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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Augen, um der Tränen Herr zu
werden. »Der Rauch. Keine Sorge, Gerhard und ich …«, sie schluckte und lächelte
Jo plötzlich an. »Die Allgäuer sind mir ein bisschen zu starrsinnig. Und
unverständlich. Und ich hasse Weizen und Speckplatten. Und Mountainbikes.«
    Jo lächelte retour.
»Viel Glück hier. Gib mir deine Handynummer. Ich ruf dich sofort an, wenn wir
im Krankenhaus was erfahren. Ach ja, Evi. Weißbier mag ich auch nicht, ich kann
gut ohne Speckplatten leben. Na ja, Mountainbikes sind ganz okay. Danke!«
    Evi hob die Hand wie
zu einem Winken. Sie wischte sich die Tränen unter den Augen weg. Sie war keine
Zicke, Jo hätte sie am liebsten umarmt. Aber sie stolperte hinter Gerhards
Mutter her und vermied es, sich nochmals zu Evi umzudrehen. Hatte nicht
Leonardo da Vinci gesagt, dass die Wirkung an der Ursache teilhatte?
    Gerhard hatte Glück
gehabt. Außer drei gebrochenen Rippen und einem gewaltigen Bluterguss im
Schulterbereich war er unversehrt. Die Rauchvergiftung war minder schwer, ein
Auge war durch einen Splitter etwas in Mitleidenschaft gezogen, aber auch hier
hatte der Augenarzt Entwarnung gegeben. Nach drei Tagen war Gerhard eigentlich
wild entschlossen, das Krankenhaus zu verlassen. Als Jo ihn am vierten Tag, am
Dienstag nach seinem Alpabenteuer, das erste Mal besuchte, war ihr merkwürdig
zumute. Sie brachte gerade mal ein leises »Hallo« heraus.
    »Hallo.« Gerhard
lächelte, und da er eine Augenklappe trug, sah das aus wie bei einem verwegenen
Piraten.
    »Du siehst aus wie
in ›Fluch der Karibik‹«, sagte Jo.
    »Nur, dass Johnny
Depp ein Gott ist und ich der Depp. Was für ein Anfängerfehler. Lass ich mich
einfach niederschlagen. Ich sollte den Beruf wechseln.«
    »Dich nimmt doch
keiner mehr. Du bist zu alt und schwer vermittelbar.« Jo stieg in das Geplänkel
ein und spürte, dass ihnen das beiden gut tat.
    »Ja, vermutlich.« Er
zupfte an seiner Augenklappe. »Jo, ich muss dir danken. Jetzt hast du mir das
Leben gerettet.«
    »Ach, komm. Die
Feuerwehr ist auch ohne mich gekommen. Anni Fink hat sie gerufen. Und wenn: Dann sind wir jetzt quitt in der Lebensretterfrage. Du hast mich aus dem Schnee
gezogen, ich dich aus dem Feuer. Das hat doch was. Ist ja fast philosophisch.«
    »Und du große Philosophin
hast gewusst, dass ich auf der Alp bin?«, fragte Gerhard.
    »Ja, geahnt,
gehofft. Nein, eigentlich gewusst. Ich stand vor meinem Büro. Da war dieser
Löschblatthimmel über mir, und der hat mir von deinen Plänen erzählt. Ich habe
seit langem mal wieder meinem ersten Gefühl nachgegeben. Und das hieß: Renn!
Ich hatte solche Angst, dich zu verlieren.« Jo hatte jetzt noch Gänsehaut oder
besser Hennapfrupfa.
    Wieder ein kleiner
Ruck an der Augenklappe. Gerhard wandte sein Gesicht Jo ganz zu. »Wieso nehmen
wir Verluste so einfach hin? Wieso muss immer erst etwas passieren?«
    Jo zuckte mit den
Schultern. »Das Leben!«
    »Eine kluge Frau hat
mir kürzlich gesagt, man dürfe die gemeinsame Zeit nicht so einfach im Stich
lassen.«
    »Sehr klug, die
Frau. War sie hübsch?« Jo lächelte.
    »Hübsch? Ich weiß
nicht. Der Ausdruck passt in ihrem Alter nicht mehr ganz. Sie hat Stil, sie hat
Grandezza. Sie würde dir gefallen. Du ihr auch. Sie hat einen sehr eigenen
Sinn.« Gerhard hatte die Hand ausgestreckt, und Jo nahm sie vorsichtig.
    »Das geht eher an
meine Adresse. Ich habe die gemeinsame Zeit im Stich gelassen«, sagte Jo
schließlich.
    Ein langes Schweigen
machte sich breit, aber es war keine unangenehme Stille. Schließlich lachte Jo
Gerhard an. »So, du Johnny Depp, du Pirat der geheimnisvollen Weltmeere, dann
lass uns mal den neuerlichen Wellen trotzen. Ich habe von Evi auszurichten,
dass sie morgen vorbeikäme. Sie arbeitet wie eine Besessene. Sie hat einige
Neuigkeiten für dich, sagt sie. Sie, also sie und ich, ähm. Sie ist eine tolle
Frau, das will ich sagen.«
    Gerhard drückte ihre
Hand, das war alles. Und das war gut so.

11
    Als Evi am nächsten
Morgen kam, saß Gerhard gerade beim Frühstück. Sie kam hereingestürmt wie ein
Wirbelwind. Ungestüm – und das passte gar nicht zu ihrem Outfit. Evi hatte die
Haare wie eine brave BWL -Studentin
im Nacken zusammengebunden, und seit es kälter geworden war, waren auch ihre
heißen Tops passé. Nun trug sie einen seriösen marineblauen Pulli mit weißem
Kragen. Noch mehr BWL -Studentin –
so jung, so hübsch, dachte Gerhard, und auf einmal erfüllte ihn ein
merkwürdiger und neuer Gedanke. Sie wäre eine kleine Schwester,

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