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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Rippen in
seinem geschundenen Körper hatte. Plötzlich – mit einem Bersten, als ob ein
Feuerdrache aus dem Orkus aufsteigen würde – zerbarst die Tür zum Stall, und
die Flammen schlugen herein. Gerhard schaffte es gerade noch, die Tür zur Stube
aufzudrücken und hinter sich zuzuwerfen. Ein dünner Lichtstrahl fiel durch eine
Wandritze, er konnte einen alten Holzherd ausmachen, einen schweren Tisch und
Holzstühle. Er probierte stöhnend, die Fenster zu öffnen – ohne Erfolg. Auf den
Versuch, sich gegen die Tür zu stemmen, verzichtete er. Er hatte die dicke Stahlstange
noch vor Augen. Wenn hier wenigstens eine Holzaxt liegen würde, aber der Raum
war penibel aufgeräumt.
    Der Rauchgeruch nahm
zu, biss in seinen Augen. Er konnte kaum noch etwas sehen. Gerhard tastete sich
zum Tisch vor und stieß an einen Stuhl. Ein Abtrockentuch hing dort, und
daneben stand ein Eimer. Mit Wasser. Gerhard tauchte das Tuch ein und schaffte
es nur unter schmerzvollem Stöhnen, den Eimer so zu heben, dass er sich selbst
mit dem restlichen Wasser übergießen konnte. Ich rieche wie die Inkarnation von
Meister Propper, dachte er, und das tröstete ihn irgendwie. Ein bekannter
Geruch und ein alberner Gedanke – das war doch ein Lebenszeichen. Noch lebte
er!
    Das Tuch vor dem
Gesicht, kauerte er am Boden, und plötzlich, einem Impuls folgend, kroch er
unter den Tisch, tastete über den Boden. Ein Holzspreißel schob sich unter
seinen Daumennagel, ein neuer, scharfer Schmerz, der sekundenlang von seinem
geschundenen Rücken ablenkte. Gerhard schüttelte die Hand, und als er sie
wieder auf den Boden aufstützte, spürte er etwas Metallisches. Da war es, was
er gehofft hatte. Mit dem wehen Rücken drückte er den Tisch zur Seite, eine
neue Woge von Schmerz überflutete ihn. Als sie abgeflaut war, ruckelte er an
dem Metallring. Die Falltür ging leicht auf. Im Geiste dankte er dem lieben
Herrgott, dessen er sonst selten gedachte, dafür, dass Alpen und alte
Bauernhäuser eigentlich ziemlich einfallslos gestaltet waren und fast alle
einen Kartoffelkeller hatten. Auf dem Hosenboden rutschte er die Stufen
hinunter und zog die Klappe zu.
    Gerhards Verlies war
höchstens zwei auf zwei Meter groß. Es roch modrig und feucht, aber noch war
hier kein Rauch. Noch …
    Gerhard atmete durch
und legte sich das nasse Tuch aufs Gesicht. Wenn jemand das Feuer entdeckt
hatte, wenn die Feuerwehr kam, wenn jemand ahnte, dass er hier war, wenn alles
nicht zu lange dauerte, dann hatte er hier unten eine Chance, zu überleben.
Viele Wenns, an denen sein Leben hing.
    Als Jo auf der Alp
Himmelsschwand ankam, sah sie zuerst Gerhards Bus. Dann erblickte sie eine
ziemlich aufgelöste Anni Fink, die auf dem Parkplatz umhertigerte und ins Tal
starrte. Jäh spürte sie das Feuer hoch über ihren Köpfen. Sie hörte es zuerst,
dann roch sie es und sah die Rauchsäule und rote Flammen, die in den grauen
Himmel züngelten.
    »Gerhard ist da
drin!«, schrie Jo, noch bevor sie richtig aus dem Auto gesprungen war.
    Anni starrte auf den
Bus.
    »Ja, Gerhard
Weinzirl, der Kommissar. Das ist sein Bus!«, rief Jo und rannte los, in
Richtung des Feuers, blindlings, stolpernd.
    Anni erwischte sie
an ihrer Jacke und riss Jo zurück.
    »Bleib hier, du
kannst da nicht mehr rein. Ich habe die Feuerwehr sofort alarmiert. Die müssten
längst hier sein.«
    Jo wehrte sich wie
eine Furie, sie versuchte, sich aus der Jacke zu schälen, und sie hätte Anni wahrscheinlich
niedergeschlagen, wäre nicht in dem Moment das Feuerwehr-Fahrzeug gekommen.
Jemand sprang heraus.
    »Huarasakrament!«,
schrie er. »Huarahundsweg! Ich musste mehrfach zurücksetzen, um die Kurven zu
kriegen. Und dann all die Schlaglöcher. Wie kommen wir da jetzt weiter?«
    »Über die Wiese?«
Anni hatte Jo noch immer wie beim Frauencatchen gepackt, als die plötzlich
wieder begann, wild um sich zu schlagen.
    »Da ist jemand drin!
Gerhard ist da drin. Er verbrennt. Das dauert alles viel zu lang. Ihr Idioten.
Ihr lasst ihn sterben.« Jo tobte und raste, und plötzlich machte es »klatsch«.
Der Feuerwehrkommandant hatte ihr eine Ohrfeige gegeben.
    »Reiß di zamm,
Huaretsweib! Wer ist do drin? Seit wann?«, fragte er mit Donnerstimme.
    »Gerhard Weinzirl,
Kommissar. Er hat mir doch geglaubt. Ich bin schuld!« Jo war hysterisch.
    »Huaretsweib, jetzt
reiß di zamm. Seit wann ist der Mann da drin?«
    »Das weiß ich doch
nicht!« Jo war völlig aufgelöst.
    Anni Fink mischte
sich ein. »Als ich um neun hochkam, war der

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