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Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Titel: Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro D'Avenia
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haben uns viel zu lange nicht mehr abreagiert.«
    »Stimmt, und wir müssen uns aufs nächste Spiel vorbereiten.«
    »Gegen wen treten wir an?«
    »Gegen diese Trantüten aus der 13 a.«
    »Die X-Men?«
    »Genau.«
    »Ein Kinderspiel …«
    »Niko …«
    Er sieht mich an.
    »Hast du Angst vor dem Tod?«
    »Wer denkt denn bitte an den Scheißtod, wenn er bei McDonalds vor ’ ner Cola sitzt? Du hast sie wirklich nicht mehr alle, Leo. Das muss an den Haaren liegen, du solltest sie dir abschneiden, dein Hirn kriegt keine Luft mehr …«
    Ich lache los, aber in Wirklichkeit bin ich aus Eis.
    »Was hab ich dir tausendmal gesagt?«
    Ich mache seine metallische Stimme nach.
    »Du sollst nicht ans Weiß denken!«
    »Komm, wir gehen ein paar Bräute im Zentrum aufreißen …«
    »Nein, ich muss nach Hause … lernen …«
    Niko lacht.
    Ich tue so, als würde ich auch lachen.
    »Bis morgen.«
    »Bis morgen. Wir machen Hackfleisch aus denen!»
    Schwach zu sein ist nicht leicht.

S ilvia hat mir erzählt, dass Beatrice im Krankenhaus liegt. Gewisse Dinge darf mir nur Silvia sagen. Beatrice braucht Blut. Transfusionen derselben Blutgruppe. Man muss das weiße Blut bekämpfen und hoffen, dass sich neues, reines, rotes Blut bildet. Wenn sich das weiße Blut bekämpfen lässt, kann sie gerettet werden. Ich habe keine Ahnung, welche Blutgruppe ich habe, aber ich weiß, dass mir genug rotes Blut in den Adern fließt, dass ich alles geben würde, nur um zu sehen, wie es zum Rot ihrer Haare wird. Blutrotes Haar.
    Ohne jemandem etwas zu sagen, rase ich auf meiner 50er los. Alles ist weiß geworden: die Straße, der Himmel, die Gesichter der Menschen, die Krankenhausfassade. Als ich eintrete, schlägt mir der Geruch nach Desinfektionsmittel entgegen, und ich muss an den Zahnarzt denken. Ich suche ihr Zimmer. Ich frage nicht, wo sie liegt, denn ich habe einen Kompass im Herzen, der immer auf meinen Norden weist: Beatrice. Beim dritten Versuch finde ich sie tatsächlich. Heimlich betrachte ich sie aus der Ferne: Sie schläft. Wie eine schlafende Prinzessin. Neben ihr sitzt eine rothaarige Frau: vielleicht ihre Mutter. Auch sie hat die Augen geschlossen. Ich traue mich nicht, hinzugehen. Ich habe Angst. Ich weiß auch gar nicht, was man in solchen Situationen sagt. Silvia wüsste vielleicht, was zu tun wäre, aber ich kann sie nicht ständig belämmern …
    Dann erinnere ich mich an die Sache mit dem Traum und dass Beatrice mein Traum ist. Also gehe ich zur Anmeldung und sage, dass ich gerne mein rotes Blut als Ersatz für Beatrices weißes spenden möchte. Die diensthabende Schwester sieht mich konsterniert an.
    »Hör mal, wir haben hier keine Zeit zu verlieren.«
    »Ich auch nicht«, antworte ich grimmig.
    Sie kapiert, dass ich es ernst meine.
    »Wie alt bist du?«, fragt sie abschätzig.
    »Sechzehn«, gebe ich abschätzig zurück.
    Sie sagt, ich sei minderjährig und brauche die Erlaubnis meiner Eltern. Na, toll! Da will man Blut für einen kranken Menschen spenden und braucht eine Erlaubnis. Da will man seinen Traum wahr machen oder ihn retten und braucht eine Erlaubnis. Was für eine Scheißwelt! Erst soll man träumen, und kaum fängt man damit an, wird man daran gehindert: Die sind doch alle nur neidisch. Deshalb kommen sie einem damit, dass man zum Träumen eine Erlaubnis braucht oder volljährig sein muss. Ich bin nach Hause gefahren. Mir war, als würde ich in einem Meer aus Weiß treiben, ohne Häfen, ohne Anker. Ich habe nichts auf die Reihe gekriegt. Ich habe weder mit Beatrice geredet noch Blut gespendet. Ich rufe Silvia an, sonst geht’s mir dreckig.
    »Wie isses?«, frage ich sie.
    »Geht so, und bei dir?«
    »Schlecht, ich hab für Beatrice kein Blut spenden dürfen!«
    »Und wieso nicht?«
    »Wenn man minderjährig ist, braucht man eine Erlaubnis.«
    »Leuchtet doch ein, ist schließlich nicht ganz ungefährlich …«
    »In der Liebe ist alles möglich! Da braucht man keine Erlaubnis!«
    »Stimmt …«, antwortet Silvia und schweigt.
    »Was ist los? Du bist heute irgendwie komisch …«
    Mechanisch wiederholt sie meinen vorletzten Satz, als hörte sie mir gar nicht zu.
    »In der Liebe ist alles möglich …«

I ch kann mich auf nichts konzentrieren. Mein Traum bricht in sich zusammen wie eine Sandburg bei Flut. Mein Traum ist weiß geworden, denn Beatrice hat Krebs. Der Träumer sagt, ich müsse die richtigen Fragen stellen, um meinen Traum zu erkennen. Dann versuchen wir es mal mit dieser Scheißleukämie! Wieso zum

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