Weiß (German Edition)
ihn eintreten. Lewin folgte der Einladung und sah sich um. Er war noch nie in diesem Haus gewesen und was er sah, ließ ihn staunen.
Die gesamte untere Etage beinhaltete nur ein einziges Zimmer. Dieses war zwar nur spärlich eingerichtet, wirkte aber dennoch keineswegs karg oder leer. An einer Seite des Raumes waren helle Tücher vom Boden bis zur Decke gespannt. Davor befand sich ein kleiner hölzerner Schemel und, in einigem Abstand davor, eine Staffelei sowie mehrere verschiedene Farbbehälter und Pinsel. In der Ecke daneben lag eine Matratze mit zerwühltem Bettzeug darauf. Außerdem gab es ein altes zerschlissenes Sofa und massenweise Leinwände, die sich in allen Ecken stapelten, an den Wänden hingen oder an diese gelehnt waren. Hätte Lewin vorab die Wohnung eines Künstlers beschreiben sollen, wäre diese Beschreibung wahrscheinlich nahezu identisch mit der Wohnung des schönen Aarons gewesen.
„Also, was willst du?“ Der braungelockte junge Mann ging mit schwingenden Hüften zu dem alten Sofa und ließ sich langsam darauf gleiten.
Jede seiner Bewegungen wirkte anmutig und exquisit und ließ in Lewin neidvolle Bewunderung aufkommen. Selbst jetzt, wo er vollkommen gelangweilt und desinteressiert vor ihm auf dem Sofa saß, konnte Lewin sich des Gedankens nicht erwehren, dass alles um so vieles besser wäre, wenn der schöne Aaron sich nicht mit den falschen Leuten eingelassen hätte. Wenn er sich doch nur einen Moment lang Zeit genommen hätte, ihn kennenzulernen, anstatt den leeren Worten der Anderen zu glauben. Er hätte ihn mögen können, dessen war Lewin sich sicher.
Der schöne Aaron seufzte laut auf und räusperte sich anschließend. „Hör mal, ich weiß eigentlich gar nicht warum ich dich überhaupt reingelassen habe. Ich will mit dir nichts zu tun haben und was immer das für ein Angebot ist, dass du mir machen willst, interessiert mich eigentlich auch nicht. Ich würde dir also vorschlagen, du gehst wieder, damit ich möglichst schnell wieder vergessen kann, dass du jemals hier gewesen bist.“
In Aarons Stimme lag so viel Verachtung und Geringschätzung, dass es Lewin langsam die Kehle zuschnürte.
Er bekam ja nicht einmal eine Chance! Aber hatte er wirklich geglaubt, der schöne Aaron würde einen Blick in seine Welt werfen? Wie war er nur auf die Idee gekommen, dass der heutige Tag anders verlaufen würde, als jeder andere Tag zuvor. Aaron wollte genau so wenig auf ihn hören, wie alle anderen. Was hatte er sich nur dabei gedacht, hierher zu kommen?
In Lewins Eingeweiden kribbelte es. Ein merkwürdiges Taubheitsgefühl erfasste seinen Kopf und lähmte seine Gedanken. Es war ähnlich wie im Zimmer des Alten und Lewin spürte, wie etwas in ihm ganz allmählich immer drängender wurde. Wut kochte in seinem Bauch. Wut auf die abschätzigen Bemerkungen, den verächtlichen Tonfall und das Desinteresse an seiner Person. Wut angesichts der unschuldigen Mädchen, die es sich mit Sicherheit eines nach dem anderen auf der schmutzigen Matratze in der Ecke bequem machen mussten und Wut auf die grenzenlose Leichtigkeit, mit der der schöne Aaron durchs Leben gehen durfte. Was hatte er sich nur dabei gedacht?
Lewins Haut brannte. Er spürte, wie sein Gesicht rot anlief und der Schweiß ihm auf der Stirn perlte. Ihm war heiß und kalt zugleich. Seinen ganzen Körper erfasste eine elektrisierende Gänsehaut und er wurde so empfindlich, dass die Luft auf seiner Haut schmerzte. Der Druck in seinem Innern wurde immer stärker und er wusste nicht, wie lange er sich noch unter Kontrolle haben konnte und wollte. Was war hier nur los?
Der schöne Aaron richtete sich nun langsam auf. Lewins merkwürdiges Gebaren war ihm nicht verborgen geblieben.
„Junge, ich hab echt keine Ahnung, auf was für einem Trip du bist, aber ich will jetzt, dass du hier verschwindest! Ganz offensichtlich hast du noch größere Probleme als ich gedacht habe und ich will, verfluchte Scheiße, nichts davon hier in meinem Haus haben, also würdest du dich jetzt bitte endlich VERPISSEN!?“ Beim letzten Wort hatte er sich vom Sofa erhoben und in seiner ganzen Schönheit entfaltet. Die Furche zwischen seinen Augenbrauen war noch tiefer geworden und verlieh seinem Antlitz eine Art gefährlicher Anmut. Seine Lippen bebten und mit ihnen schien auch sein lockiges Haar in Bewegung zu geraten. Der schöne Aaron stemmte die Hände in die Hüften und war dabei so verdammt unwiderstehlich, dass es Lewin das Herz zerriss. In diesem Augenblick
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