgäba fir mi alts Wieb!«
Resi strahlte und war schon in der Tür.
    Jo sah sie nur tadelnd an und winkte ihr hinterher. Resi war
höchstens fünfundvierzig, aber ihre beiden Kinder waren schon lange aus dem
Haus.
    Angesichts der hervorragenden Betreuung durch Resi waren die Tiger
gar nicht sonderlich beleidigt, Mümmel versuchte netterweise nicht, als Strafe
für Jos Abwesenheit auf den Koffer zu pinkeln. Und als Jo dann auch noch
Cappuccino machte, schien Mümmels Tag gerettet.
    Jo griff zum Telefon, um den problemlosen Gerhard anzurufen. Sie war
unruhig, ihr Nacken verspannt.
    »Na, zurück aus der stinkenden Hauptstadt?«
    »Ja, und es war laut, hektisch, ich habe Plattfüße, aber sonst war
es ganz erfolgreich«, sagte Jo und fügte übereifrig hinzu, »für die Region
erfolgreich, meine ich.«
    »Und nun willst du wissen, ob es hier erfolgreich war?«, fragte
Gerhard.
    »Ja sicher! Was ist mit Haggenmüller? Wollte er verkaufen? Jetzt
erzähl, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«
    Gerhard lachte ins Telefon. »Endlich weiß ich, was ich die letzten
Tage vermisst habe. Eine nervige Heulboje namens Kennerknecht!«
    »Sprich!«, drohte Jo.
    »Also Kurzversion: Haggenmüller wollte wirklich verkaufen. Er hat
Adi Feneberg kurz nach fünf am Morgen beim Joggen aufgehalten. Das sieht nicht
gut aus. Und – was sagst du dazu? – Haggenmüller ist spurlos verschwunden.«
    »Also war er es?« Jo klang enttäuscht. Das erschien ihr zu einfach.
    »Ich bin kein Hellseher, aber es sieht alles danach aus. Weißt du
was, wir können doch morgen den versäumten halben Skitag nachholen, du hast
morgen doch noch frei? Da kannst du mir gern neue Theorien präsentieren und
erzählen, wie es bei dir so war.«
    Jo dachte an Jens und diese ebenso merkwürdige wie intensive Nacht
bei den Schwestern Cavegn, und all das kam ihr heute, hier im Allgäu, so
dämlich vor, dass sie beschloss, Gerhard davon nichts zu erzählen. Was hätte
das auch gebracht? Stattdessen versuchte sie, mit dummen Reden ihre wirren
Emotionen in den Griff zu bekommen.
    »Gerhard, um Himmels willen! Du wirst ja richtig deutsch. Du nimmst
dir frei? Bist du neuerdings auch ein Anhänger von Brückentagen und sowieso
fünffachem Lohnausgleich für dreißig Wochenstunden?«
    »Johanna, so viel Bitterkeit angesichts der Kulturnation, die wir
doch sind?« Gerhard gab sich einen tadelnden Ton.
    »Wenn es doch wahr ist. Die Einzigen, die in diesem Land noch
arbeiten und keine Stunden zählen, sind Selbstständige, Überstunden-Idioten wie
ich …«, grummelte Jo.
    »… und Polizisten wie ich«, fiel Gerhard ein.
    »Ja, Deppen wie du!«
    »Eben! Weil das so ist, werden wir

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