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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Graser
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Kind.
    »Bitte darf ich jetzt gehen heim zu meine Mama?«
    »Das wird nicht gehen.«
    »Amsterdam?«
    »Was wollenS’ denn in Amsterdam?«
    »Nix.«
    Klotz schneite herein, mit wehendem Mantel, und mit ihm gleich die ganze Truppe von der Spurensicherung.
    »Mordkommission. Bitte bleiben Sie alle, wo Sie sind. Keiner verlässt den Raum. Das gilt auch für Sie, Herr Kollege, wenn ich bitten darf.«

26
    Für den jungen Kollegen war der Fall rasch abgehakt. Die Nakova gab zu, den Treffer gelandet zu haben. Zu der Frage, warum sie zugeschlagen hatte, sagte sie immer nur: »Weiß ich nix.« Damit sollten sich ruhig die Staatsanwaltschaft und das Gericht herumschlagen, wenn es darum ging, ob die Tat als Mord oder Totschlag bewertet wurde. Anders als im Falle des Mähdreschers hatte diesmal auch die Tatwaffe Platz in der Asservatenkammer.
    Der Bierkrug wurde mit einer Zellophanhülle gegen äußere Einflüsse geschützt und in einem Regal neben mehreren Schusswaffen, einem Schneestecken, zwei Äxten und einem Kissen verstaut, alles Werkzeuge, mit denen bereits jemand ins Jenseits befördert worden war. Nach der Bichler wurde noch gefahndet.
    Für Klotz war es wichtig, endlich einen Erfolg vorweisen zu können, denn an den beiden Mähdreschertaten hatte er sich bislang die Zähne ausgebissen. Für den suspendierten Kreuzeder hingegen war der »Bierkrugmord«, wie ihn die Presse betitelte, alles andere als klar. Es erschien ihm sonderbar, dass eine Frau, die doch einen Arbeitsplatz als Kellnerin in Aussicht hatte, ihrem zukünftigen Arbeitgeber das Lebenslicht ausgeblasen hatte. Er wollte wissen, was dahintersteckt. Seit er seines Amtes enthoben war und sich nicht mehr als Schräubchen im Räderwerk einer in seinen Augen blinden Justiz fühlte, begann er allmählich wieder Geschmack an seiner ursprünglichen Tätigkeit zu finden, im freiwilligen Rahmen sozusagen.
    Es war eine laue Spätsommernacht, als er sich hinters Steuer klemmte und einen Vivaldi einwarf. Solange er seinen Alkoholpegel unter der Betäubungsgrenze hielt, brauchte er ab und zu eine schöne Musik, die ihn daran erinnerte, dass das, was sich auf den Straßen und in den menschlichen Behausungen abspielte, nicht unbedingt die Wirklichkeit war, sondern vielleicht nur ein böser Traum. Wie hatte der Prophet gesagt? Die Menschen schlafen. Sie erwachen, wenn sie sterben.
    Strasruda war gleich hinter der Grenze, auf der tschechischen Seite, ein Dorf mit zweieinhalbtausend Einwohnern, zwei Spielbanken, drei Vietnamesenmärkten und achtzehn Bordellen. Das bayerische Landeskriminalamt vermutete zudem noch zahlreiche Rauschgiftküchen, in denen Chrystal hergestellt wurde, und Lagerplätze für Waffenschiebereien.
    Der Bürgermeister war ein Busunternehmer, der sich für eine grenzüberschreitende Buslinie stark gemacht und auch tatsächlich den Zuschlag dafür bekommen hatte, eine großzügige Förderung durch die EU inbegriffen.
    Der Gentlemen Club war im Keller eines ehemaligen Hotels. In den zwölf Zimmern darüber hausten über vierzig Vietnamesen, die im Club einen Mengenrabatt genossen. Die Wände der Treppe, die hinabführte, waren zur Einstimmung schon mal mit roter Ölfarbe gestrichen. Die Musik, die unten dudelte, war der Diskokram für Klammertänze. Üblicherweise legten die Beautydancerinnen zu diesen Klängen einen Striptease hin, eine nach der anderen, und die herumlungernden Gentlemen bekamen eine dicke Hose und signalisierten dem Barkeeper, welche Lady sie auf ihr Zimmer begleiten wollten.
    Kreuzeder hatte bei dieser Prozedur allerdings bei jedem Strip ein Weißbier gezischt und einen Schnaps runtergekippt und war prompt eingeschlafen. Die Frauen waren ratlos, und der Barkeeper weckte ihn schließlich auf, indem er ihn am Ohr zog. Er hatte einen leicht österreichischen Akzent.
    »Heh, aufwachen, Freunderl.«
    »Was?«
    »Du gehst jetzt schön brav in ein Hotel und schlafst erst mal deinen Rausch aus.«
    »Geh, bring mir noch ein Weißbier und einen Obstler.«
    »Wir sind hier nicht am Oktoberfest.«
    »Wo sind denn die ganzen Weiber hin? Da waren doch grad noch lauter nackerte Weiber.«
    »Die haben sich schon wieder angezogen. Da hättst dir eine aussuchen können, aber so, wie du jetzt beinander bist, ist sowieso alles zu spät.«
    »Ein Weißbier und einen Obstler will ich.«
    »Du kriegst jetzt nix mehr, weil du bloß die anderen Gäste verschreckst. Du zahlst jetzt und dann verschwindst gefälligst. Acht Weißbier hast gehabt und acht Obstler.

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