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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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und da schlaf ich selber drin. Alles, was ich Ihnen anbieten könnt, ist ein Flokatiteppich.«
    In dieser Nacht hat der Kommissar Kreuzeder von der Frau Doktor März geträumt, von tiefseeblauen Augen über einem hochgerutschten Rock. Irgendwann am nächsten Vormittag ist er dann neben seinem Bett auf dem Flokatiteppich aufgewacht und hat sich gewundert, dass er keine Hose angehabt hat. Hemd, Nadelstreifenjacke, Strümpfe, alles, nur keine Hose.
    Das Bett über ihm war zerwühlt und verlassen und roch nach Maiglöckchen, Leichenschmaus und Salzhering. Er dachte darüber nach, was passiert sein könnte, da hörte er aus der Küche das heisere Krächzen eines chronischen Raucherhustens. Er zog rasch seine Unterhose und die Hose an und schaute nach. Die Bichler saß in ihrem schwarzen Kellnerinnenkleid mit dem weißen Spitzenkragen, der wie eine Serviette aussah, auf einem Stuhl und rauchte.
    »Auch schon auf?«
    »Wie kommen Sie denn hierher?«
    »Was für eine Frage. Was war denn das heut Nacht?«
    »Was?«
    »Na, was schon. Sie haben sich doch an mir betätigt. Oder vielleicht nicht?«
    »Nicht, dass ich wüsst.«
    »Das hab ich doch nicht geträumt.«
    »Ich hab gar nicht gewusst, dass Sie da sind.«
    »Es ist nicht weiter tragisch, weil ich nehm sowieso die Pille. Schon wegen dem Helmut.«
    Sie hatte den einzigen freien Stuhl okkupiert. Auf den anderen lagen Zeitungsstapel, Topflappen, leere Büchsen und Keksdosen. Kreuzeder stöberte im Ausguss herum. Die Teller, die sich dort angesammelt hatten, klapperten. Er zog einen Topf heraus und legte ihn wieder hinein. In seinem Rücken hustete es wieder.
    »Wenn Sie nach einer Tasse suchen, die sind alle dreckig. Sie müssten mal wieder abspülen. Kaffee ist auch keiner da. Zumindest hab ich keinen gefunden.«
    »Wenn ich Kaffee will, geh ich ins Büro. Dort haben wir eine Kaffeemaschine.«
    »Müssten Sie nicht längst im Dienst sein?«
    »Nein.«
    »Haben Sie Urlaub?«
    »Nein.«
    »Sie haben doch nicht etwa Schwierigkeiten?«
    »Nein.«
    »Ihre Wohnung ist in einem schlimmen Zustand. Das wundert mich schon, dass ein Beamter dermaßen verwahrlosen kann. Sie sind doch im höheren Dienst, oder? Haben Sie nicht einen Eid auf den Bundespräsidenten geschworen?«
    »Hab ich.«
    »Na also. Dann geben Sie sich mal einen Ruck und räumen auf.«
    Sie drückte ihre Zigarettenkippe auf dem Keksdosendeckel aus, den sie als Aschenbecher auserkoren hatte. Als er sich umdrehte, stand sie hinter ihm und strahlte ihn an. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und verpasste ihm einen Kuss. Jetzt war er der Keksdosendeckel.
    Und noch einen guten Rat hatte sie auf Lager.
    »Sie sollten sich mal wieder rasieren. Zähneputzen, waschen, duschen, all diese Dinge.«
    Sie zog ihn am Ohr und machte sich aus dem Staub.

14
    Kreuzeder nahm ein Aspirin, rasierte sich, putzte die Zähne, wusch sich und gönnte sich zwei Dosen Bier. Bis zum Mittag hörte er in der Badewanne die Zauberflöte. Er war froh, dass er für den Fall Rechenbrunn nicht mehr zuständig war. Das war alles sehr nebulös, aber er hatte eine schlimme Ahnung.
    Natürlich gab es Mähdrescher, die zu den sogenannten selbstfahrenden Maschinen gehörten. Die haben einen Bordcomputer und werden über Satellitennavigation gesteuert. Dadurch finden sie zentimetergenau die richtige Spur auf dem Feld. Man kann sie über den Computer programmieren oder mit einem Joystick bedienen. Theoretisch kann man den Computer auch über Funk lenken. Das hatte er mit einem einzigen Anruf bei der Landmaschinenfirma herausgefunden. Der Haken bei der Sache war, dass der Mähdrescher am Holznerhof ein ziemlich altes Trum war, ohne Computer, überhaupt ohne Hightech, dafür mit Rostflecken.
    Von Mozart und einem Rasierwasser aufgemöbelt, fuhr Kreuzeder schließlich zur Tankstelle, aß ein Thunfischsandwich, kaufte einen Kasten Bier und lenkte seinen Wagen nach Rechenbrunn, Kressenau dreieinhalb.
    Die Wiese unterhalb des Hofs war zertrampelt. Das Gras hatte sich noch nicht wieder aufgerichtet. Der Mähdrescher war verschwunden. Auch im Schuppen lauerte er nicht. Hinter der zerborstenen Bretterwand gähnte ein schwarzes Loch. Ein paar Spatzen flatterten heraus und landeten unter dem Dachvorsprung des Hauses, vollkommen lautlos. Andernorts hätte man zumindest ein fernes Rauschen des Autoverkehrs gehört, ein Zwitschern, ein Zirpen oder Hundegebell. Hier war nichts, nur die Schritte des Kommissars, die überlaut zu knirschen schienen, und sein Klopfen an der

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