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Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Titel: Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro D'Avenia
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mitten im Traum stecken, die Wirklichkeit noch nicht von der Traumwelt unterscheiden können. Ich habe nur geflüstert, doch sie hat mich gehört.
    »Das hat nichts mit Fairness zu tun, Leo. Es ist leider eine Tatsache, und diese Tatsache ist mir passiert. Der Punkt ist, ob ich bereit bin oder nicht. Vorher war ich es nicht. Jetzt bin ich es vielleicht.«
    Ich höre nicht mehr zu, ich verstehe nicht, was sie da sagt, etwas in mir rebelliert und will nicht zuhören. Mein Traum bringt mich in die Wirklichkeit zurück? Die Welt steht offenbar kopf. Seit wann lassen Träume die Wirklichkeit erkennen? Etwas Unsichtbares drischt auf mich ein, ohne dass ich mich wehren kann.
    »All die Liebe, die ich in diesen Monaten erfahren habe, hat mich verändert, hat mir Gott gezeigt. Ganz allmählich höre ich auf, Angst zu haben, zu weinen, weil ich glaube, dass ich, wenn ich die Augen schließe, bei ihm erwachen werde. Und das Leiden ein Ende hat.«
    Ich begreife sie nicht. Sie macht mich richtig wütend. Ich besteige Berge, überquere Ozeane, stürze mich bis über beide Ohren ins Weiß, und sie lässt mich einfach so abblitzen. Ich habe alles getan, um sie zu erobern, und kaum ist sie zum Greifen nahe, muss ich erkennen, dass sie meilenweit entfernt ist. Meine Hand ballt sich zu einer Faust, meine Stimmbänder spannen sich zu einem Schrei. Beatrice beugt sich vor und nimmt meine geballten Hände, meine Finger lösen sich, die Stimmbänder geben nach. Ihre Hände sind warm, und ich spüre, wie mir das Leben aus den Fingern strömt, während ich die ihren streichle, als würden unsere Seelen durch unsere Hände zueinanderfinden, als kennten sie keine körperlichen Grenzen mehr. Dann lässt sie sacht meine Hände los, um der Seele genügend Zeit zu geben, in ihre Hülle zurückzukehren, und ich spüre, wie sie abermals davondriftet, einem unbekannten Hafen entgegen.
    »Danke für deinen Besuch, Leo, aber jetzt musst du gehen. Es tut mir leid, aber ich bin sehr müde. Doch ich würde mich freuen, wenn du wiederkämst. Ich geb dir meine Handynummer, dann kannst du mir vorher Bescheid sagen. Danke.«
    Ich bin dermaßen verwirrt und versteinert, dass ich wie ferngesteuert reagiere. Ich tue so, als wäre nichts, obwohl ich ihre Nummer schon habe, aber als sie sie mir diktiert, merke ich, dass es eine andere ist als die, die mir Silvia irgendwann mal gegeben hat.
    Ich kann keine Fragen stellen, aber jetzt erklären sich all die unbeantworteten Nachrichten. Dann hält mich Beatrice nicht für einen Loser, und ihr Schweigen war keine Absicht! Es gibt noch Hoffnung für mich. Vielleicht hat sich Silvia geirrt, vielleicht hatte sie auch die falsche Nummer, oder ich hab sie falsch aufgeschrieben. Mein Zahlengedächtnis ist noch schlechter als das meiner neunzigjährigen Großmutter. Ich beuge mich hinunter und küsse sie auf die Stirn. Ihre durchschimmernde Haut riecht einfach nur nach Seife, ohne Dolce & Gabbana oder Calvin Klein. Ihr Duft, sonst nichts. Beatrice, sonst nichts. Ohne Maskerade.
    »Ich danke dir.«
    Sie entlässt mich mit einem Lächeln, und als ich zur Tür gehe, spüre ich einen weißen Strudel hinter meinem Rücken, der mich packen und verschlucken will.

B eatrices Mutter bedankt sich bei mir und sagt, Silvia warte unten. Ich zwinge mich, gefasst zu bleiben.
    »Danke, Signora. Wenn Sie erlauben, würde ich Beatrice gern öfter besuchen. Und wenn Sie etwas brauchen, helfe ich gern, Sie können mich jederzeit anrufen … auch vormittags.«
    Sie lacht.
    »Du bist wirklich auf Draht, Leo. Das werde ich tun.«
    Als ich aus der Haustür komme, lehnt Silvia wartend an einer Straßenlaterne, als wollte sie mit ihr verwachsen. Sie sieht mir fest in die Augen, die sie vor Tränen kaum sehen. Sie nimmt meine Hand, und zerbrechlich wie welkes Laub gehen wir für den Rest des Tages schweigend nebeneinander her, Hand in Hand, gehalten nicht durch eigene Kraft, sondern durch die, die wir einander geben.

A ls ich nach Hause komme, sitzt meine Mutter im Wohnzimmer. Mein Vater sitzt ihr gegenüber. Sie sehen aus wie zwei Salzsäulen.
    »Setz dich.«
    Ich stelle den Rucksack zwischen die Beine, um mich gegen den Zorn zu wappnen, der gleich über mich hereinbrechen wird. Meine Mutter redet als Erste.
    »Die Schule hat angerufen. Deine Versetzung ist gefährdet. Von heute bis zum Ende des Schuljahres verlässt du das Haus nicht mehr.«
    Ich sehe meinen Vater an, um zu kapieren, ob das wieder eine von Mammas Drohungen ist, die nach einigem Hin

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