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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Männer so
einfach gestrickt seid. Aber was weißt du von der Suche nach einem
Seelenverwandten, einem, der wortlos versteht? Einem Freund, der zugleich
Liebhaber und Partner ist? Jemand, vor dem du Respekt haben kannst? Den du
bewundern kannst?«
    »Du klingst wie aus
einem Lore-Roman. Jo, die taffe Jo, redet wie aus einem Pilcher-Schinken. Du
willst jemanden bewundern und respektvoll sein? Du, die du durch nichts und
niemanden zu beeindrucken bist! Die du nie Respekt hast, dich in alles
einmischst, was dich nichts angeht!«
    Gerhard hatte sich
etwas beruhigt, und seine Stimme hatte wieder eine erträgliche Lautstärke
erreicht.
    »Das stimmt nicht.
Ich habe Respekt vor echter Freundschaft, vor einigen wenigen echten Werten.
Wirklich!«, beteuerte Jo.
    »O ja, verdammt.
Deshalb bist du einfach so verschwunden. Ich war kurz weg, um dir Croissants zu
holen. Als ich kam, warst du weg, drei Monate lang. Du spinnst doch. Wie
konntest du so was tun? Man verschwindet nicht einfach so, wenn man angeblich
Freundschaft als ein hohes Gut ansieht. Und man verschwindet als Frau nicht
einfach so nach so einer Nacht.«
    »Ah, als Frau! Als
Mann schon? Weil Frauen natürlich dank ihrer ausufernden Emotionen mit der
Macht des Sex nicht fertig werden. Weil sie den großen Helden auch am Morgen
danach anbeten wollen, ja müssen! Klar, als Frau macht man das doch nicht.
Stimmt, fürs Verschwinden danach, dafür warst du ja in Kempten stadtbekannt.«
Jo war eine Meisterin des Zynismus, und sie hatte da weniger Skrupel als
Gerhard, den Finger in die wunden Stellen zu bohren.
    »Ach, Jo, sei nicht
immer so polemisch. Ich habe mir Sorgen gemacht. Als Freund. Du warst einfach
verschwunden. Niemand wusste, wo du bist, nicht mal Andrea!«
    »Ja, genau, niemand,
nicht mal Andrea! Und was sagt dir das?«
    »Jo, kapierst du das
nicht? Da sind deine besten Freunde und jede Menge Bekannte im Fünfeck
gesprungen. Erst hatten wir Angst, dann wurden wir wütend.« Gerhard schüttelte
den Kopf und starrte geradeaus in die Berge. Sie begannen, sich rosa zu färben.
Es war ein dramatisches Dolomitenrosa.
    Es dauerte lange,
bis Jo wieder zu sprechen begann. Deutlich sanfter. »Und nun seid ihr immer
noch wütend? Wohl schon, so wie ich dich erlebe.«
    »Ach, Jo, ich weiß
nicht. Ich hatte eher damit abgeschlossen. Dich aus meinem Leben verbannt. Aber
anscheinend ist die Wut noch in mir.« Er verzichtete darauf, zu sagen, dass Evi
es gewesen war, die ihm klar gemacht hatte, dass ein Leben ohne Jo zu wenig
war. Mit dir ist es verdammt anstrengend, dachte er. Ohne dich auch. Mit dir
ist wenigstens mit dir. Aber das sagte er nicht.
    »Anscheinend«, sagte
Jo gedehnt.
    »Jo, versetz dich
doch mal in unsere Lage! Alles, was wir hatten, war das Wort des
Bürgermeisters, dass du drei Monate unbezahlten Urlaub genommen hast und am 1.
Juli wieder anfangen würdest.«
    »Und genau das habe
ich getan!«
    Gerhard schüttelte
resigniert den Kopf. »Du verstehst es nicht! Oder?«
    »Doch, ich verstehe
es. Aber ich konnte nicht anders. Gerhard, ich habe keine Worte für meine
Ohnmacht damals. Ich war leer. Ich war unfähig, mit Menschen zu reden. Ich
hatte nichts zu sagen. Ich habe nur noch unnütze Beobachtungen gemacht. Ich
musste weg.«
    »Hast du nicht immer
die These vertreten, dass Flucht sinnlos ist, weil man sich selbst immer
mitnimmt?«
    »Ja, Gerhard«, sie
sprach seinen Namen langsam aus, so, als müsse sie sich daran gewöhnen. »Die
Situation war anders. Das Blut meiner Verletzungen ist in meinen eigenen Boden
versickert. Verstehst du? Ich wollte nicht ständig über blutgetränkten Boden
gehen.«
    Gerhard ließ die
Worte in seinem Inneren nachhallen. »Und wo warst du?«, fragte er dann.
    »Auf der Via
Spluga.«
    »Auf der was?«
    »Via Spluga, das ist
ein Weitwanderweg, der von Graubünden nach Italien führt. Bei meinen Recherchen
zum Mord von Adi Feneberg …«
    »Recherchen!«
Gerhard schnaubte. »Du hast dich eingemischt, du wärst fast elendiglich im
Schnee verreckt.«
    Jo nickte. »Ja, und
das hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Darf ich weitererzählen?«
    Gerhard schaute
starr geradeaus. Jo fuhr fort.
    »Ich hatte doch
Hermine Cavegn kennen gelernt, die Schwester von Adi Fenebergs Frau. Sie hatte
mich sehr beeindruckt damals, und sie hatte mir angeboten, sie in Graubünden zu
besuchen, wenn ich mal eine Auszeit bräuchte. Und die habe ich gebraucht! Ein
Bekannter von ihr ist Andi Triet, ein Bergführer, und der führt Leute auf der
Via Spluga

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