Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
Vom Netzwerk:
geweißelt gehört hätte. Gerhard rannte
förmlich aus dem Büro. Er hasste sich, wenn er die Beherrschung verlor. Das
hatte Evi nun wirklich nicht verdient. So oder so – er würde sich diese Himmelsschwand-Alp
ansehen.
    Als Jo ihr Büro
betrat, hatte sie einen Kater – und zwar einen Megakater. Ihr armer Körper
versuchte, über Herzrasen des Alkohols Herr zu werden, der Knoblauch, den sie
gestern, obwohl sie ihn nicht vertrug, gegessen hatte, tat ein Übriges, ihren
Magen zur Revolte zu veranlassen und den Kreislauf hochzujagen. Bitte jetzt
keine Gäste, flehte sie. Lieber Herrgott, wenn es dich gibt, bitte jetzt keine
Touris, besonders keine Schwaben und Sachsen. Diese beiden Dialekte hätten
ihren Magen unweigerlich zum Umkippen gebracht. Der Herrgott hatte ein
Einsehen, keine Tür klappte, kein Telefon ließ sich vernehmen, und Jo kam langsam wieder zu sich. Erst um halb elf wollte ein Herr Brüderle aus Aalen
eine Hotelempfehlung, und Jo war gegen Dialektattacken von »dr Alp ra«
gewappnet. Cola, eine Breze und Jos bestes Katerrezept, Fleischsalat, hatten
gewirkt. Nachdem sie Herrn Brüderle an den Bergstätter Hof weiterverwiesen
hatte, fiel ihr Blick auf das Display ihres Telefons, und das zeigte eine Nummer
in Kempten an. Gerhards Büro! Hatte er also doch den Laptop angesehen. Das
ruhelose Katerherz begann wieder zu klopfen. Sie wählte die Nummer, es war
Gerhards direkte Durchwahl. Es läutete und läutete, und dann war Evi Straßgütl
an der Strippe, die ihr sagte, Gerhard habe das Haus verlassen. Herrgott, diese
Ausdrucksweise, Jos Herz hämmerte.
    »Was heißt, hat das
Haus verlassen? Kommt er wieder? Wenn ja, wann?«
    »Ich habe keine
Ahnung. Er ist hinausgerauscht mit unbekanntem Ziel. Und ja, wenn er kommt,
werde ich ausrichten, dass du angerufen hast«, sagte eine genervte Evi.
    Jo bemühte sich,
cool zu bleiben. »Ja, danke. Noch eine Frage. Hat er den Laptop von Svenja
wenigstens angesehen?« Dieses »Wenigstens«, immer diese Zwischentöne, die Jo
einfach nicht unterlassen konnte. Sie spürte das ja selbst, aber dann war es
meist schon zu spät.
    »Ja, hat er. Und
auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederholt habe in den letzten Jahren,
die du mich hier mit deinen Anrufen erfreust: Das hier ist die Polizei, kein
Auskunftsbüro. Was Gerhard an Interna mit Außenstehenden so im Plauderton
bespricht, ist seine Sache. Ich hingegen würde dich doch sehr bitten, in
Zukunft auf Gerhards Handy oder Privatnummer auszuweichen. Wenn das möglich
wäre, Frau Doktor.«
    Bevor Jo noch nach Luft
schnappen konnte, hatte Evi aufgelegt. Jo warf den Hörer in die Gabel. Warum
wirkte Sprache so oft wie ein Hammer, der auf Porzellan fällt, das schon längst
in tausend Stücken lag? Sie hatte sich wirklich Mühe geben wollen. Theoretisch!
Aber war die Theorie nicht immer wolkenlos und die Praxis voller Gewitter?
    Sie ging vor die
Tür, um einen klaren Kopf zu bekommen. Der Himmel hatte alle Blautöne verloren.
Wie Löschpapier hatte er alles Bunte aufgesaugt. Grau war er, und ein
ungesundes Grün war noch übrig. Jo setzte sich auf die Stufe vor dem Büro.
Gerhard sei hinausgerauscht, hatte Evi gesagt. Wohin? Zu Ostheimer? Jo
überlegte und gab sich alle Mühe, sich in Gerhard hineinzuversetzen. Wie würde
Gerhard denken? Da er anscheinend nicht auf die Unterstützung seiner Kollegin
bauen konnte und sie wohl auch nicht informiert hatte, erschien Ostheimer Jo
als eher unwahrscheinliche Variante. Wahrscheinlich würde er sich die
Himmelsschwand-Alp ansehen. Um sich selbst ein Bild zu machen. Es musste
einfach so sein. Und auch wenn sie das unter Umständen den Job kosten konnte,
hängte sie ein »Geschlossen«-Schild an die Tür. Es war zwar erst elf Uhr – aber
Jo hatte jetzt keine Zeit, längere Zeit nach einer Vertretung zu fahnden. Sie
musste zu dieser Alp. Jetzt, sofort und auf der Stelle. Das Herzrasen war
wieder da – und Angst. Der Boden gab unter ihren Füßen nach. Aber tat er das
nicht ohnehin dauernd?
    Gerhard kannte die
Lage der Alp vom Mountainbiken her. Sie lag oberhalb der Bäreberg-Alp. Beide
Alpen waren nicht beschildert, es waren nicht die bekannten Alpen, nicht jene,
die am Sennalpenweg lagen oder an den großen Wanderwegen. Sollte einer hier
etwas Illegales vorhaben, war die Lage perfekt gewählt – unauffällig,
unspektakulär, auf jener moderaten Höhe gelegen, wo die Ströme der Bergwanderer
selten vorbeikamen. Auf der anderen Talseite, an die Nagelfluhkette geschmiegt,
wäre das

Weitere Kostenlose Bücher