Weiss
Dein Vater wurde auf der Grundlage einiger Zähne identifiziert, und wie du weißt, stirbt niemand, wenn er ein paar Zähne einbüßt. Ende der achtziger Jahre steckten die DNA-Untersuchungen noch in den Kinderschuhen, verglichen mit dem, wozu man heute imstande ist. Und das Schlimmste ist, dass die Proben aus dem Koksofen nur wenige Monate nach dem Oktober 1989 aus verschlossenen Räumen der Metropolitan Police verschwunden sind. Mit den heutigen Verfahren würde man Klarheit über das Schicksal deiner Familie gewinnen, das ist absolut sicher.«
Kara antwortete nicht. Er starrte Betha an, sein Blick war leer.
»Ich hatte immer so ein Gefühl, eine bloße Ahnung, dass es bei den Ereignissen im Jahr 1989 irgendetwas gab, das … unklar war«, fuhr Betha fort. »Offen gesagt habe ich mit dir am Anfang gerade deshalb so engen Kontakt gehalten. Ich habe geglaubt, dass auch du mehr wusstest, als du erzählen wolltest. Aber die Situation hat sich natürlich geändert, nachdem wir uns kennengelernt … angefreundet hatten.«
»Wir wissen immer noch nicht, was damals geschehen ist«, sagte Kara und rieb sich das Kinn.
»Eines Tages wird die Wahrheit ans Licht kommen.« Betha schloss die Augen, blies Luft durch die Spalten zwischen den Zähnen und legte sich richtig hin. Im selben Augenblick öffnete die Schwester die Tür, und Kara beschloss zu gehen, bevor man ihn hinauswarf. Er drückte seine Wange an die von Betha und verließ den Raum.
Nur eines hatte er nicht erzählt, das, was ihm am letzten Montag in dem Kellerloch im Park Royal wieder eingefallen war. Er hatte damals vor langer Zeit Emma keineswegs im Stich gelassen; er war zwar aus dem Keller geflohen, dann aber zurückgekehrt, um seiner Schwester zu helfen. Dabei hatte er gesehen, wie Manas Emma, die in der Kanalisationsöffnung hängengeblieben war,herausgeholfen, das Mädchen beruhigt und schließlich auf seinen Armen vorsichtig in die oberen Etagen des Fabrikgebäudes getragen hatte. Manas hatte in der Folterkammer im Park Royal weder Emma noch seinen Vater getötet.
Das alles war nichts weiter als eine Inszenierung gewesen.
Informationen zum Buch
Schwarz – weiß – tot!
Leo Kara ist ein hartnäckiger und brillanter Ermittler. Mehr denn je ist er allerdings seinem eignen dunklen Familiengeheimnis auf der Spur. Die Suche führt ihn erneut zur mächtigen Geheimorganisation Mundus Novus, die in Waffengeschäfte und Menschenhandel verwickelt ist. Dabei trifft er seine Ex-Ermittlungspartnerin Kati Soisalo wieder, die ihre vor Jahren entführte Tochter sucht. Hatte die Organisation ihre Finger im Spiel, als Katis Tochter verschwand? Und ist Vilma noch am Leben?
Taavi Soininvaara ist der erfolgreichste Krimiautor Finnlands, seine Romane sind „spannend und glaubwürdig“ (SZ). Mit „Weiß“ setzt er seine große Mundus-Novus-Reihe fort, die in Finnland ihren Siegeszug feiert und hierzulande mit „Schwarz“ ihren erfolgreichen Anfang nahm.
Informationen zum Autor
TAAVI SOININVAARA , geb. 1966, studierte Jura und war Chefanwalt für bedeutende finnische Unternehmen.
»Finnisches Requiem« (atb 2190-6) wurde als bester finnischer Kriminalroman ausgezeichnet. Weiterhin lieferbar:
»Finnisches Roulette« (atb 2356-6), »Finnisches Quartett« (atb 2438-9) und »Finnisches Blut« (atb 2282-8).
PETER UHLMANN , geb. 1948, studierte in Berlin Finno-Ugristik, arbeitete an der Universität Greifswald als Fennist und ist seit 1982 freiberuflicher Übersetzer aus dem Finnischen. Neben Taavi Soininvaara hat er Werke von Maiju Lassila, Veijo Meri, Paavo Rintala, Esa Sariola und Antti Tuuri übersetzt.
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