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Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Titel: Weinzirl 04 - Gottesfurcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Berlin
zurück. Da war er siebzehn. Und damit waren alle eure toten Herren in
Oberhausen in der Schule.«
    »Himmel«, sagte
Gerhard. »Wenn da einer beschlossen hat, den kompletten Jahrgang 1940
auszumerzen, dann kriegen wir noch was zu tun.«
    »Glaub ich nicht.«
Evis Fränkisch war wieder zu hören. »Denn es gibt noch einen Zusammenhang. Ich
habe mal im Lebenslauf vom Postboten Draxl gestöbert: Johann Draxl hat zuerst
im Bergbau in Peißenberg gearbeitet. Dann war auch er auf der Schnitzschule in
Oberammergau. Im Herbst 1958 hat er dort begonnen, er hat aber nach einem
knappen Jahr abgebrochen. Kölbl war ebenfalls erst im Bergbau tätig und schon
ab 1957 auf der Schule in Oberammergau. Er hat sie beendet. Und euer Matzke
importiert Oberammergauer Schnitzwaren und hat drei Niederlassungen in
Deutschland, eine Zentrale in Berlin und Läden in Köln und Hamburg. Ja, meine
Herren, das war’s in Kürze. Mehr hab ich momentan nicht.«
    »Evi, du bist
genial, mehr als genial. Danke, meine Beste.«
    »Bitte, gerne. Ach
Gerhard? Kann es sein, dass du einen Mordskater hast, deine Stimme klingt wie
Joe Cocker in seinen besten Zeiten.« Sie gluckste und schickte noch ein »Grüß
Sie, Herr Baier« hinterher, bevor sie auflegte.
    »Herrschaft
Zeiten!«, sagte Baier. »Da haben wir also drei Männer, die mit dem Schnitzwesen
zu tun haben. Kölbl, den Berliner und Draxl. Wir müssen nur noch rausfinden,
wie Draxl da reinpasst. Vielleicht hat er Kölbl geholfen, war sein Komplize.
Die beiden waren alte Freunde.«
    »Wir müssen Helga
Kölbl dazu befragen. Sie muss ihn doch gekannt haben. Aber ich gebe immer noch
zu bedenken, dass Draxl eines natürlichen Todes gestorben ist.«
    »Und bei Ihnen
angegeben hat, verfolgt zu werden, und nach seinem Tod in einen hohlen Baum
gebettet wurde.«
    Gerhard war
aufgestanden und hatte auf dem Flipchart eine Skizze entworfen.
     
    Johann Draxl
Georg Kölbl
Paul Matzke
geb. ‘40 in Maxlried
geb. ‘40 in  GAP
geb. ‘40 in Berlin
wohnhaft Wessobrunn
wohnhaft Oberammergau
wohnhaft Berlin
Postbote i.R.
Schnitzermeister
Kunstimporteur
Herzinfarkt
erwürgt
erstochen
Esel
Lamm
Ochs
Schnitzschule 1958
Schnitzschule 1957–1959
Importeur
21.12. Eibenwald
26.12. Döttenbichl
1.1. Reiselsberger Sandstein
Eiben, Kelten
Varus, Opferplatz
Teufelstritt, Eiche, Mistel
 
 
    Gerhard und Baier
standen vor der Skizze und betrachteten sie. Der junge Kollege Steigenberger
war ebenfalls ins Büro gekommen, hatte sich hinter den beiden aufgebaut und
schaute ihnen über die Schulter, was ihm bei seinen eins fünfundneunzig leicht
fiel. Er unterbrach das Schweigen: »Alles passiert 1957. Der Berliner geht
heim, die beiden anderen beginnen auf der Schnitzschule. Was war im Herbst 1957
bloß los?«
    »Herrschaft Zeiten!
Sie haben Recht. Weinzirl, Sie kümmern sich jetzt um Ihre Freundin.
Steigenberger und ich recherchieren noch ein bisschen im Leben der Opfer. Sie
hauen sich aufs Ohr. Und morgen fahren wir nach Ogau. Morgen! Sortieren Sie
sich und Ihre Gedanken!«
    Als Gerhard kam, lag
Jo in seinem Bett. Sie hatte es geschafft, die wenigen Kleidungsstücke so über
die Wohnung zu verteilen, dass es wirkte, als hätte sie einen ganzen Koffer
ausgeleert. Sie hatte Kaffee gekocht, die Maschine war noch an, und die Tasse
stand im Waschbecken im Bad. Der Deckel vom Klo war offen, etwas, was Gerhard
hasste. Sie hatte eine Dose Nivea-Creme geöffnet, die Alufolie nur leicht
aufgeklappt und den Finger in die Creme versenkt. Wieso konnten Frauen nicht
einfach das ganze Alu abziehen? Keine Frau konnte das. Ein zerknülltes nasses
Handtuch war nachlässig über den Schreibtisch geworfen, ein anderes knüllte in
seinem Bett neben ihr und dem Kater, der sie augenscheinlich anschmachtete.
Gerhard überlegte, ob er sie wecken sollte, als sie die Augen aufschlug. Sie
setzte sich auf, sie war nackt.
    »Der ist ja süß«,
sagte sie und begann den Kater zu kraulen. »Du hast gar nicht erzählt, dass es
hier so viele Tiere gibt. Im Stall sind zwei total goldige Fohlen. Wieso
erzählst du so was denn nicht?«
    »Wärst du dann
früher gekommen? Wegen der Fohlen?« Scheiße, das war nun von allen schlechten
Sätzen der schlechteste.
    »Bestimmt, denn
wegen dir und deiner dauerschlechten Laune lohnt es sich kaum«, raunzte sie
zurück. »Und, die Welt gerettet?«
    Er schwieg.
    »Oh, mea culpa, mea
maxima culpa, ich weiß, dass du so was wie Schweigepflicht hast und nichts
erzählen darfst.« Sie war aus dem

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