Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz
Eis, sondern auch bayerische Traditionsgetränke. Auf die stellte er sich nach einem Schwarzwaldbecher um, während Moritz sich drei Fruchtbomben hintereinander bestellte.
»Schaust du oft Fernsehen?«
»Klar.«
Der Kleine zielte mit dem Zeigefinger auf sein Gegenüber.
»Peng. Du bist tot.«
Kreuzeder markierte ein Zusammensacken, als sei er getroffen. Moritz lachte.
»Ich bin der Käptn Kirk.«
»Wer ist des?«
»Raumschiff Enterprise. Du bist der Spock.«
»Ist des ein böses Monster?«
»Nein. Du gehörst jetzt zu mir. Da!«
Er sprang auf und deutete auf die Bedienung.
»Das ist eine Außerirdische! Die will uns vernichten!«
Er lief zu ihr hin, baute sich vor ihr auf und versperrte ihr den Weg.
»Peng! Peng! Peng! Du bist tot!«
Sie lächelte gequält, verwuschelte seine struppigen Haare und drängelte sich an ihm vorbei.
Kreuzeder zog seine Dienstpistole aus dem Schulterhalfter und richtete sie auf den Buben.
»Peng! Peng! Peng! Jetzt hat’s dich erwischt.«
»Du bist doch der Spock! Der Spock schießt net auf den Kirk! Des ist doch sein Käptn! Des gilt net. Die Außerirdische musst töten.«
Er zielte auf die Bedienung, die nun an den Tisch gewatschelt kam.
»Peng!«
»Treffer! Super! Spock, du bist Spitze.«
Die Bedienung spielte nicht mit.
»Dar f ’s noch irgendwas sein?«
»Zahlen, bitt schön.«
»Bitte sähr.«
Sie zückte ihren Block.
»Gut, das waren ein Schwarzwald, drei Fruchtbomben, sieben Weißbier und elf Schnaps von Kirsche… das macht zweiundvierzig Euro und sechzig Cent, bitte sähr.«
Er legte seine Pistole auf den Tisch, kramte seinen Geldbeutel aus der Jacke und reichte ihr einen Fünfzigeuroschein.
»Fünfundvierzig.«
»Danke sähr.«
Sie gab ihm fünf Euro heraus. Moritz schnappte sich unterdessen die Waffe, legte auf sie an und drückte auf den Auslöser.
»Wieso geht’n die net?«
»Weil sie gesichert ist. Gib her.«
Kreuzeder nahm die Pistole wieder an sich und steckte sie in sein Halfter. Die Tschechin starrte ihn an.
»Ist diese echte Pistole?«
»Sowieso. BrauchenS’ aber keine Angst haben. Ich bin von der Kripo.«
Sie wich zurück. Ihre Augen waren zu Kugeln geworden. Der Kommissar wankte, gefolgt vom kleinen Moritz, aus dem Oberkircher Venezia. Er fuhr den Buben zum Holznerhof und brauchte dann für die zweiunddreißig Kilometer nach Passau eine volle Stunde, denn zwischendurch musste er anhalten, weil ihm schwindlig war.
16
Kreuzeder suchte Dr. Batzikis auf. Der Arzt seines Vertrauens hatte zwei Doktortitel, einen in Medizin und einen in Philosophie, beide in Athen erworben. Er hatte nur an drei Nachmittagen in der Woche Sprechstunde. Das genügte ihm, denn die einzige Apparatur, die er sich leistete, war ein CD -Player für die von ihm favorisierte Musiktherapie. Seine Patienten waren fast durchweg Simulanten oder Hypochonder. Wenn jemandem tatsächlich etwas Ernsthaftes fehlte, schrieb er sofort eine Überweisung aus. In gewissen Kreisen genoss er einen hervorragenden Ruf.
Er hörte das Herz und die Lunge des Kommissars ab und tastete seine Leber ab.
»Das sieht ja gar nicht so schlecht aus, aber die Aufregung bei der Polizei tut Ihnen nicht gut. Ich schreib Sie vorsichtshalber mal zwei Wochen krank, dann sehen wir weiter. Bei welcher Gelegenheit haben Sie denn Schwindelanfälle?«
»Immer wenn ich aus dem Wirtshaus an die frische Luft komm.«
Dr. Batzikis malte mit feinen Buchstaben »Vertigo« auf das Attest.
»Die Menschen hetzen sich viel zu sehr ab. Wozu der ganze technische Fortschritt, wenn er dermaßen verpufft? Das gilt auch für Sie.«
»Zur Ruhe komme ich erst ab zwei Promille.«
»Betrachten Sie Ihr Leben einfach als ein Quiz. Die Antwort sind immer Sie. Wann haben Sie zuletzt Musik gehört?«
»Gestern Vormittag, die Zauberflöte.«
»Die Zauberflöte ist nichts für den Vormittag. Ich schreib Ihnen jetzt einen leichten Vivaldi auf, wenn Sie tatsächlich früh aufstehen. Am besten überhaupt keine Opern. Für den Nachmittag und am Abend Pachelbel. Und ab und zu eins von den Brandenburgischen Konzerten von Bach. Dann kommen Sie wieder ins Lot.«
Bisher hatte die Krankenkasse keines der Rezepte von Dr. Batzikis akzeptiert. Dennoch kaufte sich Kreuzeder den Pachelbel und den Bach. Vivaldi hatte er schon genügend im Handschuhfach seines Autos, aber er hatte sowieso nicht vor, allzu zeitig aus den Federn zu kriechen.
Eines von den Brandenburgischen Konzerten hörte er auf dem Weg in den Bayerischen Wald. Die
Weitere Kostenlose Bücher