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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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Haustür, auf das keine Antwort erfolgte.
    Auf dem Steinboden im Flur standen diesmal gar keine Gummistiefel. Die großen waren ja noch immer in einem Stahlspind im Passauer Schubgefängnis und wurden wohl demnächst in die Justizvollzugsanstalt nach Straubing transportiert. Bedrohung der Staatsgewalt, Bedrohung von Banken und Versicherungen, Aufruhr– der Besitzer der Stiefel hatte schlechte Karten.
    »Frau Holzner?«
    In der Küche war niemand und in der Stube auch nicht. Lediglich ein paar Fliegen pappten an dem klebrigen Band, das von der Lampe herabbaumelte. Keine zappelte mehr. Sie waren alle tot.
    Kreuzeder blinzelte, als er wieder ins Freie trat. Weit konnten die Bewohner nicht sein, sonst wäre das Haus wohl abgesperrt gewesen. Auf halbem Weg zum Auto blieb er noch mal stehen und lauschte. War da nicht ein Knarzen zu hören gewesen? Plötzlich ertönte eine helle Kinderstimme.
    »Hände hoch, du böses Monster!«
    Er hob seine Hände und drehte sich um. Der Bub trat aus der Schuppentür, mit einer unförmigen Plastikkanone im Anschlag. Das Gerät war aber nicht sehr funktionstüchtig. Der Wasserstrahl schaffte es nicht bis zu dem Bösewicht, er plätscherte vor ihm auf die Kiesel. Doch der Kleine drückte emsig den Auslöser.
    »Jetzt beam ich dich ins All.«
    »Du traust dich was.«
    »Ich bin ein Power Ranger und kämpf gegen die bösen Monster.«
    »Wo ist denn deine Mutter?«
    »Das geht dich gar nix an, böses Monster.«
    »Ich bin der Batman.«
    »Glaub ich net.«
    »Da schau, das ist mein Flugzeug.«
    Er deutete auf seinen BMW . Der Bub blickte zweifelnd auf die Karosse, an deren Beulen er ja fleißig mitgearbeitet hatte.
    »Das ist kein Batmobil.«
    »Haben die Power Ranger auch Flugmaschinen?«
    »Klar. Der rote Power Ranger kann in den Tyrannosaurus Rex reinsteigen, der grüne in die Flugechse und der schwarze in das Mammut.«
    »Und welcher bist du?«
    »Ich bin der rote.«
    »Wo hast denn deinen Tyrannosaurus Rex?«
    »Komm mit.«
    Der Kleine lief geschwind hinter den Schuppen. Als Kreuzeder um die Ecke bog, wartete er bereits mit seiner Plastikkanone vor dem Mähdrescher, der dort neben einem alten Bulldog und einem Odelwagen abgestellt war.
    »Die Power Ranger sind die Guten und die kämpfen gegen das Böse.«
    »Und das ist der Tyrannosaurus Rex?«
    »Klar.«
    Er warf seine Spielzeugkanone ins Gras und kletterte flink wie ein Äffchen auf die alte Maschine, deren Feuerwehrrot mit ein paar Rostflecken gesprenkelt war. Kaum war er oben, da war er auch schon nicht mehr zu sehen. Der Motor sprang an, das Mähwerk kreischte, und das Ungetüm ratterte los. Kreuzeder rannte in die Streuobstwiese hinter dem Schuppen,immer das mahlende Motorengeknatter im Nacken, und sprang hinter einen Apfelbaum. Mit einem lang gezogenen Quietschen blieb der Mähdrescher stehen. Die helle Kinderstimme übertönte das Scheppern.
    »Komm raus, du böses Monster! Ich bin der rote Power Ranger und mach Apfelmus aus dir! Ich beam alle bösen Monster ins All!«
    »Ich spiel nimmer mit!«
    »Wieso?«
    »Weil ich mir jetzt ein Eis kaufen geh und ein Eis ess!«
    »Ehrlich?«
    »Sowieso!«
    »Krieg ich auch eins?«
    »Klar!«
    »Super!«
    Der Motor gab noch ein letztes Blubbern von sich und verstummte. Der Bub hüpfte ins Gras.

15
    Bald darauf saßen die beiden im Batmobil des Kommissars, der gleich die entscheidende Frage stellte:
    »Wo ist denn hier die nächste Eisdiele?«
    »In Oberkirch. Gleich bei der Schul.«
    Oberkirch kannte er von der Beerdigung her. Er fuhr los.
    »Warst du heut in der Schul?«
    Der Bub gab keine Antwort, sondern öffnete das Handschuhfach und inspizierte den Inhalt. Tempotaschentücher, Spielkarten, eine Parkscheibe und ein Haufen CD s, da war nichts dabei, was ihn interessierte.
    »Wie heißt denn du überhaupt?«
    »Moritz.«
    »Weißt schon, was du mal werden möchst, wennsd groß bist?«
    »Ein Held.«
    »Was für einer?«
    »Wieso?«
    »Ja, ein Fußballheld oder ein Frauenheld, oder was?«
    »Einer, der wo die Menschheit vor den Außerirdischen rettet. Ich werd Präsident von Amerika und steig in meinen Kampfflieger und dann geht’s los. Dschumm, dschumm, dschumm.«
    Die Eisdiele hieß Venezia und versuchte, mit gelben und grünen Kunstlederbänken, vanillefarbenen Plastiktischen und Spiegeln hinter der Aluminiumtheke einen Hauch von Italien nach Oberkirch zu zaubern. Die stämmige tschechische Bedienung war allerdings blond und ziemlich bleich. Aber Kreuzeder hatte Glück. Es gab nicht nur

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