Weinzirl 03 - Kuhhandel
Ihr Mann ist nicht da. Meine
Kollegin sagte mir, Sie würden ihn heute zurückerwarten?«
»Ja, heute Abend ist
Gemeinderat. Auf der Tagesordnung steht die definitive Ausweisung des Grundes
für ein Einheimischenmodell. Fünftausend Quadratmeter gehören meinem Mann. Das
wird er nicht verpassen.«
»Würde es Ihnen
etwas ausmachen, wenn wir auf ihn warten?«, fragte Gerhard.
»Keineswegs. Aber
ich denke, er wird nach Hause fahren, nicht in die Praxis. Ich habe hier noch
zu tun. Fahren Sie ruhig zu uns hinauf. Die Terrassentür ist offen. Im
Kühlschrank stehen Getränke.«
»Frau Ostheimer, das
ist sehr freundlich von Ihnen, aber meine Kollegin wird bei Ihnen bleiben. Es
wäre nämlich gar nicht in unserem Sinne, wenn Sie Ihren Mann telefonisch warnen
würden.«
»Warum warnen?«
Röschen Ostheimer hatte den Kopf gehoben und sah Gerhard überrascht an.
»Frau Ostheimer,
wussten Sie davon, dass Ihr Mann auf der Himmelsschwand-Alp illegale
Tierversuche gemacht hat? Und sind Sie sicher, dass er immer in Ungarn gewesen
ist?«, ging Gerhard in die Offensive.
Röschen sah Gerhard
immer noch unverwandt an. »Nein, das wusste ich nicht. Und nochmals nein. Ich
weiß nicht, ob mein Mann überhaupt in Ungarn war. Wenn ja, habe ich keine
Ahnung, wie lange er da war. Mein Mann pflegt eher eine Kommunikation mit
seinem Hund aufzubauen denn mit mir. Ich weiß aber eins, Herr Weinzirl: Heute
Abend ist er da.«
Garfield gab ein
merkwürdiges Geräusch von sich, und Röschen wandte sich wieder dem Tier zu.
»Glaubst du ihr,
dass sie von nichts wusste?«, flüsterte Evi.
»Nicht wirklich,
aber solange du ein Auge auf sie hast, spielt das keine Rolle«, raunte Gerhard
zurück, und dann sagte er lauter in Frau Ostheimers Richtung: »Evi bleibt jetzt
mal hier, und ich werde Ihr Angebot mit dem Kühlschrank annehmen.«
Sie schenkte ihm ein
Lächeln und sagte zu Evi gewandt: »Wunderbar, dann können Sie mir für die
Nachmittagssprechstunde assistieren. Mögen Sie Tiere?«
»Ähm, ähm –
eigentlich schon. Ähm, ich habe nie wirklich darüber nachgedacht.«
»Sehen Sie, das wird
eine neue Erfahrung, glauben Sie mir. Haben Sie den Film über Grey Owl gesehen,
jenen Engländer, der als Trapper in Kanada gelebt hat? Er hat mal den schönen
Satz gesagt: Where kindness to animals appears nearly everything else can be
taken for granted. Das hat was.«
Gerhard musste
grinsen, als er ging. Evi hatte bereits ein Hundebaby im Arm, das ihr liebevoll
über die Nase schleckte, während Röschen sich der Vernichtung der Ohrmilben
dieses dicken kleinen Retrievers annahm.
Gerhard verließ die
Praxis und machte sich auf nach Halden. Unterwegs forderte er zwei
Streifenwagen als Verstärkung an, die er so platzieren ließ, dass Ostheimer sie
nicht sehen konnte. Auch Gerhard parkte seinen Bus in einer Nebenstraße. Das
Haus war wirklich offen, und obwohl er sich wie ein Eindringling vorkam, setzte
er sich mit einem Engelbräu-Bier, das er aus dem Kühlschrank nahm, auf die
Terrasse. Er kommt, verhieß ihm der Funk gegen 17 Uhr. Gerhard hörte ein Auto
heranfahren, den Kies knirschen, und dann hob ein wildes Gebelle an. Rambo
schoss durch den Garten und baute sich mit gefährlich gefletschten Zähnen vor
Gerhard auf.
»Rambo, Rambo, was
ist denn los?« Schwer atmend kam Ostheimer hinterher.
Er stoppte abrupt.
Gerhard erhob sich, was Rambo dazu veranlasste, einen Satz nach vorn zu machen.
»Pfeifen Sie das
Vieh zurück«, sagte Gerhard eher leise, um Rambo nicht zu provozieren.
Ostheimer herrschte
Rambo an: »Sitz!«, und sah Gerhard entgeistert an. »Darf ich fragen, was Sie
hier auf meiner Terrasse machen?«
Gerhard war schon
versucht zu sagen: Bier trinken, gar nicht übel, die Grüntenperle, aber er
machte mit prüfendem Blick auf Rambo einige Schritte in Ostheimers Richtung.
»Ich verhafte Sie wegen illegaler Tierversuche, Medikamentenmissbrauchs, wegen
des Verdachts des Mordes an Svenja Gudmundsdottir, an Josef Gantner und des
versuchten Mordes an meiner Wenigkeit.«
Ostheimer plumpste
in einen Gartenstuhl, und Rambo sprang besorgt an Herrchens Seite, ohne Gerhard
aus den Augen zu lassen.
»Häh? Was?«, stieß
Ostheimer schließlich hervor.
Inzwischen waren
zwei uniformierte Beamte in den Garten getreten und warteten auf Gerhards
Zeichen. Evi war mit Frau Ostheimer gekommen, die sich an ein Gartenmäuerchen
gelehnt hatte, so, als ginge sie das alles nichts an.
»Wo kommen Sie jetzt
her, Herr Ostheimer?« Gerhards Ton war
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