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Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue

Titel: Weiß wie Milch, rot wie Blut - D'Avenia, A: Weiß wie Milch, rot wie Blut - Bianca come il latte, rossa come il sangue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro D'Avenia
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auftauchen. Hin und wieder schummele ich und blinzle zu ihr hinüber, dabei halte ich den Atem an, damit sie nicht merkt, dass ich sie ansehe.
    »Nicht die Augen aufmachen«, sagt sie, als ahnte sie etwas.
    »Mach ich gar nicht.«
    »Was hast du gesehen?«
    »Nichts.«
    »Konzentrier dich.«
    »Und was hast du gesehen?«, frage ich neugierig.
    »Alles, was ich habe.«
    »Und welche Farbe hat das?«
    »Rot.«
    »Und was ist es?«
    »Die Liebe, die ich bekomme. Die Liebe ist immer ein Soll, deswegen ist sie rot.«
    Ich verstehe nichts. Ich verstehe nie, was Beatrice sagt.
    »Und du, Leo, was hast du gesehen?«
    »Weiß.«
    »Mit geschlossenen Augen?«
    »Mit geschlossenen Augen.«
    »Und was ist es?«
    »…«
    »Na?«
    »All das, was ich nicht habe. Die Liebe ist immer ein Außenstand, der nie beglichen wird …«
    »Ach, hör doch auf …«, sagt Beatrice lachend und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
    Ab heute wasche ich mir nie mehr das Gesicht.

F ür eine Faust voll Tore. Der Moment der Wahrheit ist gekommen, die finale Schlacht gegen den Vandalen. Das Spiel, das über den Turniersieg entscheidet. Wir sind einen Punkt im Rückstand. Wir können nur gewinnen. Wir müssen gewinnen. Es steht sehr viel mehr auf dem Spiel als der Sieg: die Rache für Nikos Nase, die Torschützen-Rangliste, der Stolz der Piraten. Ich verspüre die richtige Wut. Wut, die sich in glühenden Bällen entlädt, auf der Haut der Gegner brennt und sich in zahlreiche Grätschen gegen den Vandalen verwandelt.
    Es geht um alles. Ein Jahr voller Plackerei. Wenn man das Turnier gewinnt, kennen einen alle Mädchen und finden einen geil. »Schau mal, der Pirat. Der Kapitän von den Piraten …« Ich höre es schon … Wenn doch bloß Beatrice mich spielen sehen könnte. Ihr will ich dieses Spiel widmen, den Sieg, die Tore, den Triumph über den Vandalen. Jetzt muss ich mich nur noch konzentrieren. Noch eine halbe Stunde, aber ich bin seit mindestens drei Stunden bereit. Niko kommt mich mit dem Moped abholen.
    Nachricht. Das wird Niko sein, der sagt, ich soll runterkommen. »Ich hab Angst … bin so müde, todmüde. Ich bin so allein … Beatrice.«
    Ich rufe sie an.
    »Was ist los, Beatrice, was ist los?«
    Ihre Stimme bebt. Sie weint, sie weint, wie ich sie noch nie habe weinen hören.
    »Ich komme!«
    Ich renne runter, und als Niko auftaucht, lasse ich ihn gar nicht erst zu Wort kommen.
    »Los, begleite mich. Sofort. Ich komme später nach, ich hoffe, ich schaffe es …«
    Niko ist sprachlos. Er fährt los und lässt mich einfach stehen. Ich sehe ihn davonbrausen, und sein Moped klingt wie ein Freund, der für immer verschwindet.
    Und dieses Geräusch tut verdammt weh.

B eatrice öffnet die rotgeweinten Augen und löst sich aus meiner Umarmung.
    »Danke, dass du gekommen bist, heute hätte ich es alleine nicht ausgehalten …«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich habe Angst.«
    »Wovor?«
    »Alles zu verlieren, im Nichts zu enden, in der Stille, zu verschwinden und fertig, nie mehr die Menschen um mich zu haben, die ich liebe.«
    In meinem Kopf lassen sich keine passenden Worte oder Sätze finden. Ich bringe nur die einzige Wahrheit heraus, die feststeht, wie die mächtigen Bäume, die allein inmitten eines grünen Feldes aufragen:
    »Ich bin hier.«
    Ich drücke ihre Hand, als könnte ich sie der Leere und der Angst entreißen, wie ein Trapezkünstler, dem das Leben seines Partners anvertraut ist, ohne Netz und doppelten Boden.
    »Schreib …«
    Ihr Murmeln ist kaum zu verstehen, und ich muss mich dicht zu ihr hinunterbeugen, um sie zu hören. Ihr Atem ist heiß und rau wie Eisen auf Stein. Ich schreibe auf, was Beatrice mir zuwispert; als sie fertig ist, hält sie mir das Tagebuch hin:
    »Nimm es. Heb es auf. Heute bin ich fertig mit Schreiben. Ich schenke es dir.«
    Das kann ich nicht: Ich schüttele den Kopf und lege es neben sie.
    »Ich dachte, ich hätte es für mich geschrieben. Aber ich habe begriffen, dass ich es für dich geschrieben habe. Es ist das Einzige, was ich dir schenken kann und will, Leo.«
    Ich habe keinen Widerspruch erhoben.
    »Eines Tages lesen wir es zusammen, Beatrice.«
    Sie hat mich angelächelt.
    »Ja, und jetzt geh. Es ist spät geworden. Ich bin müde.«
    Ich wollte ihr auch etwas schenken, aber ich hatte nichts dabei. So konnte ich nicht gehen. Ich habe in meinen Taschen herumgewühlt. Nichts, bis auf … der blauschillernde Stein, den ich in ihrem Wohnzimmer geklaut habe. Wie peinlich! Aber es ist das Einzige, was

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