Weiss

umgekommen, zur selben Zeit wie dein Vater hier im Park Royal.« Sullivans Lächeln wirkte jetzt schief.
    Ohne jede Vorankündigung packte Kara die Wut, er stand auf und fluchte. »Die haben alle Wege blockiert, keiner kommt auch nur einen Millimeter weiter, selbst wenn man all das jahrelang untersuchen würde.«
    »Das stimmt«, pflichtete Sullivan ihm bei. »Der einzige Tipp, den ich geben kann, hängt nicht mit der Forschungsgruppe deines Vaters zusammen, sondern mit dem Zeitpunkt, zu dem sie vernichtet wurde, mit dem Jahr 1989. Die Kette von Ereignissen, die zum Zerfall der Sowjetunion führte, nahm damals ihren Anfang: Ungarn öffnete seine Grenzen, in Polen wurden freie Wahlen organisiert, bei denen die Kommunisten nur ein Drittel der Stimmen erhielten, der Zusammenbruch des ganzen Ostblocks war zu erwarten und schon in Sicht. Und im November 1989 fiel dann schließlich die Berliner Mauer. Die Nachrichtendiensteder Sowjetunion unternahmen zu jener Zeit viele verzweifelte Schritte in ihrem Kampf ums Überleben.«
    Kara hatte genug gehört, bei der Suche nach den Spuren von Mundus Novus kam er sich vor, als wäre er in ein Labyrinth geraten, das keinen Ausweg hatte. »Du hast gesagt, dass ein Mitglied der Forschungsgruppe noch am Leben ist. Diese Schizophrene.«
    »Lilith Bellamy. Du findest sie im Nightingale-Krankenhaus hier in London. Das ist eine teure Privatklinik in Marylebone. Aber du sparst viel Zeit und Mühe, wenn du es gar nicht erst versuchst. Die Frau hat wirklich nicht alle Tassen im Schrank.«
    Kara gab Sullivan die Hand und war schon an der Tür, als seinem Gastgeber noch etwas einfiel. »Der Name der Forschungsgruppe deines Vaters lautete übrigens Piloto Mayor. Vielleicht reagiert Lilith Bellamy irgendwie darauf, wenn du ihn erwähnst.«
    ***
    Jukka Ukkola parkte seinen Volvo an einer abschüssigen Stelle der Kustaankatu im Helsinkier Viertel Harju, nur einen Steinwurf entfernt von der Aleksis-Kiven-Katu und dem Restaurant Populus.
    »Warte hier«, sagte er und ließ Martikainen im Wagen zurück. Der junge Kriminalhauptmeister von der Gruppe »Organisierte Kriminalität« der Ermittlungsabteilung war nur dabei, damit alles vorschriftsgemäß ablief. Martikainen war von allen, die Ukkola bei der KRP kannte, der einfältigste, in seiner Gegenwart musste man fürchten, dass Dummheit ansteckte. Doch gerade weil Martikainen so ein Hohlkopf war, hatte er ihn heute mitgenommen.
    Ukkola blieb vor der schwarzen Stahltür stehen, die auf den Innenhof des 1911 erbauten Jugendstilhauses führte, und drückte den Knopf des Summers. Das Schloss surrte, Ukkola ging zum Aufgang B und stieg hinauf in die erste Etage.
    Matti »Wampe« Paikkolas Wohnungstür stand offen.
    Ukkola ging hinein, schloss die Tür, zog ein Bündel Geldscheine aus seiner Jacke und drückte es dem spindeldürren Paikkola in die Hand. »Hast du besorgt, was du solltest?«
    Wampe Paikkola holte aus einer Tasche seiner viel zu großen Hosen einen kleinen Plastikbeutel. »Es kommt mir nicht sehr vernünftig vor, dem stellvertretenden Chef der KRP Speed zu verkaufen.«
    »Hier sind tausend Euro. Du kriegst noch zwei Tausender dazu, wenn du der Polizei dann erzählst, was ich dir befohlen habe.«
    Wampe starrte Ukkola an wie einen übermäßig zutraulichen Dobermann, den man schnell loswerden musste, aber nicht wütend machen durfte.
    »Du siehst nicht sehr begeistert aus. Wiederhole noch mal, was wir am Telefon vereinbart haben«, befahl Ukkola.
    »Ich sage der Polizei, dass ich zweimal ein Päckchen Pep von einem Mann namens Jonny Karlsson gekauft habe.«
    Ukkola schob sein Gesicht näher an Wampe heran. »Du sagst, dass du bei Karlsson dreimal eine Einzeldosis Amphetamin gekauft hast. Und wo ist es passiert?«
    »In der Tehtaankatu. Im ehemaligen ›Schiffshund‹«, erwiderte Wampe, der sich nun zusammenriss. »Müsste ich denn nicht wenigstens wissen, wie der aussieht?«
    »Wer?«
    »Na, dieser Karlsson.«
    »Gut, Wampe. Das hätte ich doch glatt vergessen«, erwiderte Ukkola frohgelaunt und holte aus der Brusttasche seines Hemdes ein Foto von Jonny Karlsson. Zum Glück hatte die Ermittlungsgruppe für IT-Straftaten wenigstens eine Mappe zu dem Chaoten und Cracker angelegt, der ins Pentagon eingebrochen war.
    »Ich empfehle dir, keine Alleingänge zu versuchen. Mach das, was wir vereinbart haben, dann kriegst du eine Geldstrafe für den Konsum von Speed und wirst um drei Tausender reicher. Wenn du Dummheiten machst, garantiere ich dir,