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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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ganz anders gewesen – Alp Oberberg, Almagnach, das Naturfreundehaus,
die Kallen, Bärenschwand und Co. – nicht, dass da gerade der Bär tobte, aber
diese Gegenden standen doch viel mehr im Blickpunkt. Hier – und das wurde
Gerhard auf einmal fast wehmütig bewusst – lag eine Enklave der Einheimischen,
jener Leute, denen das Plakative und Laute eher Angst einflößte. Thaler Höhe,
Salmaser Höhe – hierher verirrten sich nur jene, die für die Liebe auf den
zweiten Blick anfällig waren. Verirrten sich hierher auch Verbrecher? Gerhard
wusste, dass er bis zur Bäreberg-Alp der Finks hochfahren konnte, was er für
gewöhnlich nie getan hätte. Das war schlechter Touri-Stil, möglichst überall
bis in den Gastraum vorzufahren. Bloß keinen Schritt zu viel zu Fuß
zurücklegen! Aber auch Gerhard hatte heute keine Zeit für einen Fußmarsch. Die
Schranke war zu, aber Gerhard war im Bilde, dass der Schlüssel im nächstgelegenen
Hof lag. Als Gerhard durchgefahren war, ließ er den Schlagbaum offen – nicht
aus Unachtsamkeit, sondern aus einem unbestimmten Gefühl heraus. Er stellte
seinen Bus bei Finks ab. Es war halb zehn. Wolken zogen von einem frischen Wind
getrieben über den Himmel, erstmals seit Wochen schien der Herbst nicht mehr
unter der Knute des Glutofensommers zu stehen. Er atmete durch.
    Vor der Bäreberg-Alp
stand ein silberner Honda-Jeep. Gerhard wollte später schnell Grüß Gott sagen,
jetzt stieg er über die Wiese bergan und trat prompt in einen Kuhfladen. Er
musste grinsen. Als Kinder waren sie immer mit nackten Füßen in die halbfesten
Kuahpflatter gestiegen und hatten es ungeheuer witzig gefunden, wenn der
feuchte Glibber zwischen den Zehen hochgequetscht worden war. Er nahm es mal
als gutes Omen, dass seine uralten Turnschuhe jetzt eine ländliche Kuvertüre
bekommen hatten.
    Die
Himmelsschwand-Alp war ein schlichtes, lang gestrecktes Gebäude. Die Fenster
waren mit Läden und Querbalken verschlossen, die Eingangstür auch, die durch
eine Stahlstange zusätzlich verrammelt war. Fast ein wenig zu martialisch,
dachte Gerhard, um eine Alp in den sanften Winterschlaf zu schicken. So ein
himmlischer Name, und dann war das Ding verriegelt wie ein
Hochsicherheitstrakt. Vorsichtig umrundete Gerhard das Gebäude. Die Stalltür
war auch verschlossen, aber bergseitig gab es noch eine kleine Tür. Er öffnete
sie und musste sich bücken, um einzutreten. Er blinzelte, seine Augen gewöhnten
sich nur mühsam an die Dunkelheit. Er zog eine kleine Maglight heraus und
leuchtete in das fahle Grau des Raumes. Er befand sich in einer kleinen Kammer,
die zwischen Stall und Stube lag und in der eigentlich Kuhglocken und Werkzeuge
aufbewahrt wurden. Hier aber wähnte er sich in einem Chemielabor. Über seine
schulische Karriere breitete er lieber den Mantel des Vergessens – speziell
Chemie war ihm besonders verhasst gewesen –, aber selbst Gerhard erkannte
Reagenzgläser und einen Liebigkühler auf einem Metalltisch. In einem Regal
darüber lagerten Medikamentenschachteln. Er öffnete einen mannshohen
Kühlschrank, wo weitere Schachteln gestapelt waren. Eine Batterie von Röhrchen
und Phiolen stand darin, teils etikettiert, teils ohne Aufschrift. Das hier war
ja ein Lager wie bei Roche oder Bayer, dachte er.
    Gerade als er nach
einem Lichtschalter suchen wollte, hörte er ein Knarzen hinter sich. Ein jäher
Schmerz im Nacken durchfuhr ihn. Seine Augen durchzuckten Blitze, dann wurde es
dunkel.
    Draußen auf der
Westseite der Hütte stieg bereits eine Feuersäule in den makellosen Himmel und
zog dunkle Schlieren ins Blau. Der starke Wind trieb das Feuer noch vom
Wohntrakt weg, aber der Stall stand in hellen Flammen.
    Gerhard kam zu sich,
sein Schädel schmerzte – Katerstimmung, Föhn, Migräne und Grippe zusammen. Er
tastete an die Schläfe, dann an seinen Hinterkopf. Blut! Und dann roch er es: Feuer, Rauch, und er sah die ersten Flammen, die unter der Holztür zum Kammerl
hindurchzüngelten. Mühsam kam er hoch, schleppte sich zu der kleinen Tür. Er
rüttelte, rüttelte stärker, warf sich mit seiner schmerzenden Schulterpartie
dagegen. Nichts zu machen! Sein ganzer Rücken fühlte sich an, als sei er wund
gescheuert und steif wie ein Brett. Er wusste, dass ihm jemand nicht nur auf
den Kopf, sondern gezielt zwischen die Schulterblätter geschlagen haben musste.
Er rang nach Luft. Das tat weh. Er atmete flacher, bekam nur keuchend Luft und
war Realist genug, zu wissen, dass er eine oder mehrere gebrochene

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