Weiss
Foto.«
»Was sollen wir denn sonst machen, verdammt noch mal!«
Tirkkonen hielt den Wagen auf der Via Berlese an, und Kati Soisalo schmiss die Tür so heftig zu, dass Staub aufgewirbelt wurde. Nach den ersten Erfahrungen hatte sie ihre Methode verfeinert: Jetzt ging sie immer ins Lehrerzimmer, verteilte Vilmas Foto an alle Anwesenden, erzählte, sie sei eine finnische Touristin und suche das Mädchen auf dem Bild. Von Entführung oder Verschwinden sagte sie kein Wort, falls nicht gefragt wurde. In einigen Schulen hatten sich schon alle Lehrer das Foto angeschaut und den Kopf geschüttelt, bevor jemand auf die Idee kam, zu fragen, warum sie das Kind suchte.
Die Vorschule in der Via Berlese war klein. Das Lehrerzimmer fand sich schnell, aber dort war niemand mehr. Kati Soisalo wollte den Raum schon verlassen, als die Tür am anderen Ende des Zimmers aufging. Eine Reinemachfrau mit hängenden Schultern lächelte übers ganze Gesicht und versuchte fröhlich, ihr irgendetwas begreiflich zu machen.
Kati Soisalo brachte auch eine Art Lächeln zustande, holte das Foto von Vilma aus der Tasche und hielt es der Frau vor die Nase.
Eine Reaktion! Die Putzfrau erkannte das Mädchen auf dem Bild, sie hatte Vilma schon einmal gesehen. Dann nahm sie das Bild, rieb sich das Kinn, erklärte irgendetwas und redete dabei immer schneller. Schließlich überlegte sie, wiegte den Kopf hin und her und gab das Bild wieder zurück.
»Haben Sie das Mädchen gesehen? Hier?«, fragte Kati Soisalo auf Englisch und gestikulierte wie ein Verkehrspolizist, aber die Reinigungskraft schüttelte energisch den Kopf.
Sie musste jemanden aus der Schule finden, der Englisch sprach. Kati Soisalo lief den ganzen Flur entlang und öffnete die Türen. Es war kein Mensch zu sehen. Am Ende des Flures betrat sie einen kleinen Saal und einen Lagerraum – aber auch die waren leer.
Kati Soisalo drückte die Schnellwahltaste ihres Handys und wurde noch nervöser, als Paranoid sich nicht meldete. Sie brauchte jetzt sofort die Adressen der Kinder aus dieser Schule, oder zumindest der Lehrer, und nur Paranoid konnte ihr schnell genug helfen. Kapierte der nicht, was für kritische Momente sie jetzt erlebte? Sie hätten Vilma schon finden müssen.
Rasch verließ sie das Gebäude, vielleicht würde die Hotelbesitzerin ihr helfen, die Telefonnummer eines Lehrers im Internet zu finden. Auf dem Weg zum Audi bemerkte sie am Fahrradständer einen schimpfenden jungen Mann mit einem Rucksack, aus dem ein Tennisschläger herausschaute.
»Entschuldigung, arbeiten Sie in dieser Vorschule?«, fragte Kati Soisalo auf Englisch den Mann, der mit den Tücken seines Fahrradschlosses kämpfte.
Sein Ja hing noch in der Luft, da zog Kati Soisalo schon Vilmas Foto aus der Tasche.
Der Lehrer nahm das Bild und warf einen Blick darauf. »Warum suchen Sie Viola Rossi?«
Kati Soisalos Herz setzte für einen Schlag aus, dann schoss Adrenalin in ihr Blut. Jetzt war es passiert, sie hatte Vilma gefunden! »Wissen Sie, wo das Mädchen wohnt?«
Der Mann ließ endlich sein Schloss in Ruhe und musterte Kati Soisalo. »Violas Adresse findet sich natürlich in der Schule, aber ich kann Sie Ihnen nicht einfach so geben. Worum handelt es sich?«
»Das Mädchen ist meine Tochter. Sie wurde vor drei Jahren in Dubrovnik entführt, seitdem habe ich sie gesucht. Geben Sie mir die Adresse. Jetzt sofort. Ich bitte Sie darum. Es bleibt wirklich wenig Zeit«, sagte Kati Soisalo und hoffte, dass der Mann seine Meinung änderte, als er ihre Tränen bemerkte. Er zögerte einen Augenblick.
»Es tut mir leid. Sie sollten morgen mit der Polizei in die Schule kommen. Ich bin schon spät dran«, erwiderte der Lehrer, bückte sich und fummelte wieder an seinem Schloss herum. Kati Soisalo winkte heftig in Richtung des Audi.
Der junge Lehrer seufzte, als das Schloss endlich aufschnappte. Er zog das Fahrrad aus dem Ständer und drehte es zur Straße, da legte ein Mann wie ein Schrank mit einem Tattoo auf der Wange die Hand auf seine Schulter und sagte: »Du machst jetzt am besten das, was das Fräulein sagt.«
***
Das Stimmengewirr in den Tiefen des unterirdischen Bunkersystems Citadel verstummte, als der Premierminister in die Beratung des COBR-Komitees zurückkehrte.
»Wie ist die Lage?«, fragte er.
Der Leiter der Aufklärungsabteilung der Streitkräfte ergriff das Wort. »Beim dritten Schiff an der Wetterboje K1 handelt es sich um das nordkoreanische Frachtschiff MS Mu San, es wird per Satellit sowie
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