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Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Titel: Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro D'Avenia
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Nasenpiercing, und man weiß sofort, dass sie offen ist und man mit ihr reden kann. Susy hat ein Tattoo rings um den Bauchnabel. Da weiß man auch, wen man vor sich hat. Es ist eine Art Signal, um zu zeigen, dass sie leicht zu haben ist. Wie auch immer: Ich muss auffälliger werden, damit die anderen mich besser sehen. Ich hab’s satt, unsichtbar zu sein.
    Beatrice hat das nicht nötig, sie hat rotes Haar und grüne Augen. Das reicht, um zu zeigen, wie sehr sie lieben kann und wie rein sie ist: rot wie der hellste Stern, makellos wie der hawaianischste Sand.

A ls ich wieder in die Schule komme, ziehen mich alle auf und nennen mich C-3PO, nach dem goldenen Roboter aus Krieg der Sterne . Ich hab noch immer den Arm in der Schlinge, aber immerhin werde ich den Gips in ein paar Tagen los. Seit ich wieder da bin, scheine ich sogar Giacomo als ärmste Sau der Klasse abgelöst zu haben. Dafür schreiben mir alle auf meinen Gipsarm. Er ist total vollgekritzelt mit den Namen meiner Klassenkameraden und Freunde. Mein Arm schillert in allen Farben. Mein Arm ist berühmt. Mein Arm liebt mich, denn jetzt trage ich alle, die mich lieben, mit mir herum. »Die Piraten warten auf ihren Kapitän! Niko«, »Deine Wiedergeburt wird dem Unglück ein Denkmal setzen … Erika«, »Besser du als ich! Giak«, »Du bist trotzdem schön! Silvia«. Nur ein Name fehlt. Beatrices. Doch ich brauche ihn nicht, schließlich trage ich ihn auf meinem Herzen.
    Es gibt solche Namen und solche. Man kauft sich ein Fred Perry, Dockers, Nikes … Das sind Namen, die man auf Dingen trägt, die man früher oder später ersetzt, wegwirft, verliert … Klar, man fühlt sich damit besser, aber sie vergehen. Und dann sind da die anderen Namen. Die, die man auf dem Herzen trägt. Diese Namen sagen einem, wer man und für wen man wirklich ist. Auf meinem Herzen ist der Name Beatrices eingebrannt. Sie ist mein Traum, und ich lebe für sie.

D och sie kommt nicht zur Schule: nächste Runde Chemo. Wenn das so weitergeht, wird sie das Jahr wiederholen müssen.
    Als ich wieder nach Hause komme, liegt ein zerknitterter Brief auf meinem Schreibtisch. Auf dem Post-it meiner Mutter steht: »Der lag unten in der Krankenhaustasche.« Der Brief an Beatrice! Wie konnte ich den vergessen! Ich muss ihn ihr bringen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue, weil: »Das, was du tust, zeichnet dich aus, nicht das, was du bist.« Batman hat immer recht.

G ezwungen vom unerbittlichen Verstreichen der Tage hocke ich endlich über den Büchern. Ich habe beschlossen, den versäumten Stoff nachzuholen. Um die Wahrheit zu sagen, sitzt mir Silvia gegenüber, alleine würde ich das nie schaffen. Inzwischen sind wir in die Thrillerphase des mit Test und Prüfungen gespickten letzten Schuljahrquartals eingetreten. Und ich habe einen Haufen nachzuholen.
    Silvia berichtet mir von den letzten Stunden des Träumers (vor allem von den außerplanmäßigen, meinen Lieblingsstunden), sie fasst die Kasussyntax zusammen und erklärt mir einen Gesang der Göttlichen Komödie . Der über Odysseus, der seine Gefährten überredet, sich aufs Meer hinauszuwagen, um, glaube ich, nach »Größe und Erkenntnis« zu streben (ich kann die scharfe, metallische Stimme unserer Lehrerin förmlich hören), und sie dann übers Ohr haut, weil sie alle auf den Meeresgrund hinabgezogen werden und sterben.
    Während Silvia redet, schweife ich ab. Eigentlich ist es immer dieselbe Geschichte. Ein paar Leute haben einen Traum oder glauben, einen zu haben, und zwingen andere, auch daran zu glauben, doch dann machen Zeit und Tod alles zunichte.
    Alle haben für diesen trügerischen Traum gelebt. Allein, dass ein anderer stellvertretend daran geglaubt hat, lässt einem das Adrenalin in die Adern schießen, doch es war eine Illusion. Mein Traum ist auch eine Illusion. Die Krankheit will sie mir wegnehmen. Ohne Beatrice existiere ich nicht.
    Silvia sieht mir schweigend in die Augen, sie hat gemerkt, dass ich ganz woanders bin. Sie streicht mir sanft über die Wange, und der Wind fängt wieder an zu blasen auf dem Bild mit dem Schiff, es fährt mit geblähten Segeln zu einem mir unbekannten Hafen, von dem ich jedoch weiß, dass es ihn gibt, genau wie die Hand, die mich gestreichelt hat. All das vermag Silvia mit einer einzigen zärtlichen Geste. Wie macht sie das nur?
    Danke, Silvia. Danke, Silvia, dass es dich gibt. Danke, Silvia, du bist der Anker, der mich vor der Drift bewahrt, du bist das Segel, das mich über die Ödnis des

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