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weißblau queer gestreift

weißblau queer gestreift

Titel: weißblau queer gestreift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brandl
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Essay von Albert Camus. Das war auch so ein pessimistischer Spinner. »In der verzweifelten Bejahung der Sinnlosigkeit des Lebens erkennt der Mensch sein Glück.« Wer’s glaubt, wird selig. Ich habe die Schnauze so voll von dem Philosophenkram. Warum habe ich nicht einen bodenständigen Beruf erlernt? Vielleicht hätte ich die Ausbildung zur Bürokauffrau doch nicht abbrechen sollen. Dann hätte ich jetzt eine Vollzeitstelle und genug Kohle, um von hier wegzuziehen. Ich wäre ein freier Mensch und würde irgendwo in Regensburg, Passau oder München wohnen. Dort könnte ich vielleicht sogar auf normalem Weg Frauen vom gleichen Ufer kennen lernen. Das mit dem Internet funktioniert doch einfach nicht! Das ist die reinste Sisyphosarbeit. Kaum lerne ich eine kennen, lässt sie mich fallen oder ich habe keinen Bock mehr auf sie. Lizzy hält es bisher am längsten mit mir aus. Oder ich mit ihr, wie auch immer. Zehn Monate dauert das schon. Und Thea aus dem Netz ist ja nur eine Ersatzbefriedigung, wenn überhaupt. Wenn überhaupt Frau.
    Öha. Was ist das denn für eine schreckliche Musik? Ist das etwa Celine Dion oder Whitney Houston? Grässlich, das halte ich nicht lange aus! Ich gehe lieber gleich nach unten und sage Mandy, sie soll dieses I will always love you -Gejapse abstellen. Ich habe die Woche schließlich auch schon mal auf Metallica verzichten müssen.
    Kurz darauf stehe ich vor ihrer Tür. Ich klopfe. Einmal, zweimal.
    Sitzt Mandy auf ihren kleinen Öhrchen? Wo steckt sie nur? Was ist denn los mit ihr? Dann klopfe ich eben nochmal. Sie muss ja da sein. Vielleicht hat sie Besuch von ihrem Freund und macht gerade mit ihm rum. Deshalb auch die kitschige Musik. Die Kleine muss sich womöglich noch schnell was überwerfen, weil sie gerade mittendrin waren. Ja mei. Darauf kann ich auch keine Rücksicht nehmen. Ah. Schritte. Na endlich. Die Tür geht einen Spalt weit auf und ich sehe Mandys Gesicht. Hat die Kleine Schnupfen? Ihre Nase ist ganz rot …
    »Servus Mandy. Mach bitte die Musik leiser: Ich sitz’ gerade an meiner Abschlussarbeit.«
    Mandy schnieft leise. »Ja, okay.«
    »Ist alles in Ordnung? Bist du krank?«
    Mandy schüttelt nur den Kopf und sieht mich mit großen Augen an. Wie ein ausgesetztes Hundebaby schaut sie drein.
    »Was ist denn los? Ist was passiert?«
    »Alles scheiße«, brummt sie und blickt zu Boden. Ich bin mehr als erstaunt, dass sie so ein Wort überhaupt in den Mund nimmt. Zugleich finde ich, dass ihr Fäkalsprache gut steht. Das erste Mal, seit ich Mandy kenne, spüre ich einen Anflug von Interesse.
    »Was ist scheiße? Magst du’s mir sagen?«
    »Aber du hast doch bestimmt wieder keine Zeit.«
    Das klang jetzt ein bisschen trotzig. Meine Neugier ist geweckt. »Doch, ich habe Zeit. Besser gesagt, ich will mir die Zeit nehmen. Darf ich reinkommen?«
    »Ich weiß nicht. Bin echt mies drauf.«
    »Na, das ist doch in Ordnung. Das bin ich auch oft. Ich hab’ kein Problem mit schlecht gelaunten Leuten.«
    »Mit gut gelaunten schon?«
    Da muss ich lachen. »Wow, Mandy, jetzt wirst du sogar ein bisschen frech! So kenn’ ich dich ja gar nicht.«
    »Und ich habe dich noch nie so herzhaft lachen sehen.«
    »Jetzt lass mich halt reinkommen.«
    »Na gut.«
    Mandy öffnet die Tür und schlurft den Gang entlang ins Wohnzimmer. Nun sehe ich es erst: Sie trägt einen rosafarbenen Jogginganzug und rosafarbene Häschenpantoffeln. Wahnsinn! Gut, dass sie mir gerade den Rücken zuwendet, mein Grinsen wäre bestimmt nicht zu übersehen gewesen.
    Im Wohnzimmer angekommen, stellt sie gleich die Musik ab und lässt sich aufs Sofa plumpsen. Auf dem Tisch vor ihr häufen sich zusammengeknüllte Tempotaschentücher. Ich setze mich neben Mandy und lasse einen kurzen Blick durch das ansonsten wirklich aufgeräumte Zimmer schweifen.
    »Mensch! Bist du ordentlich«, entkommt es mir.
    Mandy zuckt nur mit den Schultern und blickt traurig auf ihre albernen Pantoffeln. Ich kombiniere kurz: Schnulzenmusik, feuchte Taschentücher, alles scheiße. Ich glaube die Lösung zu kennen.
    »Hast du Liebeskummer?«
    Mandy nickt. Dann bricht sie in Tränen aus. Ihr ganzer Körper zittert und bebt. Ich fühle mich ziemlich hilflos. Meine anfängliche Hoffnung, dass sie bald wieder von alleine aufhört zu heulen, gebe ich schnell auf. Vorsichtig lege ich meine Hand auf ihre Schulter. Da lässt sich Mandy in meine Arme sinken. Sie drückt ihr feuchtes Gesicht an meine Brust. Ihre blonden Locken verdecken mir die halbe Sicht und die

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