Weinzirl 03 - Kuhhandel
mich: Das ist eine Nummer zu groß – auch für Katzen,
Amateure und Dilettanten. Denk an Svenja. Sie hat allem Anschein nach wohl mit
dem Leben bezahlt. Trotz der Lanze, die ich sonst für die elastische
Lebenseinstellung breche. Das ist gefährlich! Du hast durchblicken lassen, dass
dein Kumpel bei der Polizei nicht gut auf dich zu sprechen ist, aber du musst
ihn informieren.«
Sie gingen langsam
ins Haus zurück. Jo sagte nichts. Sie konnte nicht, selbst wenn sie gewollt
hätte. Als Laszlo wieder anhob zu sprechen, wusste Jo, was kommen würde. Sie
wusste es, und es war gut so.
»Ich werde morgen
nach Hause fahren. Es wird langsam Zeit für mich. Auch, weil Ildiko, meine
Verlobte, wartet. Aber allzu lange wird sie das nicht mehr tun. Ich hab dir
meine E-Mail-Adresse und die ungarische Handynummer aufgeschrieben. Ich bin
immer für dich erreichbar, Tag und Nacht. Alle Tage des Lebens ohne Anklopfen.
Aber bitte lass mich aus dem Spiel, was Aussagen bei der Polizei betrifft.«
»Das hätte ich
sowieso getan. Ach, Lazi …«
Er strich ihr über
die Wange, und es war wie eine Heilung aller Leiden und all der aufgewühlten
Emotionen: Sie schliefen noch einmal miteinander, sehr sanft und sehr lieb.
Diesmal fühlte sich Jo nur sehr, sehr melancholisch. Und es war klar, dass Sex
zwischen ihnen nie mehr vorkommen würde.
8
Als Laszlo gefahren
war, ging die Sonne auf. Es war noch dunstig, und die Natur zauberte Tausende
Diamanten in den Morgentau und in die herbstlichen Bäume Edelsteine: Saphire,
Smaragde, Opale und Onyx. Fenja und Fjölla standen Bauch an Bauch und schauten
in die Berge. Das taten sie öfter, und Jo war sich sicher, dass sie das
genossen. Einzig Falco, diese Pennnase, ruhte noch immer schnarchend im
morgenfeuchten Gras. Immer noch flach auf der Seite – so scheintot, dass Hias
sie sogar einmal informiert hatte, dass »der helle Gaul verreckt isch«. Dabei
war das der typisch männliche todesähnliche Schlaf. Männer, dachte Jo, kein
Sinn für die Poetik. Und Gerhard, nein, der hatte auch keinen Sinn für Poetik –
dem stand momentan der Sinn sowieso nicht nach ihr. Alle ihre klugen Freunde
hatten ja Recht: Andrea, dass sie ihn in Ruhe lassen sollte, und Lazi, dass das
alles eine Nummer zu groß für sie war. Aber was sollte sie tun?
Schließlich setzte
sie sich an den Küchentisch, ließ Svenjas Laptop hochlaufen, machte eine Kopie
auf Diskette, las die Namen der Medikamente und erstellte für Gerhard eine
handschriftliche Liste, mit dem, was Röschen Ostheimer zu den einzelnen
Substanzen erklärt hatte. Dann fuhr sie nach Kempten. Es war kurz vor sieben,
und sie war sicher, dass weder Gerhard noch Evi im Büro sein würden. Wer da
war, war Markus Holzapfel. Der war einigermaßen überrascht, Jo zu sehen, die
mal wieder viel zu schnell zu reden begann und heraussprudelte:
»Morgen, Markus,
pass auf! Ich habe da was sehr Wichtiges für Gerhard. Das ist Svenjas Computer,
der, der verschwunden war. Darauf sind eindeutige Beweise, dass Doktor Ostheimer
nicht nur Ochsen gedopt hat, sondern sehr wahrscheinlich in die Dopingszene im
Leistungssport verwickelt ist. Diese Liste von mir erklärt schon mal einige der
Medikamente. Tja, das wär’s, er kann was draus machen, oder er soll es bleiben
lassen.«
Markus, der mit dem
Suizid Svenja Gudmundsdottir nur ganz am Rande zu tun gehabt hatte, schaute Jo
kuhäugig an. »Häh?«
»Also, Markus«,
versuchte Jo es erneut, »es gibt den Fall der Tierärztin, die sich angeblich
umgebracht hat. Hat sie aber nicht, und dieser Laptop beweist das. Klar?«
Markus schaute Jo
an, als wäre er gerade erst aufgewacht und hätte Mühe, sich in der
morgendlichen Realität zurechtzufinden.
»Markus, das ist
echt wichtig! Ja? Sag ihm, das ist Svenjas verschollener Computer.«
Markus nickte. »Ja, ich
stell ihm das Ding hin und sag ihm das.«
Als Jo wieder
losfuhr, hatte sie kein gutes Gefühl. Markus war nicht mit allzu viel
Intelligenz geschlagen. Aber gut, sie hatte es versucht. Und was würde sie
jetzt tun? Diese Alp in Augenschein nehmen? Und plötzlich fiel ihr ein, dass
sie da wahrscheinlich zu spät dran sein würde, denn heute war Viehscheid in
Thalkirchdorf. Andererseits war es ja völlig unauffällig und nicht verwerflich,
wenn sie sich mal den Senn der Himmelsschwand-Alp anschaute. Was für ein Name
war das eigentlich? So himmlisch lieblich für ein solches Verbrechen. Wenn ihr
Verdacht zutraf. Nun, sozusagen absichtslos und unverbindlich würde sie
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